"Stern Marktheidenfeld würde ich mal sagen", meinte Harald Blome beim Blick auf die Karte an der Wand, die die Buslinien und deren Einzugsgebiete im südlichen Landkreis Main-Spessart zeigte. In der Tat: Viele Verbindungsachsen laufen über die Stadt am Main. Und mit dieser haben die Nahverkehrsplaner Großes vor. Blome: "Wir wollen Marktheidenfeld zu einem Verkehrsknoten entwickeln." Wie das geschehen soll und welche Konsequenzen das haben könnte, erläuterte der Mitarbeiter der vom Landkreis beauftragten NahverkehrsBeratung SüdWest (Heidelberg) gemeinsam mit der MSP-Nahverkehrsbeauftragten Monika Mützel am Dienstagabend im evangelischen Gemeindehaus. Da ging es zuweilen auch emotional zu.
24 Buslinien im Landkreis Main-Spessart werden in diesem Frühjahr in acht Linienbündeln ausgeschrieben. Die Zielsetzung ist klar: Der ÖPNV soll attraktiver und der Bus für mehr Menschen eine Alternative zur Fahrt mit dem eigenen Auto werden. Und klar sind laut Mützel auch die politischen Vorgaben: "Das heutige Verkehrsangebot darf auf keinen Fall verschlechtert werden." Ob dies erreicht wird, darüber gab es beim Teilraumgespräch für die Kommunale Allianz Raum Marktheidenfeld am Dienstag unterschiedliche Auffassungen. In der lebhaften Diskussion, an der rund 30 Vertreter aus Gemeinden, Schulen und Wirtschaft sowie am Nahverkehr Interessierte teilnahmen, wurde auch kräftig geschimpft.
So meinte etwa der Rothenfelser Bürgermeister Michael Gram: "Für mich ist das hier eine Alibi-Veranstaltung. Sie präsentieren Ihre Sachen, hören sich das an und ändern tut sich nichts." Grams Verärgerung war verständlich, soll doch Bergrothenfels wie auch Windheim aus der Linie 8050 Marktheidenfeld-Lohr in die Linie 8094 Marktheidenfeld-Marienbrunn ausgegliedert werden. Für die Fahrgäste hieße dies: Umsteigen in Hafenlohr. Für Gram ist das ein Unding angesichts von jährlich 45 000 Übernachtungen auf der Burg in Bergrothenfels.
Schlechte Anbindung am Wochenende
Enttäuscht schauten auch der Esselbacher Bürgermeister Richard Roos und seine Kollegin aus Bischbrunn, Agnes Engelhardt bei der Präsentation. Roos erhofft sich gerade an den Wochenenden eine Verbesserung und betonte: "Wenn am Samstag um 11 Uhr der letzte Bus fährt und der nächste erst am Montag wieder, dann fahren die Leute natürlich mit dem Auto." Und Engelhardt wünscht sich den Schulterschluss mit dem Nachbarlandkreis Aschaffenburg, um besser an den dortigen Bahnhof zu kommen. "Oder bleibt Bischbrunn eine Sackgasse?" fragte sie.
Schon diese Beiträge zeigten, dass die Anforderungen an den Öffentlichen Personennahverkehr groß sind. "Wir haben im Busverkehr auch das Problem, dass wir ein wenig Gießkannenverkehr machen – wir fahren überall ein bisschen hin", räumte Berater Blome ein. Das, so zeigten seine und Mützels Ausführungen, sind nicht die Stellschrauben, an denen man aus ihrer Sicht den ÖPNV attraktiver bekommen kann. Dies sind andere: Kürzere Taktung mit Schnellbuslinie auf der Achse Marktheidenfeld-Lohr und weiter bis Wertheim, eine Linienbereinigung auf der Strecke Marktheidenfeld-Würzburg, die das Zeug zur "landesbedeutsamen Buslinie" habe und entsprechend vom Staat gefördert werden könne, eine Verbindung der Linienbündel auf den Achsen Lohr-Urspringen-Karlstadt und Marktheidenfeld-Birkenfeld-Zellingen. Dass in Marktheidenfeld die Hauptlinien halbstündig zusammenkommen und von dort weiterfahren, ist Blomes Vision.
Die meisten dieser Schritte bringen auch im Schülerverkehr etwas und das ist vielen ein Anliegen. "Wir müssen sehen, dass wir die Schüler hier im Landkreis halten", gab Urspringens Bürgermeister Volker Hemrich zu bedenken. Und FOS/BOS-Schulleiter Gerd Dobesch notierte erfreut: "Wenn die Schüler in 25 Minuten von Lohr nach Marktheidenfeld kommen, dann ist das eine echte Alternative zur Zugfahrt von Lohr nach Aschaffenburg." Wichtig ist vielen auch die Anbindung an den Bahnhof in Retzbach. Wenn der Bus die Endstation Rathaus Zellingen habe, dann sei das für Bürger, die nach Würzburg wollten, uninteressant, meinte Hemrich, und umgekehrt sei das auch wichtig für Schüler des neuen ABU-Zweigs an der FOS/BOS in Marktheidenfeld, dem einzigen in Unterfranken.
Mützel: Grundkonzept ist der erste Schritt
Ob von Haslochs Bürgermeister Karl-Heinz Schöffer oder Schollbrunns Bürgermeisterin Thea Kohlroß, ob von der Trennfelderin Karin Geier ("Nächstes Jahr kommt mein Enkel in die Schule und die Busverbindung ist immer noch so schlecht wie bei seinem Vater") oder Hafenlohrs zweiter Bürgermeisterin Elisabeth Stahl aus Windheim – es gab noch etliche Anliegen an die Busplaner. Doch Illusionen machte ihnen Nahverkehrsauftragte Mützel nicht: "Wir sind jetzt gerade dabei, das Grundkonzept aufzubauen." Das sei der erste Schritt, dem weitere folgen müssten.
"Sie können nicht alle Wünsche erfüllen", sah Marktheidenfelds Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder, die Vorsitzende der 14 Gemeinden umfassenden Allianz, ein. Aber Ziel müsse ein optimales ÖPNV-Netz sein. Wo es Lücken gebe, werde man sich in der Allianz überlegen, ob die weißen Seiten mit Angeboten wie Bürgerbussen zu füllen sind. Für den Nahverkehr müsse der Landkreis eben richtig Geld in die Hand nehmen, forderte Volker Hemrich. An Eigenmitteln des Landkreises für den Busverkehr sind im Haushalt 1,16 Millionen Euro für 2019 eingestellt.