Den Schraubenzieher in die Hand genommen haben bildlich gesprochen die Liberalen im Landkreis Main-Spessart. Im Jahr der Landtagswahl möchten sie ihn an unseren Autokennzeichen ansetzen. Die FDP macht sich dafür stark, neben MSP die Altlandkreiszeichen LOH, MAR, KAR und GEM wieder einzuführen. Auf seiner Homepage hat der Kreisverband dafür eine Umfrage gestartet, die bislang aber noch nicht allzu große Resonanz findet: Bis diesen Donnerstag waren 60 Stimmen abgegeben und das Ergebnis war pari-pari. 30 waren dafür, 30 dagegen.
Vor fünf Jahren hatte auch die Main-Post Main-Spessart in einer Online-Umfrage von den Lesern wissen wollen, ob sie lieber ihre alten Kennzeichen wieder möchten. Von den 1993 Teilnehmern sprachen sich 36,8 Prozent dafür aus, 44,5 Prozent waren dagegen und 18,6 Prozent war's egal.
Aktuell noch über 2500 Altkennzeichen
Ganz wenige sind es übrigens nicht, die heute noch mit Altkennzeichen durchs Land fahren können. Wie das Landratsamt auf Anfrage mitteilt, sind aktuell noch 1445 Fahrzeuge mit KAR-Kennzeichen, 280 mit GEM, 269 mit LOH und 563 mit MAR zugelassen.
Was die FDP bei ihrer Initiative vermutlich nicht im Blick hatte: Die Einführung des MSP-Kennzeichens jährte sich dieser Tage zum 40. Mal. Am 17. April 1978 hatte sich der Kreistag Main-Spessart mehrheitlich entschieden, das damals geltende KAR-Kennzeichen durch das landschaftsbezogene „MSP“ abzulösen. Landrat Erwin Ammann ging in seinen einführenden Worten in der Sitzung unter anderem darauf ein, dass sich bereits 1973 der Kreisausschuss mit 11:1 Stimmen für ein landschaftsbezogenes Kennzeichen ausgesprochen habe.
Zunächst war „KAR“ angesagt
Das MSP-Kennzeichen für den Landkreis, der anfangs noch Mittelmain hieß, hatte die Bürgeraktion mit Sitz in Lohr vorgeschlagen, da es ihrer Ansicht nach für die Integration des Landkreises von wesentlicher Bedeutung sei. Dass die Landkreisbürger mit neuen oder umgemeldeten Autos zunächst mit „KAR“ fuhren, lag am Bundesverkehrsministerium. Das sah nach der Gebietsreform den Ort des Kreissitzes als ausschlaggebend an.
Für „MSP“ hatten sich im Kreisausschuss am 2. Juli 1973 unter anderem Landrat Ammann und Gemündens Bürgermeister Kurt Völker ausgesprochen. Und der damalige Bundestagsabgeordnete Alfred Biehle, obwohl Karlstadter, sah darin eine „Good-will-Lösung“. Doch obwohl das bayerische Wirtschaftsministerium den Wunsch unterstützte, blieb das Bundesverkehrsministerium bleib hart. Es berief sich auf die Straßenverkehrszulassungsordnung und lehnte landschaftsbezogene Kennzeichen ab.
Wenige Jahre später kam in Bonn ein Umdenken und so lag Anfang April 1978 der Antrag dem Kreisausschuss erneut vor. Man war sich einig, das heiße Thema noch im alten Kreistag zu verarzten und damit nicht das neue, im März gewählte und ab Mai amtierende Gremium zu belasten. Zur Abstimmung stand der Antrag des damaligen Lohrer Bürgermeisters Gerd Graf, der das landschaftsbezogene Kennzeichen forderte.
Emotionsgeladene Sitzung ohne Diskussion
Der Bericht des damaligen Redakteurskollegen Ragip E. Talat-Gülmann lässt ahnen, dass in der Kreistagssitzung die Emotionen wogten: „Dem Karlstadter Bürgermeister Werner Hofmann blieb nur wenig Gelegenheit, seine Vorstellungen vorzutragen. Dabei monierte er, dass der Kreisausschuss empfohlen habe, beide Wortführer zum Zuge kommen zu lassen. Dieses Ansinnen wurde durch einen Antrag von Prof. Dr. Wolfgang Fechner, Gemünden, vereitelt. Er stellte den Geschäftsordnungsantrag, nicht zu diskutieren. (...)
Christian Kahl, Karlstadt, sagte, wenn das Gremium so weit ist, dass der Kreisausschuss dem Kreistag den Mund zuhält, dann sind wir weit gekommen. (...) Adolf Linker, Karlstadt, bemängelte, dass nun die Bevölkerung, die die Diskussion mit Interesse verfolgt habe, nicht die letzten Argumente der Betroffenen hören könne. Bürgermeister Hofmann bezeichnete es als schlechten Stil, wenn man einem Antragsteller die Möglichkeit, sich zu äußern, einfach abwürge.“
Allein, die Befürworter des 1972 eingeführten KAR-Kennzeichens waren im Kreistag in der Minderheit. Da nutzten auch die Bemühungen im Vorfeld nichts. So hatte die CSU Karlstadt eine Resolution beschlossen, in der es unter anderem hieß: „Nicht unser Beharren auf dem gesetzlich eingeführten Kennzeichen schadet dem Frieden in diesem Landkreis, sondern die mutwilligen Versuche zur Änderung des Kennzeichens KAR.“
Keine Stimme für alte Kennzeichen
Vier Jahrzehnte später wurde der Bundesverkehrsminister großzügig: Seit November 2012 konnten die Länder beim Bund wieder alte Buchstabenkombinationen beantragen, die bei der Gebietsreform weggefallen waren. Da griff auch das bayerische Kabinett zu – vorausgesetzt, es gebe vor Ort in den Landkreisen entsprechende Beschlüsse. Doch im Main-Spessart-Kreistag wurde weder so lange noch so hitzig wie 1978 debattiert: Einstimmig sprach sich der Kreistag im Februar 2013 dagegen aus, die alten Autokennzeichen wieder zuzulassen.
So etwas möge für touristische Orte in Oberbayern sinnvoll sein, nicht aber für unseren Landkreis, meinte Landrat Thomas Schiebel. Und der Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab merkte an: „Wir stehen zu MSP als unserem einzigen Identifikationsmerkmal.“
Eine Umstellung kostet nur Aufwand, Geld, Ressourcen und bringt keinerlei Nutzen.
Und die Nachbarlandkreise sind davon auch nicht zurück in Kleinstaaterei verfallen.
Sobald ich eine Möglichkeit finde, mein Auto woanders zuzulassen, werde ich das tun - aus Protest, um nicht mit MSP fahren zu müssen.
Ich habe obwohl hier geboren und immer hier gewesen und gelebt keinen besonderen Bezug zu MSP. Stattdessen würde ich aber MAR (will ich hier lebe) sofort für mich wählen. Hier ist meine Heimat und das würde ich auch gerne zeigen. Gleiches gält würde ich in Lohr, Gemünden oder Karlstadt meinen Lebensmittelpunkt haben.
Ob das Kennzeichen dann mehr kostet tangiert mich nicht die Bohne, Sonderleistungen kosten eben etwas mehr...
Es braucht nicht jedes Kuhkaff ein eigenes Kennzeichen.