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Würzburg/Lohr
Prozess um Tod eines Schülers in Lohr geht weiter: Erst um die Waffe gestritten, dann in Panik geschossen?
Vor dem Würzburger Landgericht sollen Zeugen die Version des 15-jährigen Angeklagten bestätigen. Aus Sicht der Verteidiger geht es bald um Totschlag statt Mord.
Verhandlung vor der Jugendkammer des Landgerichts Würzburg: Der Prozess um den Mord an einem Lohrer Schüler findet wegen des Alters des Angeklagten hinter verschlossenen Türen statt.
Foto: Silvia Gralla | Verhandlung vor der Jugendkammer des Landgerichts Würzburg: Der Prozess um den Mord an einem Lohrer Schüler findet wegen des Alters des Angeklagten hinter verschlossenen Türen statt.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 10.06.2024 02:36 Uhr

Hinter verschlossenen Türen versucht die Jugendkammer des Würzburger Landgerichts bereits seit vier Verhandlungstagen, im Fall des getöteten Schülers aus Lohr (Lkr. Main-Spessart) Licht ins Dunkel zu bringen. Auch vor dem Gerichtssaal geht das Rätseln darüber weiter, warum ein zum Tatzeitpunkt 14 Jahre alter Jugendlicher seinen Mitschüler mit einer gestohlenen Pistole in den Hinterkopf schoss.

Bestellte der Schüler sein Opfer im September 2023 aus Mordlust in die Grünanlage neben der Schule, wie Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach zu Prozessbeginn in der Anklage vortrug? Oder fand dieses Treffen auf Vorschlag des Getöteten statt, wie die Verteidiger sagen? Ging es um einen "Waffendeal" zwischen den beiden Jugendlichen?

Belastende Sprachnachrichten: Ernste Gewaltdrohungen - oder pubertäre Angeberei?

Dass er seinem Mitschüler aus kurzer Distanz in den Hinterkopf schoss, hat der inzwischen 15 Jahre alte Beschuldigte auf Anraten seiner Anwälte Hanjo Schrepfer und Roj Khalaf vor Gericht zugegeben. Er soll dies auch unmittelbar nach der Tat einem Freund in einer Handy-Nachricht berichtet haben. 

Es ist nicht die einzige Sprachnachricht, die den Jugendlichen belastet. Weitere sollen von Gewaltphantasien handeln, aus denen sich, wie es in Ermittlerkreisen heißt, sogar Ideen zu einem möglichen Gewaltakt an der Lohrer Schule herauslesen lassen würden.  

Die beiden Verteidiger Hanjo Schrepfer und Roj Khalaf widersprechen der These von einem Schuss aus Mordlust. Sie sind überzeugt davon, ihr Mandant habe während eines Streits um den Preis der Waffe geschossen. 
Foto: Thomas Obermeier | Die beiden Verteidiger Hanjo Schrepfer und Roj Khalaf widersprechen der These von einem Schuss aus Mordlust. Sie sind überzeugt davon, ihr Mandant habe während eines Streits um den Preis der Waffe geschossen. 

Die Verteidiger wecken daran Zweifel. Wie ernst die mutmaßlichen Gewaltphantasien waren und wie viel rein pubertäres Geprotze ist, könnte ein psychiatrischer Sachverständiger beurteilen. Doch der 15-Jährige will sich nicht vom Gutachter befragen lassen.

Dass der Schüler ein Geschäft mit der 9-Millimeter-Pistole, die dem früheren Freund seiner Oma gehörte, geplant hatte, bezeugen mehrere seiner Mitschüler. Der Vorschlag zum Treffen in der Lohrer Grünanlage soll vom späteren Opfer gekommen sein, sagen die Verteidiger. Das könne nach der Freundin des Angeklagten mindestens ein weiterer Schulfreund bezeugen, betont Anwalt Hanjo Schrepfer.

Tatversion des Jugendlichen: Erst gestritten, dann in den Hinterkopf geschossen

Der Erklärung des Verteidigers zufolge hatte der Mitschüler auf dem Boden gesessen, als der Angeklagte mit der Pistole zum Treffpunkt kam. Roj Khalaf erklärte vor Gericht: Sein Mandant habe zuerst das Geld gewollt, der Mitschüler habe sich aber gleich hochgerappelt, um sich die Waffe zu greifen. Aus Angst habe sein Mandant ihn zurückgestoßen und geschossen - als der Mitschüler gerade mit dem Rücken zu ihm am Boden kauerte. Dabei habe die Kugel den 14-Jährigen aus kurzer Entfernung in den Hinterkopf getroffen.

Also Totschlag statt Mord? Das Landeskriminalamt (LKA) hat die Szene in einer 3-D-Animation nachgestellt und prüft, ob die Schilderung so stimmen kann. Ob die Tatversion plausibel ist, soll ein Sachverständiger des LKA dem Gericht erklären.

Der Prozess wird am Freitag, 7. Juni, fortgesetzt.

 
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  • Bernhard Schebler
    Warum muss man hier noch Zeugen hören, er hat den Jungen erschossen und damit hat sich alles erledigt.
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  • Martin Deeg
    Weil wir in einem Rechtsstaat leben, in dem ein ordentliches Gericht in öffentlicher Verhandlung die Umstände der Tat aufzuklären hat - und bspw. festzustellen, ob es sich um Mord oder Totschlag handelt.
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  • Hubertus Kiesel
    Ich hoffe, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Wenn die Totschlag-Variante stimmen sollte, kann ich nicht verstehen, warum man das nicht gleich so aussagt. Er hat ja bis jetzt geschwiegen.
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