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Marktheidenfeld
Marktheidenfeld: Braucht es mit aller Macht neue Baugebiete?
In Marktheidenfeld fehlt Wohnraum. Deshalb treibt der Stadtrat neue Wohnbaugebiete immer weiter voran. Trotzdem: Einige Behörden und Fraktionen äußern Bedenken.
Blick auf Marienbrunn.
Foto: Martin Harth | Blick auf Marienbrunn.
Martin Hogger
Martin Hogger
 |  aktualisiert: 25.10.2020 02:18 Uhr

Marktheidenfeld ist eine Stadt der Arbeitsplätze. Den aktuellsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge sollen es 11 765 sein. Marktheidenfeld hat 12 000 Einwohner, über 9000 Menschen pendeln jeden Tag in die Stadt. Einige davon würden sich gerne in der Nähe ihres Arbeitsplatzes niederlassen und ein Haus bauen. Die Stadt bietet auf ihrer Internetseite aber nur noch sechs Bauplätze in Glasofen, Oberwittbach und Zimmern an. Es herrscht deshalb großes Interesse an bald entstehenden Bauplätzen.

Am Altfelder Wohngebiet "Märzfeld" haben laut Barbara Hartmann vom Liegenschaftsamt 102 Menschen Interesse angemeldet. Es wird dort 41 Bauplätze geben. Für das Bauerwartungsgebiet in Marienbrunn gibt es 17 Anfragen. Die Zahl der Bauplätze beläuft sich aktuell auf 18+X. 

Bei der Sitzung am Donnerstagabend stimmte der Stadtrat deshalb dafür, diese Gebiete weiter voranzutreiben. Zum einen stimmten die Räte einstimmig dem Bebauungsplan für "Märzfeld" zu. Er wird nun öffentlich ausgelegt. Zum anderen sollen die Planungs- und Erschließungskosten für das Wohngebiet in Marienbrunn in den städtischen Haushalt. Nur die Freien Wähler stimmten dagegen.

Trotz Corona: In Zukunft wird es in Marktheidenfeld eher mehr als weniger Arbeitsplätze geben. Mit der Söllershöhe erschließt die Stadt gerade ein weiteres Gewerbegebiet. Das Interesse an Wohnraum in Marktheidenfeld wird in Zukunft eher nicht abreißen. Auch deshalb haben eigentlich alle Fraktionen haben mit dem Thema "Wohnraum schaffen" Wahlkampf betrieben. Aber: Wie schon bei einer Sitzung im Juli sorgt das Thema im Stadtrat immer noch für Streit. Die Diskussion drehte sich erneut um die Frage: Müssen man mit aller Macht sofort neue Baugebiete ausgewiesen werden?

Marktheidenfeld: Braucht es mit aller Macht neue Baugebiete?

Alle Fraktionen wollen Wohnraum schaffen - aber zu welchem Preis?

Laut der CSU, von der der Antrag zum Marienbrunner Baugebiet kam, lautet die Antwort: ja. "Wir müssen der Wahrheit ins Auge schauen und trotz Flächenverbrauch dringend handeln und Baugebiete für unsere Bürger und alle, die es werden wollen, ausweisen", sagte Richard Oswald. Die Stadt besitze die Grundstücke, sie seien schon als Bauerwartungsland ausgewiesen. Zumindest grobe Planungen lägen schon vor, sie seien umsetzbar. "Das Stichwort Einkommenssteuerbeteiligung wollen wir hier jetzt gar nicht einfügen", so Oswald. 

So einfach stellt sich die Sache dann aber nicht dar. Schon den Bedarf für 41 neue Bauplätze in Altfeld musste der Stadtrat in der Sitzung gut begründen. Die Behörden scheinen die Flächensparoffensive der Staatsregierung nun viel ernster nehmen, merkte Martin Harth (SPD) an. Sechs davon, darunter die Regierung Unterfranken und das Landratsamt, schrieben, dass die Einwohnerzahl von Marktheidenfeld, laut einer Prognose, bis 2030 um etwa fünf Prozent zurückgehen wird. Außerdem gebe es 33 Leerstände beziehungsweise durch Leerstand gefährdete Gebäude und Baulucken in Altfeld. Könnte man nicht einfach nachverdichten?

In Altfeld sei das nicht möglich, da kein einziger Besitzer der in Frage kommenden Flächen Interesse an einem Grundstücksverkauf gezeigt habe, so Bürgermeister Thomas Stamm. Außerdem werde die Einwohnerzahl in Altfeld durch die Gewerbeansiedlung nur steigen. Das zeige auch die hohe Nachfrage. 

Gefährliche Verkehrssituation in Marienbrunn? 

In Marienbrunn befürchten die Freien Wähler jedoch einen Schnellschuss. Joachim Hörnig (FW) betonte, dass bei der ehemaligen Ziegelei ein weiteres Baugebiet mit 84 Gebäuden entstehe: "Die CSU tut so, als würde nichts passieren." Burkhard Wagner kritisierte vor allem deren "selbstgebastelte Verkehrsexpertise". Oswald hatte von einem "nicht erkennbaren Nadelöhr" auf dem Weg zum Baugebiet gesprochen. "Es gibt dort keine Gehsteige. Es gab dort schon einen Verkehrsunfall mit Todesfolge. Ich habe keinerlei Verständnis für eine geringe Gefahrenlage", so Wagner. Heinz Richter (proMAR) erinnerte daran, dass die Stadt in ihrem Flächennutzungsplan im Jahr 1999  das Bauerwartungsland oberhalb der St. Barbara-Kirche vorgesehen hatte. Man habe damals die Flächen nicht gekriegt. Dies solle die Verwaltung doch jetzt noch einmal versuchen, so habe man ein schönes geschlossenes Haufendorf. Richter: "Wir brauchen die beste und nicht die schnellste Lösung." 

LD Grafik Bauerwartungsland Marienbrunn
Foto: MP-Grafik Grigull | LD Grafik Bauerwartungsland Marienbrunn

Martin Harth (SPD) störte an dem CSU-Antrag, dass man Baugebiete schon immer so begründet habe. Aber: "Ein weiter so darf es nicht geben." Es dürfe nicht immer weiter in die Fläche gehen. Vielmehr müsse man noch stärke Förderprogramme auflegen, um ein Umdenken bei den Bürgern zu schaffen, in die Altorte zu gehen. Er habe aber kein Problem damit, die Mittel für Planungskosten in den Haushalt zu stellen.

Christian Menig (CSU) ist sich sicher, dass Marktheidenfeld weitere Wohnbaugebiete brauchen wird. Er kritisierte die FW-Fraktion stark: "Was hier mit jungen Familien gemacht wird, die hierher wollen, ist, sie auszuschließen." Er sei maßlos enttäuscht. Holger Seidel (FW) schlug zurück. Er finde es schade, wie sich die CSU hier zur Speerspitze für junge Familien machen wolle. "Wir haben nur berechtigte Bedenken." 

Was wäre die Lösung des Problems? 

Die Wortmeldung von Dirk Hartwig zeigte, wie schwierig diese Debatte ist. Alle Argumente hätten was, sagte der Grüne. Ihm wäre aus ökologischer Sicht lieber, wenn die Menschen in Marktheidenfeld wohnen, anstatt zu pendeln. Ihm wäre auch lieber, junge Familien würden auf städtischer Infrastruktur und nicht auf "rechtlich fragwürdigen Konzeptionen" wohnen. Er meinte damit das Ziegelei-Baugebiet. Die Lösung könnte sein, so Hartwig, das Baugebiet zwar auszuweisen, aber darauf mit besonders ökologischem Wohnen zu experimentieren. 

Für Bürgermeister Stamm war am Ende der Sitzung klar, dass die Stadt ein Gesamtkonzept braucht:"Wir dürfen uns nicht von Antrag zu Antrag hangeln." 

 
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  • C. D.
    Viele Parteien - viele Meinungen !
    Leider keine welche ein vernünftiges Konzept für die Satdt und ihre Ortsteile hat .
    Das heißt sinnvolle Erschließung von Baugebieten und schauen wo man am besten noch die
    Baulücken besetzen und Nachverdichten und wo diverse Häuser in Ortsgebeieten auf Dauer entweder
    renoviert oder neu gebaut werden könnten .
    Dies verbunden mit einen sinnvollen Anreiz , das diese dann keine Erschließungskosten mehr tragen müssten.
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  • B. S.
    Wo kommen denn die 9000 Leute jeden Tag her???
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