Dass Astrid Leeb ihre Vertriebsleute in den dritten Stock des Bürogebäudes in der Lohrer Innenstadt bittet, passiert nicht häufig. Dienstag, der 4. Juni, war so ein Tag. Astrid Leeb, die kaufmännische Geschäftsführerin der Vertriebseinheit der Bosch Rexroth AG, "Drive&Control European Middle" (DCEM) teilt der versammelten Mannschaft per Video-Konferenz via Skype aus Stuttgart mit, dass die Lohrer Vertriebler in absehbarer Zeit anderswo arbeiten werden.
Zukunft noch ungewiss
Die Bosch Rexroth AG habe die Räume über dem Kupsch-Markt, Hauptstraße 34-36 zum 31. Mai 2020 gekündigt. Wo sie künftig arbeiten würden, sei "noch nicht absehbar", ergänzt Leeb auf Nachfrage, wie aus Kreisen der Belegschaft zu erfahren ist. Diese habe relativ gelassen reagiert, heißt es weiter. Womöglich kam es für den ein oder anderen gar nicht so überraschend, wurde die dort tätige Vertriebsmannschaft doch im vergangenen Jahr etwas ausgedünnt: Etwa 20 der vorher 80 Mitarbeiter seien nach Stuttgart oder Ulm versetzt worden.
Rexroth plant Neubau in Werk 1
Für die Restmannschaft, rund 60 Beschäftigte, sucht Bosch Rexroth nun eine neue Bleibe. Dass sie die derzeit leer stehenden Bürocontainer in der Nord-West-Ecke von Werk 1 beleben werden, ist unwahrscheinlich, erklärt Horst Raitz auf Anfrage der Redaktion. Denn dort plane Bosch Rexroth einen neuen Bürobau, der jedoch sicher nicht im Mai 2020 fertig sein wird, so der stellvertretende Vorsitzende des DCEM-Betriebsrats, der die Interessen von rund 500 Vertrieblern in neun Standorten vertritt. Dass Rexroth einen Neubau plant, wurde der Belegschaft schon bei einer Betriebsversammlung Anfang dieses Jahres mitgeteilt.
"Wir waren nicht ganz glücklich, als wir von der bevorstehenden Verlegung erfahren haben", führt Raitz aus. "Wir wären gern hier geblieben." Er befürchtet nun, dass die Mannschaft verteilt wird auf verschiedene Büros, möglicherweise auch in verschiedenen Werken. Der Betriebsrat habe von den Plänen am 3. Juni in Stuttgart erfahren und darauf gedrungen, dass die Betroffenen zeitnah informiert würden – was tags darauf dann auch geschah.
War die deutsche Vertriebszentrale 2005 von Hannover nach Lohr verlegt worden, so wanderte die Leitung vor zwei Jahren weiter nach Stuttgart-Fellbach. "Die Bedeutung des Standorts hat dadurch abgenommen", stellt Raitz fest. Sollte nun die Mannschaft "zerschlagen", sprich: räumlich verteilt werden, sähe der Betriebsrat dies "kritisch". Den Plan für die Zukunft der Vertriebsmannschaft wolle die Leitung Ende August/Anfang September vorstellen.
Mainkaufhaus wurde 2005 extra für Bosch Rexroth umgebaut
Für die Rexröther ist das Geschäftsgebäude an der Hauptstraße, das eine Eigentümergemeinschaft Mitte der 1960er Jahre an die Stelle des Gasthofs zum Hirschen hatte bauen lassen, nach wie vor das "Mainkaufhaus". Dieses wurde 1966 eröffnet und hatte seinen Eingang vom Oberen Marktplatz her. Im Untergeschoss zur Hauptstraße hin ist bis heute der Lebensmittelmarkt Kupsch angesiedelt, dessen Inhaber Winfried Roß jüngst bestätigte, dass er im Dezember seinen Ruhestand antreten werde. Edeka sucht indes einen neuen Pächter.
Das Mainkaufhaus schloss seine Pforten 2002, nachdem die Mainkauf GmbH & Co KG Insolvenzantrag angemeldet hatte. Nach mehrjährigem Leerstand bauten die Eigentümer die oberen Stockwerke für die Zwecke von Bosch Rexroth um. Am 1. September 2005 zog dort die deutsche Vertriebszentrale ein, deren Hauptsitz von Hannover nach Lohr verlagert wurde. Deren Büroflächen von 1800 Quadratmetern sind über drei Etagen verteilt. Den Erdgeschoss-Anteil des Mainkaufhauses nutzt seit 2004 eine Filiale von "Ernsting's Family".
Unternehmenskommunikation gibt sich zurückhaltend
Die Unternehmenskommunikation der Bosch Rexroth AG gibt sich gewohnt zurückhaltend. "Wir prüfen kontinuierlich Optimierungsmöglichkeiten", holte deren Leiterin Susanne Gerling auf Anfrage der Redaktion aus und bestätigte die Kündigung des Mietvertrags. Die betroffenen Mitarbeiter würden alle "in bestehenden Bürogebäuden Platz finden". Auf die Frage, ob diese alle in Lohr sein werden, wiederholte sie diese Aussage lediglich. Zu dem Neubau in Werk 1, von dem öffentlich bislang noch nie die Rede war, sagte sie lediglich: "Zu den Planungen gibt es momentan nichts Neues".
"Optimierungsmöglichkeiten", das klingt wie immer gut.
Jedes Mal, wenn eine Gruppe zerrissen wurde, führte das zu massiven Problemen.
Video- und Telefonkonferenzen sind kein Ersatz für kurze Wege und persönliche Gespräche, die man vor Ort auch in Produktion und Administration führen kann, für eine schnelle Problemlösung. Da ist schon der Abstand Lohr - Wombach extrem zeitraubend.
Glücklicherweise habe ich Rexroth rechtzeitig verlassen, seither geht es mir deutlich besser und ich genieße die Kompaktheit meines derzeitigen Arbeitgebers.
Achja: hat noch jemand bei diesem Satz geschmunzelt?
"Die Unternehmenskommunikation der Bosch Rexroth AG gibt sich gewohnt zurückhaltend. "
Rexröther kennen das Thema Kommunikation ja.....