
Neue Zeiten im Marktheidenfelder Stadtrat. Corona-Zeiten, die sich darin zeigten, dass aus Abstandsgründen nur 15 Besucher in die konstituierende Sitzung konnten, weshalb eine ganze Reihe Interessierter vor verschlossener Rathaustür blieb, und dass Mundschutz angesagt war – beim neuen Bürgermeister Thomas Stamm übrigens mit Stadtwappen bedruckt. Neue Zeiten auch an der Spitze, wo neben Stamm mit Christian Menig und Dirk Hartwig zwei neue weitere Bürgermeister gewählt wurden. Auch zehn der 24 Stadträte sind neu.
Wie würde Thomas Stamm, dem der älteste Stadtrat Ludwig Keller den Diensteid abnahm, seine erste Sitzung meistern, und wer würde zu seinen Stellvertretern gewählt? Dies waren die spannendsten Fragen der Sitzung, vor der die neue Wählergruppierung proMAR öffentlichen Druck zu Gunsten ihres Kandidaten aufgebaut hatte. Nun, Stamm machte seine Sache gut, ruhig und sachlich. Er bedauerte, dass es aufgrund der Pandemie Beschränkungen für die Sitzung geben musste, und betonte, dass es durch die Corona-Krise auf allen Feldern und weltweit Veränderungen gibt. Stamm: "Das stellt uns vor neue Herausforderungen, neue Überlegungen sind gefragt und neue Wege sind zu beschreiten."

Bürgermeister will mit Stadtrat in Klausur gehen
Es gelte, als Stadtrat besonnen zu arbeiten und als Stadt die begonnenen Projekte fertig zu stellen. Stamm möchte aber auch, unter Beachtung der städtischen Finanzen, neue Ideen entwickeln. Schon heute kündigte er deshalb eine Klausur für den Stadtrat an. "Wir müssen die Form der Bürgerbeteiligung festlegen, wieder Beiräte ins Leben rufen und uns ein neues Leitbild geben", kündigte er als einen Arbeitsauftrag an. Dass es einen eigenen Ausschuss für Stadtentwicklung gibt, ist ein Zeichen für künftige Schwerpunktsetzungen.
Vor der Wahl der weiteren Bürgermeister vereidigte Stamm die neu ins Gremium gewählten Bürgervertreter: Mario Riedmann (CSU), Heinz Richter, Florian Hoh, Klaus Hock, Caroline Kutz (alle proMAR), Bernhard Kempf, Holger Seidel (beide Freie Wähler), Susanne Rinno, Dirk Hartwig und Xena Hospes (alle Grüne). Mit fünf Fraktionen sind künftig zwei mehr als bisher im Stadtrat vertreten. Die Sitzverteilung: CSU acht Sitze, proMAR fünf Sitze, Freie Wähler fünf Sitze, Grüne vier Sitze und SPD zwei Sitze.

Richter: Zweiter Bürgermeister für zweitstärkste Fraktion
Zwei weitere Bürgermeister soll es geben, so lautete der einstimmige Beschluss des Gremiums. Wie erwartet schlug der Fraktionsvorsitzende von proMAR, Heinz Richter, seinen Stellvertreter Florian Hoh für das Amt des Zweiten Bürgermeisters vor. Dieser bringe als Verwaltungsleiter des Marktes Triefenstein die besten Voraussetzungen mit. Die zweitstärkste Fraktion solle auch den Zweiten Bürgermeister stellen, verwies Richter auf bisherige Gepflogenheiten im Rat. Richter verband seinen Antrag mit dem Wunsch auf eine faire und kollegiale Stadtratsarbeit und größtmögliche Transparenz.
Der neue CSU-Fraktionschef Richard Oswald schlug seinen Amtsvorgänger Christian Menig vor. Dieser verfüge über 15 Jahre kommunalpolitische Erfahrung, kenne die Stadt und die Stadtratsarbeit in all ihren Facetten und arbeite zielstrebig und zukunftsorientiert. Menigs Wahl würde dem Wählerwillen entsprechen, habe dieser doch mit fast 4800 Stimmen die mit Abstand meisten Stimmen bei der Stadtratswahl erhalten. In der anschließenden geheimen Wahl entfielen 15 Stimmen auf Menig, zehn auf Hoh.
Neuling Hartwig löst Amtsinhaber Hörnig ab
Als Dritten Bürgermeister schlug FW-Fraktionssprecher Burkhard Wagner den Amtsinhaber Joachim Hörnig vor. Dieser übe sein Amt seit 2018 gewissenhaft, loyal und mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung aus. Hörnig sei in vielen Vereinen und Bereichen in der Stadt engagiert, vor allem für den Naturschutz. Grünen-Fraktionschefin Ruth Haag wollte eigentlich, dass sich ihr Kandidat Dirk Hartwig selbst vorstellt. Das sei nicht vorgesehen, bremste sie Bürgermeister Stamm. Haag bezeichnete ihren Bewerber als offenen, um gemeinsame Lösungen ringenden Politiker, der die Mehrheitsmeinung gut nach außen zu repräsentieren verstehe. Die geheime Wahl ging mit 14:11 Stimmen für Hartwig aus.
Einstimmige Beschlüsse fielen zu den Entschädigungen für die Bürgermeister: Der Zweite Bürgermeister erhält monatlich 620 Euro, der Dritte 340 Euro. Bei Vertretungen ab dem vierten Tag des Kalendermonats wird pro Tag 1/30 des Grundgehalts des ersten Bürgermeisters gewählt. Dieser wird nach B2 bezahlt (7865 Euro). Als zusätzliche Dienstaufwandsentschädigung legte der Stadtrat 700 Euro für Stamm fest. Alle Stadträte erhalten 50 Euro im Monat plus 50 Euro Sitzungsgeld für Rats- und Fraktionssitzungen sowie 30 Euro für Ausschusssitzungen. Für die Fraktionssprecher gibt es 50 Euro Aufschlag sowie zehn Euro je Fraktionsmitglied.
Vier Zehner- und drei Sechser-Ausschüsse
Die Besetzung der Ausschüsse erfolgt nach d'Hondt, sodass beispielsweise dem zehnköpfigen Bau- und Umweltausschuss neben dem Bürgermeister noch drei CSU-Räte (Helmut Adam, Michael Carl, Wolfgang Hörnig) und jeweils zwei Räte von proMAR (Heinz Richter, Florian Hoh), von Freien Wählern (Joachim Hörnig, Bernhard Kempf) und Grünen (Dirk Hartwig, Xena Hospes) sowie ein SPDler (Martin Harth) angehören. Weitere Zehner-Ausschüsse sind jene für Stadtentwicklung, für Soziales sowie für Finanzen und Wirtschaft. Sechser-Ausschüsse gibt es für Personal und Messe- und Marktwesen. Auch dem Rechnungsprüfungsausschuss gehören mit Wolfgang Hörnig, Susanne Riedmann, Caroline Kutz, Berhard Kempf, Ruth Haag und Hermann Menig sechs Mitglieder an.
Nachdem die Geschäftsordnung beschlossen und die drei Bürgermeister zu Eheschließungsbeamten bestellt waren, verabschiedete Thomas Stamm mit Dankesworten für ihre Arbeit und Loyalität Martin Harth und Joachim Hörnig aus dem Bürgermeisteramt. Viele Stunden hätten sich beide für die Stadt eingesetzt, Hörnig seit November 2018 als Dritter Bürgermister und Harth seit jenem Tag als Zweiter und schon seit 2002 als Dritter Bürgermeister.
Stamm bat um Verständnis, falls es bei ihm als Neuling "anfangs noch etwas hakelt" in der Amtsführung. Sein abschließender Blick in die Ratsrunde erfüllte ihn mit Zuversicht: "Ich denke, wir arbeiten in diesem Gremium sehr gut zusammen."