Die Situation der Fichten auf der fränkischen Platte ist dramatisch schlecht, ihr Fortbestand fraglich. Die Trockenheit vergangenes Jahr und Gewitterstürme haben dem Borkenkäfer ein Festmahl bereitet. "Meine Kollegen auf der fränkischen Platte verabschieden sich innerlich von der Fichte. Wir kämpfen noch", sagt Steinfelds Gemeindeförster Volkmann-Gebhardt. Schaffen er, seine zwei gemeindlichen Waldarbeiter und die Auszubildende es nicht, die betroffenen Fichten aus dem Wald zu schaffen, bevor der Borkenkäfer bei wärmeren Temperaturen wieder ausschwärmt, schaut es jedoch finster aus.
Das Vorhaben scheint ein Kampf gegen Windmühlen zu sein. Bei einer Rundfahrt durch den Gemeindewald zeigt der Förster an allen Ecken und Enden Fichten mit abgestorbener Spitze – ein sicheres Zeichen eines nahen Todes. "Egal, wo ich hingucke, ich sehe überall Borkenkäferbäume", sagt Volkmann-Gebhardt ein wenig resigniert. Auch in Beständen, die erst vor wenigen Wochen durchforstet wurden, gibt es wieder neue Fichten mit brauner Spitze. "Wenn wir fertig sind, müssen wir wieder von vorne anfangen." Vermutlich hat sich der Borkenkäfer in vielen Bäumen schon vergangenes Jahr eingenistet und fängt jetzt das Fressen an.
An einer großen, vielleicht 60 Jahre alten Fichte am Waldrand bei Waldzell macht er mit seinem Geländewagen Halt. Der Baum in der Abteilung "Hinterbuch" ist unten grün, aber die Krone braun. "Die ist im Grunde schon tot", sagt der Förster. Mit einem kleinen Beil schabt er etwas Rinde ab, um nach dem Borkenkäfer zu schauen, von dem man bereits Löcher in der Rinde sieht. Normalerweise harze eine gesunde Fichte, wenn ein Borkenkäfer kommt, aber: "Die Bäume sind so trocken, die haben keinen Saft mehr."
Statt Harz nur noch Staub
Die Waldarbeiter hätten ihm gesagt, dass ihre Arbeitshosen normalerweise total verharzt seien. Im Moment sei das anders. "Das staubt nur noch, da ist kein Harz mehr." Unter der Rinde der großen Fichte findet der Förster zwar beginnende Gänge, aber keinen Käfer, was ihn wundert. Vielleicht sei der Baum den Käfern schon zu trocken, vermutet er.
Die flach wurzelnden Fichten hatten bei der Trockenheit vergangenen Sommer große Probleme, gerade auf der fränkischen Platte im Regenschatten des Spessarts. Manche vertrockneten schlicht. Auch die Buchen und Kiefern kränkelten. Der Boden im Steinfelder Gemeindewald habe nach einem Meter Tiefe häufig eine Tonschicht, durch die die Wurzeln nicht dringen können. Nur Eichen mit ihrer Pfahlwurzel kämen da durch. Zum Teil sei der Waldboden vergangenes Jahr sogar bis in zwei Meter Tiefe staubtrocken gewesen, was sich beim Graben von Wassersenken gezeigt habe. Von solchen Biotopen erhofft sich Volkmann-Gebhardt eine wasserspeichernde Wirkung.
Jede Menge Käferholz: Preise fallen weiter
Fieberhaft durchkämmen die Steinfelder Forstleute nun schon seit Wochen den ganzen Wald, um befallene Fichten wie die große bei Waldzell herauszuholen. Aber der Markt für Fichtenholz ist gesättigt. Statt 100 Euro wie 2017 bekomme man momentan gerade mal 30 Euro für den Festmeter. Das Käferkronenholz, das in großen Haufen an Waldwegen lagert, lässt der Förster hacken. Bislang hat die Arnsteiner Firma fürs Hacken nichts berechnet, weil sie das Hackgut an Heizkraftwerke verkaufen konnte. Aber die nehmen nicht mehr ab, der Haufen an der Abzweigung nach Mariabuchen wächst. Immerhin töte die Wärme, die im Haufen entsteht, die Käfer ab. Weil es keine Abnehmer gibt, kostet das weitere Hacken nun. Eine Gartenbaufirma, ebenfalls aus Arnstein, hat sich jetzt gemeldet und will eine große Menge abnehmen.
Kosten fallen auch fürs Rücken an, wobei Steinfeld noch Glück habe, dass es einen Rücker vor Ort habe, der die Arbeit im Nebenerwerb macht. Im Mitteilungsblatt hat er deshalb schon angeboten, dass Bürger befallene Fichten selbst fällen und kostenlos holen können. Immerhin zwei, drei Interessenten habe es gegeben. Er überlegt, ob er Bürgern auch die Möglichkeit geben soll, schon fertig gerückte, kurz gesägte Stämme als Brennholz abzuholen.
Im Container nach China verschicken?
Weil der Holzpreis im Keller ist, hatte Volkmann-Gebhardt die Idee, lange Fichtenstämme im Wald zu lagern und zu entrinden. Da könnten sie dann ohne Qualitätseinbußen ein, zwei Jahre lagern. "Aber ich kriege keine Entrindungsmaschinen." Die haben woanders gut zu tun. Die neueste Idee ist jetzt, dass er die Fichten für den Export auf Containerlänge (11,60 Meter) sägen lässt. Er sei mit Chinesen im Gespräch, immerhin bekäme er so 40, 45 Euro. "Das ist mir eigentlich immer noch zu wenig für das gute Holz." In normalen Jahren schlagen die Gemeindearbeiter 200 bis 300 Festmeter Fichte, jetzt sind es zwangsweise 2000 bis 3000. Jeden Tag einen Lkw voll.
Der Anteil der Fichte im Steinfelder Gemeindewald ist schon seit Jahren rückläufig, erzählt der Förster. Etwa 45 Prozent des Gemeindewalds bestehen noch aus Nadelbäumen. Die Suche nach befallenen Fichten im 1200 Hektar großen Wald ist eine Sisyphusarbeit. Jeder einzelne Baum muss aufgrund der Trockenheit angeschaut werden, ob er noch etwas ist. Das geht meist nur zu Fuß. Oft hat der Sturm nur einzelne Bäume umgeworfen und häufig sieht man in dichten Beständen von unten gar nicht, ob eine Krone schon braun und damit der Baum dem Tode geweiht ist. Ist wieder ein Baum gefunden, der raus soll, markiert ihn der Förster mit einer Sprühdose und zeichnet ihn auf einem Plan ein. Zwar eigne sich im Prinzip für die Fichte eine Vollerntemaschine, aber nicht, wenn nur einzelne Bäume umgesägt werden sollen.
Bei der Arbeit hat Volkmann-Gebhardt erst gemerkt, wie viele Fichten noch im Wald stehen. "Ich wusste gar nicht, dass wir noch so viele haben." Die müssen alle irgendwann angepflanzt worden sein, weil die Fichte hier eigentlich nicht heimisch ist. Nachgepflanzt werde die Fichte nicht mehr.
Ein Ende der Arbeit ist nicht in Sicht
Selbst junge Fichtenbestände blieben von der Trockenheit und dem Borkenkäfer nicht verschont. In der Waldabteilung "Gebrannte" haben die Arbeiter eine große Lücke in einen Bestand schlagen müssen, weil so viele Bäume befallen waren. Die Reste haben sie zum Teil verbrannt, was aber sehr zeitaufwendig sei. Auch dort entdeckt der Förster gleich wieder junge Fichten mit brauner Spitze. "Deswegen glaube ich, dass wir das gar nicht schaffen."
Weil die Fichte absehbar keine Zukunft im Steinfelder Gemeindewald hat, lässt der Förster unter die Fichten kleine Laubbäumchen pflanzen. Die Buche kommt dabei mit wenig Licht klar, Ahorn, Kirsche und Elsbeere brauchen etwas mehr. Junge Buchen rupfen die Arbeiter an anderer Stelle im Gemeindewald. Normalerweise werden etwa 50 000 Bäumchen im Jahr gepflanzt. "Im Moment haben wir keine Kapazität fürs Pflanzen, wir sind nur noch mit Fichteneinschlag beschäftigt." Dieses Jahr wurden deshalb erst magere 1400 Bäumchen gepflanzt, auch wegen der befürchteten erneuten Trockenheit. "Mehr ist mir zu riskant."
Neuerdings geht der Käfer sogar an die Buche
Forstdirektor Wolfgang Netsch vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt bestätigt die problematische Situation der Fichte auf der fränkischen Platte aufgrund des trockenen Vorjahres. Probleme habe der Baum aber auch im Spessart. Durch die Trockenheit hatten Buchdrucker und Kupferstecher vergangenes Jahr ideale Bedingungen und haben drei statt nur zwei Generationen geschafft.
Was, wenn es dieses Jahr wieder so trocken wird? "Wir befürchten, dass wir eine Borkenkäferkalamität nie gekannten Ausmaßes bekommen, wenn das Wetter so wird wie im letzten Jahr", sagt Netsch. Außerdem habe auch die Kiefer auf der fränkischen Platte durch die Trockenheit des vergangenen Jahres massive Probleme und mit Schädlingen zu kämpfen. Förster Volkmann-Gebhardt lässt tote Kiefern derzeit einfach im Wald stehen, denn auch da seien die Preise im Keller.
Er macht sich außerdem Sorgen um die Buche, wenn es wieder so trocken wird. "Ich weiß nicht, ob die Buche das schafft." Dem Förster bereitet etwas anderes Sorge: "Wir haben inzwischen immer mal wieder Borkenkäfer in der Buche, das ist neu." An Totholz wird es dem Gemeindewald jedenfalls künftig nicht mangeln.