186,4 Tonnen, so schwer ist der neue Transformator für das Pumpspeicherwerk in Langenprozelten. Bis so ein Gewicht in die Luft gehoben werden kann, sind einige Vorbereitungen zu treffen. Wuchtige Schläge mit dem Vorschlaghammer auf einen festsitzenden Bolzen orchestrieren die letzten davon am Freitagmittag am Mainufer in Neuendorf, auf Höhe des Betonwerks.
Drei Stunden später sind trotz unablässigen Regens alle Stahlseile des Krans gespannt. Jetzt muss der Ponton, auf dem der gelbe Kran auf dem Main schwimmt, vom Schubschiff in Position gebracht werden. Erst schiebt er ihn einige Meter mainabwärts bis auf Höhe des Trafos, der im Bauch eines am Ufer vertäuten Transportschiffes wartet. Der Ponton wird kurz festgemacht, damit das Schubschiff auf die flussabwärts liegende Seite wechseln kann.
Von dort dreht das Schubschiff den Ponton um 90 Grad und schiebt ihn wieder langsam an die Seite des Transportschiffs. Denn so steht der Kranausleger genau über dem Trafo, dessen graugrünes Gehäuse, vom Ufer aus gesehen, nur wenige Zentimeter über die Bordwand des Schiffes hinausragt.
Kran schwimmt auf Ponton
Es dauert noch einige Zeit, bis die vier Stahltrossen um die Aufhängevorrichtungen des Trafos gelegt sind. Dann hebt sich die Last langsam in die Höhe. In gut fünf Meter Höhe stoppt der Kranführer den Trafo. Damit der Ponton mitsamt Kran und Last am Haken näher ans Ufer geschoben werden kann, muss zuerst das Transportschiff aus dem Weg. Langsam schiebt sich der schwarze Stahlrumpf stromaufwärts aus der Lücke.
Während der Ponton mit dem Kran in Richtung Ufer bewegt wird, kommt der Trafo dem Schwerlast-Transporter immer näher, der gleich neben dem Radweg am Mainufer wartet. Für das aus zwei eigenständig fahrbaren Plattformen mit je sechs Achsen zusammengekuppelte Fahrzeug war eigens ein Stück des Zauns um das Betonwerk abgebaut und der Boden mit Stahlplatten ausgelegt worden. Das Spezialfahrzeug übernahm lediglich den Transport des Trafos bis hoch zur Bundesstraße 26. Dort wurde die 186,4-Tonnen-Last auf einen anderen Schwertransporter umgeladen, der sie bis zum Kraftwerk brachte.
Ende März 2019 waren die letzten Vorbereitungsarbeiten für den über zwei Millionen Euro teuren Austausch des zweiten Maschinentransformators des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten angelaufen. Nach über 40 Jahren zuverlässiger Umspannarbeit von 10.500 Volt Generatorspannung auf 110.000 Volt Spannung im Übertragungsnetz der Bahn mussten die Trafos wegen Erreichens ihrer Altersgrenze ersetzt werden. Schon im Juni 2018 war der erste Transformator ausgetauscht worden.
Mit dem Schiff von Krefeld nach Neuendorf
Der zweite neue Transformator war beim Hersteller General Electric in Mönchengladbach von der Spezialtransportfirma Kahl & Jansen abgeholt und in Krefeld auf das Transportschiff verladen worden. Vom Betonwerk in Neuendorf waren noch acht Kilometer Straßentransport zu bewältigen. Der gesamte Schwerlast-Transportzug, bestehend aus neuem Trafo, Zugfahrzeugen und bis zu 19-achsigen Spezialfahrgestellen bringt es auf insgesamt knapp 520 Tonnen.
Der alte Trafo war schon am Donnertag vom Pumpspeicherkraftwerk bis zum Gelände des Sägewerks Grötsch im Sindersbachtal transportiert worden. Der Transport des neuen Trafos ins Kraftwerk erfolgte in der Nacht auf Samstag. Dafür musste die Bundesstraße bei Neuendorf auf einer Länge von 120 Meter halbseitig gesperrt werden. Der Verkehr wurde durch eine Ampel geregelt. "Um Mitternacht war der Trafo im Kraftwerk", berichtete Thomas Lange, Projektleiter beim Kraftwerksbetreiber Uniper.
Die 40.000 Liter Isolieröl für den neuen Trafo werden separat angeliefert. Das Öl aus dem Alttrafo kann nicht umgefüllt werden. Es wird entsprechend den gesetzlichen Vorgaben aufbereitet und in anderen Ölprodukten weiterverwendet. Der Alttrafo selbst wird bei einem zertifizierten Entsorger verwertet. Dabei werden zum Beispiel rund 23 Tonnen Kupfer wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt.
Strom für die Bahn in Stoßzeiten
Bis Ende Mai soll der neue Trafo für die Maschine 2 des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten betriebsbereit sein. Das wäre der Schlusspunkt eines 60-Millionen-Euro-Projekts, das seit 2015 läuft, eines Ertüchtigungsprogramms für das wichtigste Spitzenlastkraftwerk im Stromnetz der Deutschen Bahn.
Ziel der umfangreichen Arbeiten ist es, die Versorgung der Deutschen Bahn mit Strom zu den Stoßzeiten im Bahnverkehr auch für die nächsten Jahrzehnte zuverlässig sicherzustellen. Das Projekt umfasste den Austausch der beiden Generatoren, die Revision der beiden Pumpturbinen und der sechs Kugelschieber (Absperrvorrichtungen) sowie den Austausch der Verschlussorgane des Oberbeckens und die Neubeschichtung des stählernen Triebwasserstollens zwischen Oberbecken und Kraftwerk. Je nach Projektphase führten bis zu 80 Fachleute gleichzeitig die Arbeiten aus.