Im Mordprozess gegen einen 28-jährigen Forensikpatienten vor dem Würzburger Landgericht wird immer deutlicher, dass der wegen seiner psychischen Erkrankung als dauerhaft gefährlich eingestufte Angeklagte unabhängig vom Urteil wohl noch längere Zeit hinter Gittern bleiben wird.
Angeklagter soll Mitpatienten im Schlaf erstickt haben
Der Mann soll im März 2014 in der Forensik, in der im Lohrer Bezirkskrankenhaus auch psychisch kranke Straftäter therapiert werden, aus bislang ungeklärten Gründen einen 78-jährigen Mitpatienten im Schlaf erstickt haben. Am Dienstag, dem sechsten Verhandlungstag, erhärteten die Aussagen eines Rechtsmediziners den Vorwurf.
Aggressiv und leicht reizbar
Der Beschuldigte hat etwa die Hälfte seines Lebens in geschlossenen psychiatrischen Kliniken verbracht. Im Maßregelvollzug der Lohrer Forensik saß er seit 2007, weil er mehrfach Brände gelegt und dabei erheblichen Schaden verursacht hatte. Die Therapie kam wegen stetiger Regelverstöße jedoch kaum voran.
Klinik: Weitere erhebliche Straftaten zu erwarten
Nach der mutmaßlichen Tat wurde der 28-Jährige verlegt, zuletzt in die Forensik nach Straubing. In einer Stellungnahme der Klinik heißt es, dass von ihm mit großer Wahrscheinlichkeit binnen kurzer Zeit weitere erhebliche Straftaten bis zum Tötungsdelikt zu erwarten seien, so er denn in Freiheit gelänge.
Drohung gegen Mitpatienten
Einem Mitpatienten hat der Angeklagte bereits angedroht, mit ihm das Gleiche zu machen, was er in Lohr gemacht habe. Vor Gericht wäre der Angeklagte am Dienstag auf die Frage, was er damit gemeint habe, fast ins Plaudern gekommen. Doch sein Verteidiger stoppte den stockenden Redefluss im Keim. Der Angeklagte schweigt also weiter.
Angeklagter hatte ausgesagt, beim Tode des 78-Jährigen „nachgeholfen“ zu haben
Vor zweieinhalb Jahren hatte er mit seinen Redefluss die Mordermittlungen erst in Gang gesetzt. Denn zunächst war man davon ausgegangen, dass der stark demente und gebrechliche 78-Jährige in der Forensik eines natürlichen Todes gestorben war. Doch dann erzählte der heutige Angeklagte einer Mitpatientin, beim Tod des 78-Jährigen „nachgeholfen“ zu haben.
Verdächtige Rippenbrüche
Wie der Rechtsmediziner nun im Gerichtssaal schilderte, ergab die Obduktion der Leiche tatsächlich mehrere deutliche Anhaltspunkte für einen Tod durch „weiches Bedecken der Atemwege“. beispielsweise mit einem Kissen. Diese Art des Todes hinterlasse „selten mehr Spuren als das, was bei der Obduktion zu sehen war“, sagte er und beschrieb typische Abriebspuren rund um Mund und Nase. Der Gutachter sprach auch von mehreren frischen Rippenbrüche, die mit den erfolgten Wiederbelebungsversuchen durch einen Notarzt nicht zu erklären seien. Vielmehr deuteten sie auf das mutmaßliche Tatgeschehen hin.
DNA-Spuren unter den Fingernägeln
Eine genetische Untersuchung brachte unter den Fingernägeln des Beschuldigten DNA-Spuren des mutmaßlichen Opfers zutage.
Kurz nach der mutmaßlichen Tat hatte der Beschuldigte gegenüber der Polizei angegeben, unter Medikamenteneinfluss gestolpert und auf den 78-Jährigen gefallen zu sein. Dabei seien Hand und Zudecke auf dem Gesicht des Seniors gelandet und dort rund zwei Minuten lang geblieben – bis sich das mutmaßliche Opfer nicht mehr gerührt habe.
Fortsetzung am Freitag
Wenngleich die Plädoyers noch ausstehen, machte Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen am Dienstag doch deutlich, dass er dieser Version keinen Glauben schenke. Es sei „weit lebensfremd“, zu glauben, dass der 28-Jährige den 78-Jährigen nicht umgebracht habe.
Der Prozess wird an Freitag fortgesetzt. Es sind die Plädoyers zu erwarten, womöglich auch das Urteil.