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Aschfeld
Schneller, präziser, präsenter: Was heißt es, Deutschlands beste Bäckermeisterin zu sein?
Im Oktober 2023 wurde die Aschfelderin Lea Wagner Deutsche Meisterin im Bäckerhandwerk. Was nimmt sie davon mit? Ein Besuch in der heimischen Backstube.
'Ich war immer der Joker in der Backstube': Lea Wagner aus Aschfeld wurde im Oktober 2023 Deutsche Meisterin im Bäckerhandwerk.
Foto: Daniel Peter | "Ich war immer der Joker in der Backstube": Lea Wagner aus Aschfeld wurde im Oktober 2023 Deutsche Meisterin im Bäckerhandwerk.
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:37 Uhr

Schwarze Kluft, langer Zopf, offenes Lächeln: So bittet Lea Wagner Anfang Januar ihren Besuch in die Backstube in Aschfeld. Zwei Dinge sind ungewöhnlich: Ihre dunkle Jacke und die Stille, die an diesem Dienstag zwischen Teigknetmaschine und Brotregalen herrscht. "An einem normalen Arbeitstag tausche ich die schwarze Kluft schon gegen eine weiße, das ist bei der Arbeit mit Mehl einfach praktischer", sagt sie und lacht. Und dass es in der Backstube des Bäckerladens Aschfeld so ruhig ist, liegt an den Betriebsferien, die sich der Familienbetrieb nach Silvester für eine Woche gönnt. 

Spult man das Jahr drei Monate zurück, sah das ganz anders aus: Im Oktober 2023 wurde die 27-Jährige Deutsche Meisterin im Bäckerhandwerk. Zusammen mit ihrer Partnerin Johanna Lenhardt aus Oberelsbach erkämpfte sie sich auf der Weltmesse für Bäckerei, Konditorei und Snacks (iba) in München den Titel. Darüber freuten sich nicht nur ihre Eltern, Ruth und Ralf Wagner, auch die Ortsgemeinschaft feierte "ihre" neue deutsche Meisterin mit einem großen Ehrenempfang. 

Seitdem habe sich der Trubel um ihre Person etwas beruhigt, erzählt Lea Wagner. Noch bis zum Sommer arbeitet sie in Weinheim als Fachlehrerin an der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks. Dann kehrt sie zurück in die heimische Backstube. Und somit auch ein bisschen in ihr zweites Kinderzimmer. Hier hat sie sich als Kind morgens noch vor der Schule ihr Frühstück geholt. Hat ihre ersten Hefezöpfe flechten gelernt und jede Menge Plunderteilchen mit Konfitüre bestrichen.  "Meine größte Herausforderung damals war der handgeschlagene Kipf, für den unsere Bäckerei bekannt ist. Den wollte ich unbedingt können", erinnert sie sich. Doch dafür musste sie üben, üben, üben.

"Ich war immer der Joker in der Backstube."
Lea Wagner, Deutsche Meisterin im Bäckerhandwerk

"Ich war immer der Joker in der Backstube", erzählt sie, was es heißt in einer Bäckersfamilie groß zu werden. "Meine Freunde hatten nach der Schule und in den Ferien oft einen anderen Plan." Insofern stand der Beruf Bäckerin nach Schulabschluss nicht auf Lea Wagners Liste. Zu viel Arbeit, die Risiken und Aufgaben einer Selbstständigkeit waren zu abschreckend. Lea Wagner ging stattdessen ein halbes Jahr nach Kanada. Als sie wieder da war, hatte sie ihre Meinung geändert. 

Deutsche Meisterinnen: Lea Wagner und ihre Kollegin Johanna Lenhardt (links ) vor ihrem Tisch auf der Meisterschaft im Oktober 2023.
Foto: Benedikt Banovich, Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks | Deutsche Meisterinnen: Lea Wagner und ihre Kollegin Johanna Lenhardt (links ) vor ihrem Tisch auf der Meisterschaft im Oktober 2023.

Im Café Michel in Würzburg begann sie eine Ausbildung zur Konditorin. Danach hängte sie bei der Dorfgemeinschaft Hohenroth eine Bäckerlehre an. Es folgten die Meisterschulen der Bäcker und Konditoren, außerdem setzte sie noch die Betriebswirtin drauf. "Ich habe gemerkt, wie kreativ und vielseitig der Beruf ist", erzählt sie. Angefangen vom Anbau und der Verwendung eigener Mehlsorten bis zur kunstvollen Verzierung der eigenen Backwerke zum Beispiel mit Schablonen. An diesem Tag hat sie ihr Brot mit einer Auflage aus Sirupteig bestückt, auf das sie mit Kakao und Wasser die Festung Marienberg gemalt hat.  

Es braucht nicht immer die x-te Version vom Schokocroissant

Auf der Meisterschule lernte sie Johanna Lenhardt aus Oberelsbach kennen. Gemeinsam meldeten sie sich bei der Meisterschaft an - und gewannen. Was Lea Wagner von dem Wettbewerbt mitgenommen hat? "Auf jeden Fall Präzision und schnelles Arbeiten unter Zeitdruck", sagt sie. Auch wenn im normalen Alltag keine Wettkampfbedingungen herrschen: Genauigkeit und Effektivität sind wichtig. "Die Mengenangaben beim Backen müssen genau passen. Du musst über den Härtegrad des Wasser genauso Bescheid wissen, wie über das Raumklima in deiner Backstube", beschreibt sie. 

Und du musst deine Kunden kennen. Wie sich die verändert haben? Das Sortiment bei den Bäckern werde eher wieder kleiner, auch weil die Menschen mit dem großen Angebot oft überfordert seien. "Es braucht nicht nochmal die x-te Version vom Schokocroissant oder Hörnchen", so Lea Wagner. Aber es braucht manchmal mehr Zeit, um den Teig ruhen zu lassen und das Aroma zu entfalten. Auch könne man Backwaren saisonal variieren und anbieten, wie zum Beispiel ein Kürbisbrot im Herbst oder Krapfen zu Fasching.   

Präsenz in den Sozialen Medien: Der tägliche "Tag der offenen Tür"

Was die Aschfelderin vor allem auch seit der WM merkt: Die Leute haben ein großes Interesse zu sehen, was man macht und wie. Also ist Lea Wagner in den Sozialen Medien präsent. Filmt sich hier, wie sie Plunder herstellt, Zöpfe legt und wo welche Zutat herkommt.  "Das ist jedes Mal ein bisschen wie 'Tag der offenen Tür', nur eben jeden Tag", sagt sie.  

Neben den Kunden hat die junge Meisterbäckerin auch die Attraktivität ihres Berufes für ihre Mitarbeiter und Neueinsteiger im Blick. Im Aschfelder Betrieb haben die Mitarbeitenden bereits die Möglichkeit, eine 4-Tage-Woche zu machen. Zudem gibt es ein neues, großes Kühlhaus, in dem Teige mittlerweile 24 Stunden liegen und reifen können. Das heißt, die erste Person, die morgens in die Backstube kommt, muss den Teig nur noch backen. Sprich, der Arbeitsbeginn verschiebt sich mehr in den Tag hinein.  

Ab September wird die 27-Jährige auch wieder im Aschfelder Bäckerladen mit dabei sein. Dazu kommen zukünftig Termine durch ihre neue Mitgliedschaft in der Bäcker-Nationalmannschaft, wie zum Beispiel Einsätze als Jurorin oder repräsentative Termine beim Tag des Brotes.     

Anreiz: Kein Einfamilienhaus, dafür Lust machen aufs Bäckerhandwerk 

Und dann ist da natürlich noch die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft 2025 in Düsseldorf. Den Titel inne haben derzeit Bäckermeister aus China. "Die trainieren extrem viel", erzählt Lea Wagner, hätten aber auch einen anderen Anreiz: So gab es als Preis schon mal ein vom chinesischen Staat finanziertes Einfamilienhaus.

Das fände Lea Wagner natürlich auch nicht schlecht. Ihre Motivation aber ist eine andere: Sie will zeigen, wie kreativ das Bäckerhandwerk sein kann und wie schön es ist, am Ende des Tages zufriedene Kunden zu haben und auf selbst hergestellte Produkte zu blicken. Im Idealfall fühlten sich dadurch jüngere Menschen und vor allem auch Frauen inspiriert, eine Ausbildung im Handwerk anzugehen.

 
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  • Roman Weigl
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  • Klaus B. Fiederling
    Alles Gute liebe Lea und ein glückliches Händchen zum Backen. Hoffentlich auch noch in 40 Jahren!
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  • Manfred Englert
    Herzlichen Glückwunsch an die junge Meisterin aus Aschfeld.

    Da wird sich jetzt der "Weltmeister" aus Frankenwinheim warm anziehen müssen!?
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