
In einem Werbeprospekt der Papierfabrik Kämmerer aus Osnabrück hieß es Mitte der 1950er Jahre: "Diese Laboratoriums-Papiermaschine gibt dem praktischen Papiermacher die Möglichkeit, mit geringsten Rohstoffmengen im Laboratorium Papier zu machen, ohne die Produktion der Maschinen in der Fabrik zu stören." Eine solche Versuchspapiermaschine ergänzt jetzt die Ausstellung im Museum Papiermühle in Homburg, das am 1. Mai in die neue Saison startet.

Sie basiert auf der Erfindung des Franzosen Nicholas-Louis Robert aus dem Jahr 1798, mit der er die Epoche der maschinellen Papiererzeugung einläutete. "Es war damit Anfang des 19. Jahrhunderts auch kleinen Manufakturen wie der Papiermühle in Homburg möglich, ihre Produktpalette auszuweiten", erklärt Johannes Follmer, der heutige Leiter der Papiermühle. So seien neben Pappen auch Zigarettenpapier oder Verpackungen für die Glasindustrie im Raum Wertheim und Lohr gefertigt worden. In Kürze wird es in Homburg auch ein Modell dieser ersten Robertschen Langsieb-Papiermaschine als Geschenk der Baseler Papiermühle geben.
Technische Errungenschaft von 1956: Maschine kann fünf Meter Papier pro Minute herstellen
Bei der Versuchspapiermaschine, die 4,50 Meter lang ist, wird ein Spritzrad durch elektrischen Antrieb bewegt. Es schleudert das Gemisch aus Wasser, gemahlenen Faserstoffen, Farben und Leimen auf ein sogenanntes Langsieb, das Runde um Runde über Rollen läuft. Das feuchte Papierflies wird auf Filz übertragen und mittels 14 Zylindern, die Druck auf das Flies ausüben, entwässert.
Am Ende des Trocknungsprozesses wird die Papierbahn, die bis zu 23 Zentimeter breit ist, gepresst. Pro Minute kann die Versuchspapiermaschine fünf Meter Papier herstellen. Es sind Flächengewichte von 50 bis 150 Gramm pro Quadratmeter möglich.

Tapetenhersteller Kämmerer produzierte auch Versuchsmaschinen
Follmer schätzt, dass die Versuchspapiermaschine im Jahr 1956 gebaut wurde. Genau kann er das aber nicht mehr bestimmen – nur, dass sie die Seriennummer 13 trägt. Die Herstellerfirma Kämmerer ist ein namhafter Produzent von technischen Spezialpapieren wie Tapeten oder Verpackungen für Nudeln. Um die Reißfestigkeit oder die Durchlässigkeit von Wasser seiner Papiere zu testen, hat Kämmerer für eigene Zwecke Versuchspapiermaschinen hergestellt.
Denn es war zu teuer, die Tests auf großen Industrieanlagen durchzuführen. Deshalb verkaufte Kämmerer die Versuchspapiermaschinen für Labor- und Experimentierzwecke auch an andere Produzenten der Branche, so wie etwa "Nummer 13". Sie stand beim Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz).
Experimente mit Nassfestigkeitsmittel für Toilettenpapier
Dort wurde zur Herstellung von sogenannten Nassfestigkeitsmittel experimentiert, also zum Beispiel Toilettenpapier, Küchenkrepp oder Servietten. Die Papiere sollen Flüssigkeiten aufsaugen, aber nicht reißen. Im Jahr 2019 wurde das Labor aufgelöst und nach einem Käufer für die Versuchspapiermaschine gesucht. Für 1160 Euro erhielt der Landkreis als Träger des Museums den Zuschlag.

"Das war eine einmalige Chance für uns", sagt Follmer. Mit dieser Maschine kann nun – zum 25. Bestehen des Museums – die vollständige Geschichte der Papierproduktion vom Handschöpfen bis zur industriellen Fertigung gezeigt werden, freut sich der Museumsleiter.
Versuchspapiermaschine kostete den Landkreis Main-Spessart 31.000 Euro
Vor rund 3,5 Jahren hat eine Spezialfirma die Versuchspapiermaschine von Ludwigshafen nach Homburg transportiert. Der Raum in der Papiermühle, in dem die zwei Tonnen schwere Maschine mittlerweile steht, musste vorbereitet werden. Es wurden leistungsfähige Stromleitungen verlegt, der Boden wasserundurchlässig versiegelt und eine Unterkonstruktion errichtet, die das Gewicht der Versuchspapiermaschine gleichmäßig verteilt. Die weiteren Nebenkosten der Anschaffung der Maschine betrugen bislang 30.000 Euro.

Doch noch läuft die Maschine nicht. Wann es so weit sein wird, weiß Follmer nicht. "Wir erhalten große Unterstützung von Experten der Technischen Universität München", erklärt er. Diese würden in regelmäßigen Abständen nach Homburg reisen, um sich den Details zu widmen. Auch wenn er vom früheren Eigentümer eine Kiste mit Ersatzteilen, von denen die meisten heute nicht mehr lieferbar sind, erhalten habe, muss das ein oder andere Bauteil individuell hergestellt werden.
Das Wichtigste sei aber, das perfekte Rezept für den Faserbrei austüfteln, damit das Papier später nicht reißt, aber die richtige Dicke hat. Im Scherz sagt Follmer: "Dann können wir das Papier für sämtliche Korrespondenzen des Landratsamts liefern."