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Main-Spessart
Schüler mit laufender Nase brauchen Attest, aber viele Ärzte verweigern Corona-Test
Bei Erkältungssymptomen brauchen Schüler eine Bestätigung, dass kein Corona-Verdacht vorliegt. Aber Ärzte in Main-Spessart testen oft nur bei konkretem Verdacht.
Symbolbild Corona in der Schule.
Foto: Felix Kästle/dpa | Symbolbild Corona in der Schule.
Björn Kohlhepp
 und  Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:07 Uhr

Es herrscht Unsicherheit auf ganzer Linie: Wie geht man mit Kindern mit Erkältungssymptomen in Schule und Kindergarten um? Gehörte die Schnupfnase bisher immer mal wieder zum Schul- und Kindergartenalltag dazu, erzeugt im Moment eine laufende Nase, ein Nieser, ein Huster beim Nachwuchs schon leichte Panik bei den Eltern. Denn  mit Erkältungssymptomen darf ein Kind nicht in Schule oder Kindergarten. Wenn ein Schüler in der Schule Symptome aufweist, muss er gar isoliert und abgeholt werden und darf erst wieder  zurückkehren, wenn eine Bestätigung des Arztes oder des Gesundheitsamts vorliegt, dass ein Verdachtsfall ausgeschlossen wurde. So sieht es der Hygieneplan des bayerischen Kultus- und Gesundheitsministeriums vor. Aber nicht alle Ärzte testen und manche nur auf einen konkreten Verdacht hin.

"So nicht praktikabel" findet das deshalb Michael Bäuerlein, Schulleiter der Grundschule Rieneck. Das habe er auch schon dem Schulamt und dem Kultusministerium mitgeteilt. Denn viele Ärzte würden nicht testen, wenn sie keinen Verdacht auf Corona sähen, schon alleine aus Kapazitätsgründen. Aber ohne Test stelle kein Arzt ein Attest aus, dass ein Coronaverdacht ausgeschlossen ist.

Das musste am Dienstag auch ein Vater aus dem Raum Marktheidenfeld feststellen, dessen Tochter in die erste Klasse geht und über Magenschmerzen klagte. Er habe an dem Tag 14 Telefonate mit Ärzten, dem Gesundheitsamt, dem KVB und der Schule geführt. Die Teststrecke stehe nicht mehr für jedermann offen, habe er vom Gesundheitsamt erfahren. Ein Arzt habe gesagt, er führe bei den Symptomen keinen Coronatest durch, aber "gesundschreiben" könne er seine Tochter, offenbar aus Haftungsgründen, auch nicht. Letztlich habe sich ein Arzt gefunden, der am Mittwochmorgen eine knappe Bescheinigung ausstellte: "kann momentan keine Symptome feststellen".

Holger Steiger, Pressesprecher des Landratsamts Main-Spessart, sagt, dass das Gesundheitsamt betroffene Eltern grundsätzlich auf die Haus- und Kinderärzte verweise. Wenn die sich weigerten zu testen, sollten sich betroffene Eltern beim Arzt erkundigen, welcher Kollege diese Aufgabe vertretungsweise übernimmt. Thorsten Schwab berichtete im Kreistag am Freitag, dass nur zehn Prozent der niedergelassenen Ärzte auf Corona testen würden. Esselbachs Bürgermeister Richard Roos, bei dem sich mehrere Schulleiter mit einem Hilferuf gemeldet hatten, hatte das Thema angesprochen. Laut Landrätin Sabine Sitter weiß der Landkreis nicht, wer teste und wer nicht.

Arzt: Coronatest nur bei Verdachtsfall,  nicht bei laufender Nase

Dr. Franz-Josef Kordowich ist Kinderarzt in Karlstadt. In seiner Praxis wird getestet. Er sagt aber: "Einen sinnlosen, nicht medizinisch indizierten Test, den verweigern wir." Die Ärzte seien jedoch nicht die "bösen Verweigerer". Derzeit gehe Husten und Schnupfen um, das könnte eine Kinderarztpraxis schnell überlasten. Bei einer laufenden Nase sieht er keinen Coronaverdacht. Hat das Kind aber etwa Husten, Fieber oder Schlappheit, werde großzügig getestet. Aber bisher war unter den "etlichen Dutzend" kein Test positiv. Ohne Test, so Kordowich, könne er aber kein Kind "gesundschreiben", da verweise die Praxis an die KVB oder das Gesundheitsamt. Derzeit gebe es im Gesundheitsministerium Anstrengungen, "diesen Blödsinn" abzuschaffen. Wenn ein Kind gesund sei, sollte es auch wieder in den Unterricht dürfen.

Er müsse als Schulleiter den Eltern glauben, dass sie beim Arzt waren und der glaube, dass das Kind kein Corona hat, sagt Rienecks Schulleiter Bäuerlein. Wenn es wieder gesund ist, dürfe es wieder in den Unterricht. Wenn ein Schüler in der Schule Erkältungsanzeichen habe, dann müssen die Eltern mit ihm entweder zum Arzt oder sie lassen ihn zwei Wochen zu Hause. An seiner Schule hatte er bisher drei Fälle. Bis Mittwoch gab es eine Hotline beim Kultusministerium für Schulleiter, die sei wohl wegen vieler Beschwerden abgestellt worden, glaubt Bäuerlein und hofft, dass der jetzige Hygieneplan nicht auch im Herbst noch gelte.

Mehrere Eltern der Bischbrunner Grundschule hatten das Problem, dass sich einfach kein Arzt gefunden habe, der ihrem Kind eine Bestätigung ausstellte, berichtet die dortige Schulleiterin Michaela Neiderer. "Uns sind die Hände gebunden, wir müssen uns an die Vorschriften halten." Das sei für Eltern, Schulen und auch Ärzte eine prekäre Situation. Spätestens nach den Sommerferien müssten Schüler unkompliziert an Tests kommen.

Die Realschule Gemünden und Mittelschule Karlstadt halten sich an den Hygieneplan

Thomas Feser, Schulleiter der staatlichen Realschule in Gemünden, sagt auf Anfrage: "Wir richten uns genau nach dem Hygieneplan." Wenn ein Kind im Unterricht einmal niese, sei es aber noch kein Thema. Aber wenn es sich auffällig oft die Nase putzt oder sich krank fühlt, womöglich Fieber hat, dann komme es in ein extra Zimmer, bis die Eltern es abholen. Der Schüler braucht dann ein Attest, dass er kein Corona hat. Wenn bei einem Kind daheim Erkältungssymptome auftreten, dann solle es solange zu Hause bleiben, bis es wieder gesund ist, sagt Feser. "Wir halten uns an den Hygieneplan, sehr strikt sogar", sagt auch die Rektorin der Karlstadter Mittelschule, Marion Ulrich. Bisher habe es erst einen Fall gegeben: Ein Schüler hatte am Donnerstagmorgen Halskratzen.

Dr. Caroline Hildenbrand-Nixdorf ist Allgemeinärztin in Marktheidenfeld. Sie sagt, momentan kämen tatsächlich Kinder und Jugendliche zum Test, die nur einmal geniest hätten. Das hält sie für etwas übertrieben. Sie empfiehlt, auf deutliche Krankheitssymptome der Kinder zu achten wie Fieber, erhöhte Temperatur, länger andauernder Husten oder wenn ein Kind deutlich krank wirkt. Ihr Kollege Dr. Matthias Schmidt in Burgsinn hatte erst zwei, drei Kinder, die er auch getestet habe. Er hält Tests für das Sinnvollste, hielte aber auch eine Bescheinigung "frei von gefährlichen sichtbaren Krankheiten" für machbar. Er gibt zu bedenken, dass auch ein Test keine 100-prozentige Sicherheit bringe, da der Test bei Infizierten zunächst negativ ausfallen könnte.

 
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