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Karlstadt
Mit dem Mopedauto zur Schule: Marie-Sophie Görtler aus Seifriedsburg zuckelt mit 45 km/h nach Karlstadt
Die Schülerin aus Seifriedsburg brauchte ein verlässliches Verkehrsmittel für den Schulweg. Wieso sie sich für ein 45-km/h-Auto entschied und wie ihre Erfahrungen damit sind.
Marie-Sophie Görtler aus Seifriedsburg fährt jeden Tag mit einem 45-km/h-Auto nach Karlstadt in die Schule.
Foto: Thomas Obermeier | Marie-Sophie Görtler aus Seifriedsburg fährt jeden Tag mit einem 45-km/h-Auto nach Karlstadt in die Schule.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 07.11.2023 02:42 Uhr

Von außen sieht es aus wie ein Smart, innen ebenfalls wie ein ganz normales Auto. Selbst eine Klimaanlage und Bluetooth zum Musikhören stecken in dem kleinen Gefährt. Der große Unterschied prangt als Sticker hinten auf der Kofferraumtür: Die Zahl 45 steht in schwarzen Ziffern auf weißem Hintergrund. Das heißt, dass dieses Auto nur 45 Stundenkilometer fährt, "Mopedauto" werden solche Fahrzeuge auch genannt. Am Steuer sitzt normalerweise Marie-Sophie Görtler. Die Schülerin aus Seifriedsburg brauchte ein verlässliches Verkehrsmittel für den Schulweg. 

Zu der Entscheidung für ein Mopedauto führten mehrere Gründe, ihr Fall ist komplex: Schon mit 15 Jahren und einem Führerschein der Klasse AM für Moped und Roller darf man ein solches Auto fahren. In diesem Alter wollte Görtler von der Realschule in Gemünden auf das Gymnasium wechseln. Ohne Französisch in der Realschule war es ihr allerdings nicht möglich, das Gemündener Gymnasium zu besuchen; in Karlstadt konnte sie mit Spanisch einsteigen. Das bedeutete einen Schulweg von über 20 Kilometern; mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist einmal Umsteigen inklusive.

Die Busverbindung ist "komplett unzureichend"

Die Busverbindung nach Seifriedsburg bezeichnet die Schülerin als "komplett unzureichend". Wenn sie um 13 Uhr Schulschluss hat, ist sie um 13.30 Uhr in Gemünden. "Da ist der Bus nach Seifriedsburg aber schon fünf Minuten weg", so Görtler. Erst zwei oder drei Stunden später würde wieder ein Bus fahren. "Ich müsste eher aus der Schule raus und nichts dürfte Verspätung haben." Also fährt sie jeden Tag von Seifriedsburg nach Gemünden und dort mit dem Bus oder Zug weiter. Ein- bis zweimal pro Woche, wenn der Unterricht bis spätnachmittags geht, fährt sie sogar bis Karlstadt.

Für die gut 20 Kilometer braucht Görtler auch mit Tempo 45 nur etwa 30 Minuten. "Das geht relativ flott, weil ich ja auch selten bremsen muss. Ich bin die ganze Zeit Vollgas unterwegs", sagt Görtler und lacht. Gegen einen Roller habe gesprochen, dass bei Kälte und Regen wieder keine Lösung für den Schulweg da gewesen wäre. Froh ist sie über die Automatik-Schaltung: "Das ist ziemlich gut. Man lernt auf dem Roller das Fahren. Wenn ich jetzt auch noch eine Schaltung gehabt hätte – ich glaube, ich wäre da gar nicht klargekommen."

"Nach Karlstadt geht es relativ flott, weil ich ja auch selten bremsen muss. Ich bin die ganze Zeit Vollgas unterwegs."
Marie-Sophie Görtler fährt mit dem Mopedauto zur Schule.

Mit ihrer Mutter sei sie zur Übung im Dorf herumgefahren und anschließend zunächst nur auf der Strecke nach Gemünden unterwegs gewesen. "Irgendwann habe ich mich dann auch getraut, nach Karlstadt zu fahren. Am Anfang hatte ich schon Angst, dass jemand hinten reinfährt. Man sieht es ja auch nicht gleich, dass es kein Smart ist." Von Gemünden nach Karlstadt muss sie auf der B26 fahren, auf der schnelle Autos und Laster unterwegs sind.

Auf dem Dorf bedeutete das eigene Auto auch einen großen Schritt in die Selbstständigkeit.
Foto: Thomas Obermeier | Auf dem Dorf bedeutete das eigene Auto auch einen großen Schritt in die Selbstständigkeit.

Die begrenzte Geschwindigkeit sieht der ADAC als Sicherheitsrisiko der Mopedautos an. Leichtmobile würden beim Thema Crashsicherheit außerdem keinen gesetzlichen Sicherheitsanforderungen unterliegen, wie sie für Pkw gelten. Verglichen mit einem 45 km/h schnellen Roller oder Moped ist das Schutzpotenzial eines Leichtfahrzeugs immer noch besser, schreibt der ADAC allerdings weiter und empfiehlt, den Einsatz auf den Stadtverkehr zu begrenzen.

"Wenn es hell ist und nicht neblig, fühle ich mich eigentlich schon sicher", sagt Görtler. Dann würden die anderen Autofahrer sehen, dass sie langsamer ist und könnten leichter überholen. Im Winter komme es vor, dass es dunkel ist, wenn sie zur Schule fährt. Dafür hat sie sich mittlerweile eine Strategie überlegt: "Wenn Fahrzeuge sehr schnell von hinten ankommen, mache ich kurz das Warnblinklicht an."

Sich der Gefahren bewusst sein

Eine brenzlige Situation erlebte die Schülerin bereits: Als die Bundesstraße wegen Bauarbeiten gesperrt war, fuhr sie über Eußenheim. Dort habe ein Laster so knapp überholt, dass er beinahe ihren Außenspiegel gestreift hätte. "Das hat mich richtig schockiert. Ich hatte echt Angst, dass der mich irgendwie mitnimmt."

Durch den Artikel der Main-Post hofft sie, dass Verkehrsteilnehmer sich der langsamen Autos bewusst werden. Die mittlerweile 18-Jährige hat nun selbst den Autoführerschein in der Hand und sieht so den Straßenverkehr anders: "Ich habe auch schon überlegt, ob ich auf mein Auto vorbereitet wäre und ich glaube fast, ich wäre es nicht."

Ein Schritt in die Selbstständigkeit auf dem Land

Ein großer Vorteil für die Jugendliche war es, nicht mehr auf die Fahrdienste der Eltern angewiesen zu sein: "Damals war das schon cool, weil ich wirklich selbstständig war", sagt die 18-Jährige. Der weiteste Ausflug führte sie und ihre Freundin zum Frühstücken nach Bad Kissingen. Mit Zwischenstopps waren sie etwa ein bis eineinhalb Stunden unterwegs. "Damals hatte sie noch keinen Führerschein und ich noch keinen 'richtigen'. Da sind wir einfach überall mit meinem Auto hingefahren", sagt Görtler. Das macht sich auch beim Kilometerstand bemerkbar, der schon bei mehr als 12.000 Kilometern liegt.

 
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  • Dominik Temming
    @Werner Müller: Weiß nicht, wieso man sich ein Beispiel daran nehmen sollte, mit dem Auto irgendwo hinzufahren? Ich halte es eher für sehr fahrlässig. Dieses Fahrzeug stellt ein Verkehrshindernis dar. Dazu kaum Knautschzone. Ich halte es für extrem gefährlich, damit außerorts zu fahren. Die Krücke fährt 45 km/h. Andere fahren 110 km/h. Die junge Dame hat kaum Chancen, heil rauszukommen, wenn sie von einem Auto, geschweige denn, einem LKW abgeschossen wird.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Herr Temming, Sie sind natürlich nicht alleine mit Ihrer Überheblichkeit.
    Wer so argumentiert ist sicher auch der Meinung, alles,was kleiner als SUV ist, hat gefälligst auf der Straße nix zu suchen.
    Im Straßenverkehr wie auch anderswo kommt es allerdings NICHT auf die Größe an.
    Und Rücksichtnahme ist in erster Linie von den Stärkeren den Schwächeren gegenüber geboten und einzufordern.
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  • Dominik Temming
    Ach der Georg Wohlfart-Mitznegg. Weil sie die SUV-Keule auspacken, formuliere ich es für Sie mal mal anders: Ich würde meine Kinder aus Angst niemals in so ein Auto setzen. Rein aus Sicherheitsgründen. Aber man merkt, viele Kommentatoren hier sprechen von StVo und CoC Zulassungen usw. Wenn das Ding in einen Unfall verwickelt ist und ihr Kind querschnittsgelähmt ist, dann bin ich gespannt was von diesem Gesetzes- Legalitäts Straßenregeln bla bla noch übrig bleibt bei ihnen.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Bleiben Sie samst Ihrem Nachwuchs Zuhause, erledigen Sie absolut notwendige Besorgungen zu Fuß, meiden Sie sämtliche Fortbewegungsmittel mit Motorantrieb und seien Sie sich dessen eingedenk, daß auch der bravste Gaul plötzlich scheuen kann und vielleicht mit Ihnen durchgehen wird.

    So machen Sie sicher ALLES richtig und die allgemeinen Lebensrisiken sind für Sie und die Ihrigen auf ein Mindestmaß reduziert.

    Ich persönlich halte trotzdem einiges davon,mit Rücksichtnahme und Verständnis für schwächere Verkehrsteilnehmende umsichtig und vorausschauend am gesellschaftlichen Leben und den sich dadurch bedingenden öffentlichen Verkehrsbewegungen teilzunehmen.

    Das kann ja jeder Mensch nach freiem Willen für sich selbst entscheiden.
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  • Stefan Krug
    es gibt auch Golf+ Fahrer
    die zuckeln mit 60 über die Landstraße
    die sind genauso ein Verkehrshindernis
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Wobei die Langsamfahrenden halt weniger das Problem sind, sondern eher Diejenigen, die ständig unter Strom stehen und "mal schnell" irgendwo hin wollen.
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  • Werner Müller
    Herr Temming Ihnen mal zur Kenntnis: Das Fahrzeug hat ein COC-Papier und ist versichert. Es kann sogar freiwillig zugelassen werden und erhält somit sogar ein amtl. Kennzeichen. Dies kann ich schon alleine aus versicherungstechnischen Gründen jedem empfehlen, der in der Kfz-Haftplicht nicht mit über 100 Prozent beginnen will. Mit COC-Papier und Versicherungskennzeichen darf es am Straßenverkehr teilnehmen. Ein Verkehrshindernis ist es somit nicht. Ich kenne auch noch den § 1 der StVO. Darin heißt es unter anderem: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert gegenseitige Rücksicht. Diese Tugend ist leider in Deutschland verloren gegangen. Zeit zum Umdenken. Und das Fahrzeug von Marie-Sophie ist allemal alltagstauglicher als ein Kleinkraftrad.
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  • Werner Müller
    Liebe Marie-Sophie, eine tolle Leistung! Du nimmst sehr viel auf Dich. Könnte sich der eine oder andere Jugendliche ein Beispiel nehmen. Weiter so! Und wenn einige Kommentatoren meinen, das Einschalten der Warnblinkanlage sei nicht erlaubt, mache es trotzdem - die StVO kennt eben nicht jeder und sogar manche nicht, die einen Führerschein haben. LOL grinsen)
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  • Roland Rösch
    Frag die Maus
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  • Roland Rösch
    Winter wäre mir zu gefährlich gewesen und mit Warnblinker zu fahren is auch nicht erlaubt weil nur für Panne und Stau. Schön das die ganze Zeit nichts passiert is aber jetzt besser mit Auto Fahren.
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  • Ute Schlichting
    Wo fährt Sie mit Warnblinker ? Wenn Fahrzeuge sehr schnell von hinten ankommen, mache ich kurz das Warnblinklicht an."
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  • Roland Rösch
    Falsche Antwort. Wenn vor mir kein Stau ist hat Warnblinker aus zu sein . Eine solche Situation ist kommendes Stauende Autobahn .
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  • Kurt Bach
    Hallo Herr Rösch, Warnblinkanlage ist bei "Gefahrensituationen" einzuschalten. Ich halte dieses Fahrzeug bei schnellem Nachfolgeverkehr für eine Gefahrensituation.
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  • Werner Müller
    Hallo Herr Bach, Sie verstehen zumindest die StVO!
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  • Roland Rösch
    Schmarren da dürfte das Fahrzeug nur noch mit Dauer blinken bei Nacht Fahren.
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  • Helga Scherendorn
    @Roland, es ist besser das Warnblinklicht einzuschalten, dann weiß auch der mit 100km/h ankommende Autofahrer, dass hier ein Hinderniss ist, ansonsten in dieser Jahreszeit mit Regen und Nebel nicht richtig abzuschätzen, ob die Rücklichter da vorne nur mit 40Km/H entlangzuckeln!
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  • Werner Müller
    Hallo Frau Scherendorn, danke für den gesunden Menschenverstand!!
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  • Anton Müller
    Besser noch wäre, wenn die ÖPNV-Verbindungen besser passen würden, dann bräuchte es überhaupt kein Auto.
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  • Werner Müller
    Hallo Herr Müller, das ist in dieser Ortschaft, in der Marie-Sophie lebt, ein Dauerthema seit sage und schreibe 40 Jahren!! Das war schon zu meiner Schulzeit so!
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  • Michael Wolfrum
    Lieber Herr Rösch,
    wenn man sich im Straßenverkehr bewegt, sollte man die Vorschriften schon weitgehend kennen. Einige Fahrschulen bieten hierfür sogar Kurse an.

    §16 StVO: Im Übrigen darf außer beim Liegenbleiben (§ 15) und beim Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a) Warnblinklicht nur einschalten, wer Andere durch sein Fahrzeug gefährdet oder Andere vor Gefahren warnen will, zum Beispiel bei Annäherung an einen Stau oder bei besonders langsamer Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen und anderen schnell befahrenen Straßen.
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