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Eußenheim
Neustart nach dem Käferbefall: So soll Eußenheims Wald der Zukunft aussehen
Nach großen Schäden werden mehrere Hektar Fläche wieder aufgeforstet. Damit wird der Grundstein für den Wald der Zukunft gelegt. Welche Bäume halten dem Klimawandel stand?
Nach großen Fichtenschäden werden im Eußenheimer Gemeindewald mehrere Hektar wieder aufgeforstet. Damit wird der Grundstein für den Wald der Zukunft gelegt. Aber wie soll der in Zeiten des Klimawandels aussehen?
Foto: Tabea Goppelt | Nach großen Fichtenschäden werden im Eußenheimer Gemeindewald mehrere Hektar wieder aufgeforstet. Damit wird der Grundstein für den Wald der Zukunft gelegt. Aber wie soll der in Zeiten des Klimawandels aussehen?
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 21.03.2024 02:55 Uhr

Weniger als eine Minute dauert es, bis eine der kleinen Lärchenpflanzen fest im Boden verankert ist. In eingeübter Choreografie fahren Spaten in die Erde, der Boden wird angehoben, das Pflänzchen mit feinen Wurzeln sorgfältig positioniert und die Erde wieder festgetreten. Zwei Schritte weiter beginnt das Spiel von vorn. Insgesamt eine Woche lang wird das so gehen, denn der Schaden im Eußenheimer Gemeindewald war so groß, dass nun 13.900 Bäumchen gepflanzt werden müssen. Fast sechs Hektar Waldfläche warten darauf, wieder aufgeforstet zu werden.

Förster Ralf Schmidl hat dafür eine externe Firma beauftragt; allein würden es der Revierleiter und die Forstarbeiter der Gemeinde nicht schaffen, die Pflänzchen rechtzeitig in die Erde zu bekommen. Außerdem müssen sie sich derzeit noch um das Schadholz aus dem vergangenen Sommer kümmern. Der große Schadensfall führte dazu, dass derzeit nur die Holzrechtler Holz schlagen dürfen. Eine Situation, die es so noch nie gegeben hatte, erklärte Bürgermeister Achim Höfling.

"Wir Förster haben früher Waldbau betrieben. Jetzt sind wir nicht einmal mehr Sanitäter, sondern schon Chirurgen, die Großeingriffe machen."
Ralf Schmidl, Revierförster im Eußenheimer Gemeindewald

Auf mehreren Flächen sind in den vergangenen Jahren die Fichten abgestorben, der gepflanzte Ersatz wächst bereits in die Höhe. "Blockweise ging es immer weiter", beschreibt Schmidl das Fichtensterben. Je nachdem wie die nächsten Jahre verlaufen, gibt er den übrigen Fichtenbeständen in seinem Revier noch zwei bis fünf Jahre: "Man kann den Borkenkäfer nicht aufhalten, nur das Ausmaß des Schadens begrenzen."

Ein Dienstleistungsunternehmen hilft Förster Ralf Schmidl (rechts) dabei, die 13.900 jungen Baumpflanzen rechtzeitig in die Erde zu bringen.
Foto: Tabea Goppelt | Ein Dienstleistungsunternehmen hilft Förster Ralf Schmidl (rechts) dabei, die 13.900 jungen Baumpflanzen rechtzeitig in die Erde zu bringen.

Dort wo der Borkenkäfer die Fichten befallen hat, lässt der Förster deshalb nicht einmal Reste liegen. Eigentlich sorgt das Totholz unter anderem dafür, dass der Waldboden Wasser besser speichern kann. Doch das Risiko, Käferbrutstätten zwischen den neu angepflanzten Bäumchen liegen zu lassen, ist zu hoch. "Wir Förster haben früher Waldbau betrieben. Jetzt sind wir nicht einmal mehr Sanitäter, sondern schon Chirurgen, die Großeingriffe machen", sagt er.

Manche Bäume leiden an Sonnenbrand

Eigentlich sei die natürliche Verjüngung die beste Möglichkeit für die Erneuerung des Walds, aber in Schadsituationen sei das nicht mehr möglich. Natürliche Verjüngung bedeutet, dass die Samen der vorhandenen Bäume für genug Baumsprösslinge sorgen. Bei dem Waldstück, das die Arbeiter gerade aufforsten, ist nichts übrig. Auf der kahlen Fläche von etwa drei Hektar standen vorher nur Fichten.

Wenn es früher im Jahr hohe Temperaturen gibt und es länger warm bleibt, kann der Borkenkäfer öfter brüten, erklärt Schmidl. Grund für die Schäden war aber nicht nur der Käfer, manche Bäume litten auch an Sonnenbrand. Die Waldkiefer habe oben eine hellere, sogenannte Spiegelrinde. In den "Leitungen" im Inneren des Stamms beginnt das Wasser heiß zu werden, es kommt zu Verbrennungen.

"Wir erwarten eine Adaption, eine Mini-Evolution bei neuen Pflanzen."
Ralf Schmidl zur Frage, ob auch heimische Baumarten dem Klimawandel standhalten könnten

Und doch pflanzt Schmidl wieder eine Kieferart an, die Schwarzkiefer – ihre Rinde ist anders aufgebaut und hält auch dem Klima auf Korsika und Sardinien stand. Daneben viel Weißtanne, Lärchen und etwas Riesenlebensbaum sowie Walnuss. Nussbäume werde man wegen des Klimawandels wohl öfter in den Wäldern sehen, denn Nussarten kommen auch im Mittelmeerraum gut zurecht, so der Förster.

An Baumarten aus den USA orientiert sich Schmidl ebenfalls, etwa der Douglasie: "Das sind Baumarten, bei denen wir vermuten, dass sie dem Klimawandel standhalten." Jedoch zeigt sich erst nach sechs bis zehn Jahren der vorübergehende Erfolg oder Misserfolg. Bei einem ersten "Durchforsten" wird dann geschaut, welche der Jungpflanzen überlebt haben. 

Die Schwarzkiefer (vorn) soll dem Klimawandel besser standhalten als die heimische Waldkiefer. Auch Weißtanne und Walnuss (im Hintergrund) setzt der Revierförster ein.
Foto: Tabea Goppelt | Die Schwarzkiefer (vorn) soll dem Klimawandel besser standhalten als die heimische Waldkiefer. Auch Weißtanne und Walnuss (im Hintergrund) setzt der Revierförster ein.

Diese exotischen Arten machen jedoch auch nach der Pflanzaktion nur einen kleinen Teil des Waldes aus. Der Wald der Zukunft soll weiterhin hauptsächlich aus herkömmlichen Arten wie Eichen und Buchen bestehen, erklärt Schmidl. Dabei setzt er auf den Baum-Nachwuchs: "Wir erwarten eine Adaption, eine Mini-Evolution bei neuen Pflanzen."

Es könne jedoch sein, dass Bäume zukünftig nicht mehr so alt werden wie zuvor und dass die Schadensereignisse zunehmen, nicht nur bei Fichten und Birken. "Die Buche hat früher Käfer eingeharzt und gelacht", sagt Schmidl. Doch der Trockenstress wirke sich negativ auf das "Immunsystem" der Bäume aus, die dadurch nicht mehr so widerstandsfähig seien.

Orientierung am Wissen aus der Vergangenheit wird schwieriger

"In der Vergangenheit konnte man sich an der Vergangenheit orientieren. Jetzt ist die Herausforderung zu schauen, was in Zukunft bei uns geht", sagt Schmidl über den Försterberuf. Das sei regional sehr unterschiedlich. Allein der Eußenheimer Wald stehe teils auf Muschelkalk und teils auf Keuper. Die verschiedenen Böden brächten etwa andere Nährstoffe mit sich oder andere Möglichkeiten, Wasser zu speichern. Und auch die Baumarten, die dem Klimawandel eher standhalten könnten, haben ihre eigenen Anfälligkeiten für Schädlinge.

Die Frühjahrs-Pflanzaktion ist Mitte März geschafft, dann geht es in die Beobachtung. Im ersten Jahr würde Schmidl die Pflänzchen eventuell noch gießen, falls nötig. Danach müssen sie mit den Gegebenheiten des Waldes selbst klarkommen, findet er, sonst seien sie falsch gewählt. Im Herbst plant er mit einer weiteren Pflanzaktion, dann sollen es Laubbäume sein – noch einmal etwa 15.000 Pflanzen.

Unter anderem Lärchenpflanzen sollen die Fichtenbestände ersetzen.
Foto: Tabea Goppelt | Unter anderem Lärchenpflanzen sollen die Fichtenbestände ersetzen.
 
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