Neue Position, bekanntes Gesicht: Seit September ist Volker Büchs Direktor des Amtsgerichts Gemünden. Der 56-Jährige trat damit die Nachfolge von Dr. Petra Müller-Mange an, deren Stellvertreter er bisher war und die zur neuen Direktorin des Amtsgerichts Würzburg ernannt wurde. Im Interview erzählt Büchs, was der Wechsel für ihn bedeutet, wie sich die Arbeitswelt "Gericht" gerade digital verändert – und warum ihn manche Verhandlungen gedanklich in den Feierabend begleiten.
Volker Büchs: Ich war vorher stellvertretender Direktor und habe deswegen schon vieles gekannt. Neu ist meine Arbeitseinteilung. Wegen der Verwaltungsarbeit, die dazugekommen ist, mache ich als Richter nur noch Jugendstrafsachen und Jugendvollstreckungssachen. Die Betreuungsverfahren habe ich abgegeben.
Büchs: Nicht unbedingt. Die Einführung der elektronischen Akte ist spannend. Damit haben wir im Juli im Amtsgericht Gemünden begonnen. Das ist für alle im Prinzip Neuland. Da ist einiges an Schulungen zu organisieren, es braucht neue Hardware und Ausstattung. Im Bereich Zivil- und Familiensachen stellen wir in diesem Jahr bei den neu eingehenden Verfahren komplett um.
Büchs: In den Familiensachen läuft es gut. Ich vermute auch, dass die Entscheidungen dadurch zukünftig schneller werden. Einfach dadurch, dass niemand mehr eine Papierakte hin- und hertragen muss.
Büchs: Zum Beispiel, dass im Zivilprozess die beteiligten Parteien per Video zugeschaltet werden können. Dafür haben wir für zwei Gerichtssäle Videokonferenzsysteme eingerichtet mit großen Bildschirmen und Kameras, die entweder Richter, Anwalt, Zeugen oder ein Gesamtbild des Gerichtssaales zeigen können.
Büchs: Unter anderem bei Verkehrsunfällen, zum Beispiel wenn es darum geht, wieviel Schaden zu ersetzen ist. Gerade bei den großen Versicherungen sitzen die Anwälte oft in Frankfurt, München oder Berlin und mussten bisher immer extra anreisen oder einen Anwalt vor Ort beauftragen. Das fällt jetzt weg und sie können sich live dazuschalten. Im Strafrecht gibt es diese Möglichkeit allerdings nicht. Da müssen alle Prozessbeteiligten vor dem Strafrichter erscheinen.
Büchs: Ich habe sehr viel Strafrecht gemacht und fühle mich hier relativ wohl. Was mich immer angetrieben hat: Einerseits musst du den staatlichen Strafanspruch durchsetzen. Andererseits sitzt da vor dir ein angeklagter Mensch, seine Angehörigen oder die Geschädigten und allen möchte man die Entscheidung des Gerichts, also das Ausmaß der Strafe, so plausibel wie möglich machen. So dass alle hinterher sagen können: Ja, damit kann ich leben, das sehe ich ein.
Büchs: Sie bekommen so gut wie nie eine Rückmeldung. Bisher hat mir nur einmal eine Angehörige in Aschaffenburg im Nachgang geschrieben, dass das Urteil die richtige Entscheidung war.
Büchs: Wenn, dann waren das Familiensachen. Zum Beispiel, wenn es um Sorgerechtsstreitigkeiten ging, da macht man sich dann doch schon mal länger Gedanken, nach dem Motto: Mensch, warum finden die keine Lösung, die dem Kind oder den Kindern am besten dient?
Büchs: Es macht einen misstrauischer. Aber den Glauben an das Gute im Menschen, den habe ich bisher nicht verloren.
Büchs: Ich denke schon, denn die Robe ist aus psychologischer Sicht wichtig. Man ist ja als Richter auch Mensch und die Robe macht deutlich, dass man in dem Moment in einer Funktion arbeitet. Nicht als Privatmensch, sondern zum Beispiel als Familienrichter, der entscheiden muss: Ich greife jetzt hier in eine Familienstruktur ein.
Büchs: Wir sind ein Flächenlandkreis. Wenn es also zum Beispiel um Betreuungssachen geht, müssen auch schon mal längere Strecken und ein größerer Zeitaufwand in Kauf genommen werden, um die Betroffenen anzuhören, die dann zum Beispiel in Lohr oder Marktheidenfeld im Seniorenheim wohnen.
Büchs: Zum Beispiel die Prozesse rund um den Diesel- oder Abgasskandal, die hatten wir in Main-Spessart auch. Und auch die Auswirkungen der Pandemie: Ich würde behaupten, dass es in den letzten zwei Corona-Jahren deutlich weniger Körperverletzungs- und Beleidigungsdelikte und somit Verhandlungen gab, einfach weil die Leute weniger aufeinandergetroffen sind.
Büchs: Nein, bisher nicht. (lacht) Wahrscheinlich auch wegen der Robe.
Büchs: Die Stelle wird ab Mitte Oktober mit einer Frau besetzt. Nähere Infos folgen noch.