Vergeblich wird man den Betriebsstofftanker der Bundesmarine mit dem Namen "Spessart" und der Bezeichnung A1442 zukünftig auf den Weltmeeren suchen. Kurz vor Weihnachten machte das Patenschiff des Landkreises Main-Spessart zum letzten Mal im Marinehafen in Kiel fest. Nach einem Einsatz für die North Atlantic Treaty Organization (englisch für Nordatlantikpakt, NATO) in der Ostsee wurde die "fahrende Tankstelle" nach 47 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet.
Mit Leuchtsignalmunition, abgeschossen von anderen Marineschiffen, wurde die "Spessart" aus dem Einsatz verabschiedet. Zum Ende der Dienstzeit war das Trossschiff letztmalig bei einem wichtigen Einsatz der NATO. Nachdem am 7. Oktober die radikalislamischen Hamas den Konflikt mit Israel begonnen hatte, verlegte die NATO Schiffe der US-amerikanischen Marine in das Krisengebiet. Darunter waren auch solche, die das Gebiet in der Ostsee abgesichert haben.
Trossschiff "Spessart" musste in kürzester Zeit Lenkwaffenregatte betanken
Das bedeutete, dass andere Nationen die entstandenen Lücken schließen mussten. Von der Bundesmarine waren das die Fregatte "Hessen" und der Betriebsstofftanker "Spessart". Weitere Schiffe kamen aus Frankreich, den Niederlanden, Italien und Polen. Bei den Einsätzen zum Schutz der NATO-Nordflanke kam es öfter zu Begegnungen mit russischen Schiffen.
Eine besondere Herausforderung für die "Spessart"-Mannschaft von Kapitän Lutz Lücken (58 Jahre) gab es am 12. Oktober. Es musste innerhalb einer Stunde die italienische Lenkwaffenfregatte "Antonio Marceglia" mit 100.000 Litern Diesel versorgt werden. Während ihrer letzten Einsatzfahrt fuhr die "Spessart" Schottland, Finnland, Lettland, Schweden und Norwegen an.
Angriff durch sieben Piraten mit Handfeuerwaffen
In die Weltnachrichten kam das Marineschiff, als es im März 2009 am Horn von Afrika von sieben Piraten angegriffen wurde. Von ihrem Schnellboot aus haben sie die "Spessart" mit Handfeuerwaffen beschossen. Es gelang ihnen aber nicht, das Schiff zu entern. Die zum Schutz an Bord befindlichen Soldaten konnten den Angriff abwehren. Zudem kamen ein spanischer Hubschrauber und die griechische Fregatte "Psara" zur Hilfe. Die deutsche Fregatte "Rheinland Pfalz" nahm die Piraten in Gewahrsam.
"Die Männer werden angeworben, bekommen nichts zu essen, werden unter Drogen gesetzt", sagte der damalige Kapitän Wolfgang Schmid, der 2021 gestorben ist. Dann würden sie losgeschickt werden, um sich das, was sie brauchen, von den Schiffen zu holen. "Kein vernünftiger Mensch würde es wagen, so ohne Weiteres ein Kriegsschiff anzugreifen", sagte Schmid.
Die neue "Spessart" wird mehr als 40 Meter länger als das Vorgängerschiff
Im Jahr 1976 hatte die Bundesmarine zwei zivile Tankschiffe gekauft und für ihre Zwecke umbauen lassen. Aus der früheren "Okene" wurde die "Rhön" und aus der "Okapi" die "Spessart". Die beiden einhülligen und 130 Meter langen Schiffe konnten jeweils 11.500 Kubikmeter Treibstoff für Schiffe, aber auch für Flugzeuge transportieren. Beide Schiffe sollen bis 2025 durch zwei Neubauten ersetzt werden. Die Kiellegung des ersten Neubaus erfolgte am 8. August auf der Neptun-Werft in Warnemünde. Mit jeweils 172,40 Metern werden die neue "Spessart" und die neue "Rhön" deutlich länger und mit 18 Knoten schneller sein als ihre Vorgänger.
Auf ihrer letzten Fahrt hatte die Besatzung an der Reling der "Spessart" ein großes Transparent angebracht. Neben dem Wappen des Landkreises Main-Spessart trägt es die Aufschrift: "1977 – 2024 The Old Lady – Die Legende geht". Zugleich übergab Kapitän Lutz Lücken 2175,24 Euro aus der Mannschaftskasse an Sibylle Rohde, Leiterin der St.-Kilian-Schule Marktheidenfeld-Lohr.
Über die Jahre hatte die Besatzung Geld angespart, das sie immer dann, wenn sie in Main-Spessart zu Besuch waren, für soziale Projekte im Landkreis übergeben haben. Die letzte Spende soll für die Pausenhofgestaltung der Außenstelle Bischbrunn verwendet werden.