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Lohr
Nach Tötungsdelikt in Lohr: Wie war die Waffe verwahrt, mit der ein 14-Jähriger erschossen wurde?
Ein Nachbar soll die Tatwaffe besessen haben – wie der mutmaßliche Täter Zugang dazu erlangte, ist noch nicht klar. Bei der zuständigen Behörde war der Waffenbesitzer nicht auffällig geworden.
Länger suchten Einsatzkräfte am Wochenende nach der Tat auf dem Schulgelände nach der Waffe und Patronenhülsen. Noch sind nicht alle Fragen zur Tatwaffe geklärt. (Archivbild)
Foto: Patty Varasano | Länger suchten Einsatzkräfte am Wochenende nach der Tat auf dem Schulgelände nach der Waffe und Patronenhülsen. Noch sind nicht alle Fragen zur Tatwaffe geklärt. (Archivbild)
Veronika Schreck
 |  aktualisiert: 22.09.2023 03:12 Uhr

Fassen kann wohl niemand, was vor einer Woche in Lohr (Lkr. Main-Spessart) geschehen ist. Was sich aber viele Menschen in der Region und darüber hinaus fragen, ist: Wie konnte es so weit kommen? Zum Motiv ermitteln die Behörden. Was jedoch geklärt werden könnte: Wie der Jugendliche an die Tatwaffe kam.

Was bisher bekannt ist: Die Tatwaffe gehörte einem 66 Jahre alten Nachbarn des 14-jährigen Tatverdächtigen. Er besaß die Pistole sowie weitere Waffen laut Pressemitteilung legal und verfügt über die vorgeschriebenen waffenrechtlichen Erlaubnisse. Als die Polizei die Wohnung des Mannes nach der Tat überprüfte, waren alle weiteren Waffen und die Munition ordnungsgemäß aufbewahrt, wie es in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Unterfranken hieß.

Noch offen ist, wie der 14-Jährige an die Pistole seines Nachbarn kam. Das müsste der Besitzer einer Waffe allen anderen eigentlich unmöglich machen. Doch der Jugendliche schweigt und der 66-Jährige liegt laut Polizei schwer krank in einer Klinik und kann nicht befragt werden.

Was heißt "ordnungsgemäß aufbewahrt" überhaupt?

Scharfe Schusswaffen müssen in einem Tresor lagern. Je nach Sicherheitsstufe dieses Waffenschranks kann Munition gemeinsam mit den Waffen darin gelagert werden. Wenn sie separat aufbewahrt wird, muss Munition in einen verschlossenen Blechschrank. Schreckschusswaffen, Druckluftwaffen und Softairwaffen müssen in verschlossenen Schränken lagern.

Soll heißen: Im Lohrer Fall muss der Mann Waffe und Munition so aufbewahren, dass ein unbefugter Dritter nicht dran kommt. Einen privaten Waffenschrank konnte man bislang per Zahlencode oder Schlüssel verschließen. Wenn es einen Code gibt, sollen ihn nur die Befugten kennen. Wenn es einen Schlüssel gibt – wie es bei dem Waffenschrank in Lohr der Fall war –, muss dieser versteckt sein. Und der Jugendliche hätte nicht wissen dürfen, wo er liegt.

Wurde der 66-Jährige kontrolliert?

Der 66-Jährige hatte seit 2016 eine waffenrechtliche Erlaubnis, wie Landratsamtssprecher Markus Rill auf Anfrage mitteilt. Damals habe er nachgewiesen, die dafür notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen: Also dass er volljährig, zuverlässig und persönlich geeignet ist. Außerdem habe er die korrekte Aufbewahrung seiner Waffen sowie das Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen nachgewiesen.

Die Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers wurde Rill zufolge regelmäßig und ohne Beanstandung überprüft – zuletzt im Jahr 2020. Dabei prüft die Behörde vom Schreibtisch aus, ob der Waffenbesitzer bei der Staatsanwaltschaft, dem Verfassungsschutz oder der eigenen Behörde auffällig wurde und ob er seit der letzten Überprüfung einen Eintrag im Bundeszentralregister bekam. In Letzterem finden sich etwa Urteile deutscher Gerichte oder Entscheidungen von Verwaltungsbehörden.

"Es gab deshalb keinen Grund zu einer anlassbezogenen Aufbewahrungskontrolle", teilt Rill weiter mit. Eine turnusmäßige Kontrolle, wie er seine Waffen aufbewahrt, habe bei dem Mann noch nicht stattgefunden. Derartige Vor-Ort-Besuche sollen jährlich bei fünf bis zehn Prozent der Waffenbesitzer durchgeführt werden.

Polizeisprecher Enrico Ball zufolge konnten sich die Beamten zur Kontrolle nach der Tat den Schlüssel zum Waffenschrank organisieren – wie, verriet er nicht. Was er allerdings sagen kann: Die Ermittler gehen davon aus, dass der 66-Jährige die Tatwaffe ordnungsgemäß untergebracht hatte, genauso wie seine übrigen Waffen es waren. Da der Mann allein lebt, dürfte sonst niemand Zugriff zu dem Tresor gehabt haben. Woher der 14-Jährige den Schlüssel hatte, sei Gegenstand der Ermittlungen. Ob es mehr als einen Schlüssel gab, ist unklar, da der 66-Jährige nicht vernehmungsfähig ist, so Ball.

Welche waffenrechtlichen Erlaubnisse gibt es?

Es gibt drei verschiedene Dokumente: Eine Waffenbesitzkarte gibt an, dass man Waffen besitzen darf. Ein Waffenschein weist aus, dass man Waffen mit sich führen darf. Ein kleiner Waffenschein zeigt, dass man Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit sich führen darf. Der 66-Jährige besaß eine Waffenbesitzkarte.

Wer darf überhaupt legal Waffen besitzen?

Es gibt verschiedene Personengruppen, die Waffen besitzen oder bei sich tragen dürfen. Darunter sind etwa Polizisten, Sportschützen, Jäger oder gefährdete Personen. Polizeibeamte haben einen Vermerk im Dienstausweis. Sportschützen benötigen eine Waffenbesitzkarte mit einer Munitionserwerbs-Erlaubnis. Jäger müssen darüber hinaus einen Jagdschein haben. Und gefährdete Personen – die etwa von einem Stalker bedroht werden – einen Waffenschein.

Wie kommt man an eine Waffe?

Ein Sportschütze – wie der 66-jährige Nachbar des Verdächtigen – muss eine Mitgliedschaft in einem Schützenverein von mindestens einem Jahr nachweisen, eine Waffensachkundeprüfung ablegen und mindestens ein Mal pro Monat oder 18 Mal pro Jahr schießen gehen. Erst dann darf sich ein Sportschütze eine Waffe legal kaufen.

 
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Kommentare
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  • Klaus Fiederling
    Waffe hin oder her - mein tiefes Mitgefühl gilt den Eltern des getöteten Jungen aus Lohr.
    Anscheinden war die Waffe nicht ordnungsgemäß unter Verschluss, ansonsten wäre der
    Täter nicht an dieses Mordinstrument gekommen.
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  • Matthias Braun
    Waffen und Munition von Sportschützen kann man auch im Schützenhaus sicher aufbewahren. Zuhause braucht niemand eine Waffe.
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