"Der Katastrophenschutz begleitet uns von Anfang an, unsere Arbeit begann mit einer Katastrophe" - Landrätin Sabine Sitter schickte der Beratung zur Zukunft des Katastrophenschutzes und der überörtlichen Ausbildung drastische Worte voraus. Es geht um ein Gesamtkonzept, das dauerhaft und zukunftsorientiert sein soll. Anders ausgedrückt: Ein Neubau soll her, nachhaltig und energetisch auf dem Stand der Technik, um Schulung, Führung und Einsatzleitung zu zentralisieren und Platz für ein Lager sowie Fahrzeuge des Katastropenschutzes zu haben.
Die Entwicklung steht noch ganz am Anfang, der Kreisausschuss empfiehlt den Kreistag einstimmig, die Verwaltung mit dem Gesamtkonzept für ein zukunftsorientiertes, bedarfsgerechtes Katastrophen- und Ausbildungszentrum sowie dessen Planung (als dauerhafte Lösung) zu beauftragen.
Im Juli 2021 war der Beschluss zur Bedarfsermittlung für die Atemschutzausbildung und -werkstatt sowie den Katastrophenschutz gefallen. Das trieb die Verwaltung zusammen mit der Kreisbrandinspektion und anderen Blaulichtorganisationen voran. Unter anderem gibt es inzwischen drei Koordinierungsgruppen.
Bisher gibt es kein Zentrallager für Ausrüstung
Begründet wird der Bedarf mit häufigeren Extremwetterereignissen und auch mit den Erfahrungen aus der Corona-Pandemie sowie der Ukraine-Krise. Persönliche Schutzausrüstung wie Masken mussten da beim Landratsamt zwischengelagert und kommissioniert werden, ehe sie weiterverteilt wurden. In der Ukraine-Krise waren es Betten und Ausstattung für Notunterkünfte. Beides zeigte, dass der Kreis kein geeignetes zentrales Lager für Katastrophenschutzausrüstung, sicherheitsrelevante Waren oder Feldbetten hat. Kreis- und bundeseigene Fahrzeuge des Katastrophenschutzes stehen verteilt bei den Feuerwehren oder in einer Interimshalle des Interimsatemschutzzentrums.
Auch für die Taktisch-Technische-Betriebsstelle (TTB) des Landkreises, die sich um die Programmierung der Funkgeräte und -wecker im Landkreis kümmert, gibt es derzeit nach vielen Bürowechseln nur eine Übergangslösung. Angedacht sind auch überörtliche Einrichtungen für die Feuerwehren, wie zum Beispiel eine Schlauchpflegeeinrichtung mit Tauschsystem.
Neben der Technik sollen auch Schulung, Führung und örtliche Einsatzleitung zentralisiert werden. Der Führungsgruppe Katastrophenschutz stehen derzeit keine eigenen Büros zur Verfügung. Bei einer Einsatzlage (Katastrophen- und Großschadensereignisse unterhalb der Katastrophenschwelle) kann sie Büros eines Sachgebiets samt Besprechungsraum im Landratsamt nutzen. Dass diese nur bedingt geeignet sind, zeigte sich schon bei einer Stabsübung vor fünf Jahren. Zudem fehlen Schulungsräume für Katastrophenschutz und überörtliches Feuerwehrwesen, auch einen Übungshof für gemeinsame Übungen gibt es nicht.
Die Kreiseinsatzzentrale ist derzeit im Karlstadter Feuerwehrgerätehaus eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es zum Beispiel, die Integrierte Leitstelle bei flächendeckenden Unwettern durch Zuweisung der Einsätze an Abschnittsführungsstellen zu verteilen. Ein Arbeitsplatz ist dafür jedoch zu wenig.
Viel Zustimmung von den Kreisräten
Das Projekt wurde von allen Kreisräten begrüßt. Die letzten zwei Jahre hätten gezeigt, wie wichtig das ist, fand Karlstadts Bürgermeister Michael Hombach. Mehr ins Detail ging Mario Paul aus Lohr, der allerdings eine Zentralisierung der Atemschutzwerkstätten für nicht sinnvoll hielt, diese sollten besser bei den Stützpunktfeuerwehren bleiben. Das relativierte Kreisbrandrat Florian List, drei Viertel der Wehren ließen die Geräte in der Atemschutzwerkstatt warten, vor Ort werde vor allem Maskenpflege betrieben. Walter Höfling lobte generell, dass aus dem "Hauen und Stechen" der Blaulichtorganisationen eine Zusammenarbeit wurde. Der dringende Handlungsbedarf sei unbestritten, fand Brigitte Riedmann, jetzt gelte es ein Konzept auszuarbeiten und finanziell zu beziffern.
Vor dem Beschluss informierte Kreisbrandrat Florian List die Räte über die Interims-Atemschutzübungsanlage in Marktheidenfeld. Diese ging in den kreiseigenen Räumen "Am Oberholz 2" in Marktheidenfeld Mitte September in den regulären Betrieb. Jeden zweiten Samstag und an jedem dritten Werktag ist sie laut dem Kreisbrandrat ausgelastet, vier Lehrgänge sind bereits abgeschlossen. Bis Dezember 2021 war auf dem Anwesen der Dekontaminationszug des Kreises mit Fahrzeugen, Ausrüstung und Mannschaften untergebracht. Er zog ab Dezember 2021 in eine von der Stadt Marktheidenfeld angemietete Fahrzeughalle in der Karbacher Straße 28 um.