"Locker, leicht, unbeschwert und frei" – von Anfang an stimmte am Samstagabend die Chemie zwischen dem Publikum und dem Kabarettisten aus KG, dem Königreich Garitz. Michl Müller war vor ausverkaufter Festhalle zu Gast bei den Erlenbacher Linsenspitzern. Ja, das fühlte sich gut an, wie der Kabarettist musikalisch eröffnete.
Die Corona-Pandemie bestimmte auch an diesem Abend seine heiteren Betrachtungen des unterfränkischen Alltags auf dem Land, in denen sich jeder auch ein wenig selbst erkennen konnte. Hermann Diener hatte Müller auf der Bühne begrüßt und auf die noch unvermeidlichen Hygieneregeln bei solchen Veranstaltungen hingewiesen. Eine professionelle Technik unterstützte mit Licht, Ton und Effekten das Geschehen bestens.
Und das begann mit munteren Erzählungen aus dem Lockdown, von der Schutzmaske mit Eingriff aus einer alten Ünnerhose, über Nachbarsfrau Aileens selbst gemachte Meisenknödel bis hin zur adäquaten Alternative zum bisherigen Holzmachen, dem Umarmen der Bäume beim neuen Waldbaden-Trend. Müller versteht sich darauf, sein Publikum direkt anzusprechen und das funktioniert auch nach vielen Bühnenjahren auf Anhieb. Das "Schweizer-Paar" Andi und Patricia aus "Deafdl" durften diesmal daran glauben, beim Apfelbreikochen mit dem Wundergerät modernster Kochkunst, dem Thermomix
Nach dem Lockdown endlich in den Baumarkt
Kurz dachte der Kabarettist nach, ob der italienische Nachname von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo eigentlich "Arme Sau" heiße. Er deutete dessen oft lahmende, digitale Lernplattform Mebis als Abkürzung für den Satz "Mit elf Benutzern ist Schluss". Und schon erklang eine leidenschaftliche Liebeserklärung, diesmal an die Unterhose: "Du bist immer für mich da!" Mit seinen Liedern sorgt Müller für Bewegung im Publikum, bringt Struktur in seinen rasenden Vortrag, schafft Raum für neue Konzentration.
Nach Betrachtungen zum "Übergangsjäckle", zu einer Kindheit zwischen Flutschfinger-Eis oder Wellensittich Hansi mit den "Jod S11-Körnchen" kam Müller auf das Lockdown-Thema Nummer 1 zu sprechen. Nein, was wurde nicht alles gesägt, gehämmert und betoniert, nachdem die Baumärkte erst einmal wieder öffnen durften. Auch der Michl baute dahämm um.
Natürlich net selber, denn der Garitzer hat nach eigenem Bekunden zwei linke Händ‘. So durfte das Publikum den visionären Architekten Rudi kennenlernen, der die Wünsche des Bauherrn von deckenhohen Wandfließen bis zu rosskastanienfarbigen Alu-Fenstern einfach nur erspürt. Er weiß, was gut und teuer ist. Und die Verputzer-Schweigemönch-Truppe oder das tatkräftige Bauhandwerkertrio "Mörtel, Dübel und Boschhammer" setzen das dann auch eiskalt ins Werk. Bald schon groovte man im "fränkischen Reggae-Feeling" zur Hymne "Ich und mein Akku-Schrauber".
Müller: "Lieber verrückt bleiben, als sich verrückt machen lassen!"
So ging es, immer wieder einmal musikalisch ein- und zwischengestimmt, vom Ausräumen über die anspruchsvolle Planung von Heizung, Bad und Küche bis hin zur unvermeidlichen Einweihungsfeier. Bei dieser führte Müller das gesamte Programm mit zahllosen Gags unterhaltsam und kunstvoll nochmals vor Augen. Es war ein nach langer Corona-Pause ein fast schon erlösender Abend, schwungvoll, handfest unterfränkisch und doch eine satirische Form der Liebeserklärung an die Zeitgenossen mit all ihren Widersprüchen und Schrullen.
"Verrückt nach Müller" lautete der Titel des flotten Programms, das dem Kabarettisten durchaus einiges in weit über zweistündiger Dauer allein auf der Bühne abforderte. Er selbst hatte einen Tipp für sein Gäste: "Lieber verrückt bleiben, als sich verrückt machen lassen!" Das Publikum dankte ihm und dem Veranstalter mit großem Applaus und wurde mit einem Medley der größten Michl-Müller-Hits als Zugabe nach Hause geschickt, vom "Vollwärmeschutz der Liebe" bis zur Ode an die "Fleischereifachverkäuferin".