
Nach drei Stunden im Sitzungssaal witzelte ein Stadtrat am Donnerstagabend: "Ich brauch' jetzt erst Mal ein Bier". Das sagt einiges über die Stimmung in einer Stadtratssitzung, die schon mit einer hitzigen Debatte über die Zustimmung zum Protokoll der vergangenen Sitzung begann – eigentlich eine einstimmige Routine-Sache.
Holger Seidel (FW) bezog sich auf einen Ausschnitt in eben diesem Protokoll und störte sich an dem Verfahren, dass der Rechnungsprüfungsbericht nicht mit all seinen Mitgliedern und nicht in einer separaten Sitzung abgestimmt worden war. "Ist es dadurch nicht rechtmäßig gewesen?", fragte er. Richard Oswald, bis vor kurzem Vorsitzender des Ausschusses, und Christian Menig, sein Vorgänger, wehrten sich dagegen. Jeder Fraktion habe der Bericht vorgelegen, jede Fraktion hätte Anmerkungen machen können. Abgestimmt werde der Bericht per Mail, wie es schon seit Jahren Geschäftsgebaren sei. Martin Harth (SPD) forderte eine Abstimmung über einen ausformulierten Antrag mit allen Mitgliedern, um einen sauberen Geschäftsgang zu haben. Daran kranke es schon seit Jahren.
Die Diskussionsfreude der Räte zog sich durch die gesamte Sitzung, unter anderem auch bei der Erneuerung der Udo-Lermann-Straße oder der Erhöhung der Beiträge für das Musikinstitut (Bericht dazu folgt). Am kontroversesten diskutiert wurde der letzte Tagesordnungspunkt, ein Antrag der CSU zum Neubaugebiet in Marienbrunn: Das ausführende Ingenieurbüro solle die bereits fertigen Pläne den neuen Stadträten vorstellen, der Stadtrat das Projekt noch 2020 auf den Weg bringen und die notwendigen Gelder bei den Haushaltsberatungen für 2021 einplanen.

Was spricht für ein neues Baugebiet?
Der Stadtrat lehnte den Antrag der CSU mit 13:11 Stimmen ab, verabschiedete jedoch nur wenige Minuten später eine abgewandelte Version. Heinz Richter (proMAr) hatte beantragt, nur über den ersten Satz des CSU-Antrags abzustimmen, der einstimmig angenommen wurde: Die Pläne für ein Neubaugebiet sollen in Kürze noch einmal vorgestellt werden. Ein Neubaugebiet in Marienbrunn ist somit nicht vom Tisch.
Einigen konnten sich die Stadträte auf eins: Marktheidenfeld hat zu wenig Wohnraum. Worauf sie sich nicht einigen konnten, war, wie man das Problem lösen soll. Die CSU argumentierte für das Wohnbaugebiet in Marienbrunn mit 18 Grundstücken, da es bereits ausgewiesen sei. Das wäre der schnellste Weg zu Bauland. Fraktionschef Oswald: "Wir bieten Arbeitsplätze, aber keinen Wohnraum." Die Stadt müsse jetzt handeln, da man ja am Beispiel Märzfeld gesehen habe, wie lange es dauern kann, bis mal ein Haus stehe. Biete man nichts, dann drohe, dass immer mehr junge Familien (und damit deren Einkommenssteuer) aus Marktheidenfeld in umliegende Gemeinden abwandern, wie es Mario Riedmann (CSU) in seinem direkten Umfeld beobachte.
Beistand bekam die CSU von Teilen der Grünen (zwei stimmten dem ursprünglichen CSU-Antrag zu). Dirk Hartwig argumentierte für eine ökologische Bebauung in Marienbrunn. Schnell realisierbarer Wohnraum im Stadtgebiet sei wichtig, damit die Menschen das ebenfalls wenig ökologische Pendeln mit dem Auto in die Stadt vermeiden könnten und der ÖPNV dadurch gestärkt werden würde.
Was spricht gegen ein neues Baugebiet?
Die Freien Wähler, proMar und SPD verwiesen auf die von der Staatsregierung beschlossene Flächensparoffensive und sprachen sich für eine nachhaltige Lösung des Wohnraum-Problems aus. So meinte etwa Burkhard Wagner (FW): "Wir können Bauflächen nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip verteilen.". Sie wiesen auch darauf hin, dass im eigenen Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) von Experten empfohlen werde, weitere Bauflächenausweisungen in Marienbrunn möglichst zu vermeiden. Holger Seidel (FW) forderte als Alternative, die Reaktivierung von Leerständen "massiv zu forcieren", um die Altorte im Stadtgebiet zu beleben. Dafür müsse man auch keine neuen Anschlüsse mehr bauen, könne also Kosten sparen.
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- Hier können Sie das ganze Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) lesen
Auch Heinz Richter und Florian Hoh, deren Fraktion proMar eine Bürgerbefragung zu dem Thema möchte, wiesen auf das GEK hin. Was also steht dort drin?
Die Autoren schreiben, dass in Marienbrunn derzeit keine nennenswerten Flächen zur Nachverdichtung vorhanden seien, was erst einmal für die CSU spricht. Die Autoren schreiben jedoch auch, dass künftig mit einer deutlichen Verschärfung der aktuellen Leerstandssituation im Altort gerechnet werden müsse, was wiederum gegen die CSU spricht. "Die Größenordnung von Wohngebäuden, die lediglich von ein bis zwei Personen über 65 Jahren genutzt werden, hat mit über 20 Prozent des Wohngebäudebestands einen sehr kritischen Wert."
Die Opposition will also die nachhaltige Lösung, die CSU die schnellste, was Christian Menig (CSU) zur Bemerkung verleitete, die Opposition betreibe "billige Auf-Zeit-Spielerei". Eine Nachverdichtung sei höchstens eine begleitende Maßnahme. Helmut Adam (CSU) fügte an, dass man nicht warten könne, bis die älteren Marienbrunner gestorben seien.
Am Ende versuchte sich die SPD in einer Kompromissfindung. Man solle die Planung publik machen, das Baugebiet vorstellen und anhand der Nachfrage weitere Entscheidungen treffen. Aktuell gibt es laut Barbara Hartmann vom Liegenschaftsamt für Altfeld 70 Interessierte bei etwa 40 Bauplätzen, für Marienbrunn gibt es nur zwei Interessierte.
Wenn in Altfeld 30 Interessenten zu viel sind, würde der ein oder andere auch nach Marienbrunn ziehen.
Evtl macht man nur 9 Bauplätze.
Man kann natürlich wie immer nichts machen und dann in 20 Jahren eine Zwangs FW einführen, weil keiner mehr da ist.
Der aktuelle Leerstand sind 3 Häuser. Alle drei Häuser sind nur über einen Gemeinschaftshof zu erreichen. Zum Verkauf steht keines dieser Gebäude. Zwei sind Im Wiesengrund, eins in der Wachengrundstraße.
Es fehlt jetzt schon eine halbe Generation. Lasst es bitte keine ganze werden.
Nummer kleiner. Zeichen für die Zukunft setzen sieht anders aus.
An den Kaufverträgen aber bitte nicht vergessen die Anhänge für die Beitrittserklärungem der Marienbrunner FW anzuheften. Am besten macht ihr das Haus aber doppelt so hoch, da Zimmern die gleichen Probleme bekommen wird.
*Sarkasmus off
Vielleicht versteht es die CSU auch irgendwann, dass es nur MIT den Bürgern geht. Ein Herr Menig möchte ja bestimmt auch nicht, dass der Stadtrat beschließt, dass gegenüber von seinem Domizil eine neue Disco aufmacht. Da würden er und seine Nachbarn bestimmt vorher gefragt werden wollen. Oder..? proMAR setzt schon Akzente. Die Bürger mit ins Boot zu holen ist das A und O. Bravo proMAR! Weiter so!
Bei diesen Wahlveranstaltungen wäre Zeit gewesen über Baugebiete zu reden.
Nummer kleiner. Zeichen für die Zukunft setzen sieht anders aus.
Die Hoffnung vieler Wähler schnell dahin.
Ein dringend notwendiges Baugebiet wäre ein Zeichen gewesen!
Stattdessen schließen sie sich den Freien Waflern an. Warten, reden und mal schauen, gab es schon vorher im Stadtrat! Nix Neues!
Enttäuschung für alle Seiten, Wähler und Häuslesbauer.