Während sich die Lage in den bayerischen Alpen am Sonntag immer mehr zugespitzt hat, sind in den eingeschneiten Regionen weitere Helfer aus Franken eingetroffen. So schickte allein die für das westliche Unterfranken zuständige Regionalstelle Karlstadt im Technischen Hilfswerk (THW) am Samstag zusätzliche 74 Freiwillige nach Südbayern. Sie unterstützen jene 20 THW-Helfer aus Franken, die zum Teil schon seit Donnerstag vor Ort sind.
Auch die THW-Regionalstelle Bamberg entsandte Einsatzkräfte ins Katastrophengebiet, darunter aus Schweinfurt und Bad Kissingen. Zudem sind Bundeswehr, Feuerwehr, Rotes Kreuz und Polizei in den eingeschneiten Gebieten im Dauereinsatz.
Nach Angaben des THW-Landesverbandes in München helfen derzeit insgesamt 1000 Männer und Frauen dieses bundeseigenen Katastrophenhilfsdienstes in den Schneegebieten. Ihre vorrangige Aufgabe sei es, Dächer von der wegen des Tauwetters immer schwerer werdenden Schneelast zu befreien. "Die Wetterlage spitzt sich dramatisch zu", teilte Sprecherin Alessandra Donatello am Sonntag mit.
Bange Blicke gehen Richtung Hausdächer
Dass die bangen Blicke in erster Linie auf die Hausdächer gerichtet sind, bestätigte am Sonntag Klaus Gimmler in Oberstdorf. Das Mitglied der Main-Post-Redaktion wohnt zeitweise in der Marktgemeinde im Oberallgäu und war am Sonntag nach eigener Aussage stundenlang mit Schneeräumen beschäftigt - hauptsächlich auf Dächern und mit Seilsicherung. "Es ist einfach Chaos", urteilte Gimmler über die Lage.
Was die Arbeit so mühsam mache, sei die Tatsache, dass der Schnee wegen des Tauwetters sehr schwer geworden sei. Ihm zitterten vor Anstrengung mittlerweile die Arme, sagte Gimmler am Sonntagnachmittag dieser Redaktion.
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Freilich sieht er den vielen Schnee auch als "weiße Pracht". Das auf Skitourismus ausgerichtete Oberstdorf werde davon wohl noch bis in den März hinein mit idealen Wintersportbedingungen profitieren. Die vergangenen Jahre sei das anders gewesen, so Gimmler. Alles in allem nähmen die Menschen in der Region den momentanen Zustand eher gelassen.
Eine ähnliche Meinung hat Jakob Berger aus Bad Brückenau. Er wohnt seit einigen Monaten in der Nähe von Berchtesgaden. Panik gebe es nicht, die Lage sei den Umständen entsprechend entspannt. Dass die Menschen in der Region Erfahrung mit Schneemassen haben, zeigt sich für Berger schon daran, dass er auf den Hausdächern Schnee räumende Privatleute immer nur mit Kletterausrüstung als Sicherung gesehen habe.
"Es ist nichts Ungewöhnliches, dass es hier viel schneit", fasste Berger am Sonntag zusammen. Dennoch habe ihm eine einheimische Nachbarin erzählt, dass es in den vergangenen 30 Jahren erst drei Mal zu solchen Schneemengen wie jetzt gekommen sei.
THW-Helfer vor Ort: Schneemengen sind "uferlos"
Diese Mengen bezeichnete Christoph Lindner vom THW Ochsenfurt als "uferlos". Er ist seit Samstag als Teil des fränkischen Helferkontingents in Kreuth am Tegernsee im Einsatz. Aufgabe Nummer eins: Schnee von den Dächern räumen. Was wegen des Regens am Sonntag von Stunde zu Stunde heikler wurde: Weil der Schnee immer pappiger wird, "rutscht gar nichts mehr" von den Dächern.
Dass die Lage mitunter äußerst brenzlig ist, hat Lindner am Samstag bei einem anderen Einsatz beobachtet. Dort habe sich der Dachstuhl eines landwirtschaftlichen Gebäudes bereits sichtbar durchgebogen. Ein Experte habe festgestellt, dass die zulässige Dachlast "bei weitem überschritten" gewesen sei. Mittlerweile seien unter den Helfergruppen Drehleitern heiß begehrt, weil nur damit das Schneeräumen von den Dächern gefahrlos möglich sei.
THW rückt mit schwerem Gerät an
Die THW-Trupps aus Franken haben zum Teil schweres Geräte dabei. So wurde aus Marktheidenfeld ein Kran in den Süden des Freistaates geschickt, der Ortsverband Würzburg nahm wuchtiges Räumgerät mit.
Wie lange der Einsatz dauern wird, war am Sonntag nicht klar. Bis Montagabend, war die ursprüngliche Ansage. "Das wird aber schwierig", sagte Christoph Lindner. Der Ochsenfurter rechnet damit, dass der Einsatz für die meisten Helfer aus Unterfranken länger dauern werde.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Samstag angekündigt, 500 weitere Bereitschaftspolizisten in die betroffenen Gebiete zu schicken. Sie sollen vor allem helfen, die Dächer einsturzgefährdeter Gebäude freizuschaufeln. "Es gibt keinen Anlass zur Panik, aber schon zu ernster Besorgnis", hatte Söder bei einem Besuch in Bad Tölz gesagt. Insgesamt sind nach seinen Angaben dann 5000 Kräfte im Einsatz.
Es schneit und schneit und schneit
Nach einer kurzen niederschlagsfreien Atempause für Helfer und Anwohner schneite es seit der Nacht zum Sonntag in Katastrophenregionen am Alpenrand weiter. Bei Plusgraden begann es am Sonntagmorgen teilweise zu tauen. Was den Schnee nass und schwer gemacht hat - eine zusätzliche Belastung für die Dächer von Wohnhäusern und anderen Gebäuden.
Ab Montag soll es wieder kälter werden - dann könnte örtlich über ein Meter Neuschnee fallen. In den Alpen herrscht zudem erhebliche Lawinengefahr.
Wenngleich derzeit das Winterwetter in Unterfranken nicht annähernd so katastrophale Züge wie in Bayerns Süden hat, schuf es in den vergangenen Tagen dennoch Probleme. So kam es am Freitag und Samstag im Landkreis Würzburg auf schneeglatten Straßen zu vier Unfällen mit einem Verletzten.
Im Gegensatz zum Alpenraum macht sich in Bayerns Norden der Schnee rat. Am Montag soll es mit 6 bis 7 Grad vergleichsweise mild werden. Allerdings sei mit Sturmböen zu rechnen, teilte der Deutsche Wetterdienst mit.