zurück
Marktheidenfeld
Debatte um Marienbrunner Baugebiet: "Billige Auf-Zeit-Spielerei"
Es war eine hitzige Diskussion im Stadtrat. Die CSU hatte beantragt, sofort ein Wohnneubaugebiet in Marienbrunn auf den Weg zu bringen. Unterstützung kam nur von den Grünen.
 Das Bauerwartungsland im Marktheidenfelder Stadtteil Marienbrunn.
Foto: MP-Grafik Grigull |  Das Bauerwartungsland im Marktheidenfelder Stadtteil Marienbrunn.
Martin Hogger
Martin Hogger
 |  aktualisiert: 11.02.2024 23:56 Uhr

Nach drei Stunden im Sitzungssaal witzelte ein Stadtrat am Donnerstagabend: "Ich brauch' jetzt erst Mal ein Bier". Das sagt einiges über die Stimmung in einer Stadtratssitzung, die schon mit einer hitzigen Debatte über die Zustimmung zum Protokoll der vergangenen Sitzung begann – eigentlich eine einstimmige Routine-Sache.

Holger Seidel (FW) bezog sich auf einen Ausschnitt in eben diesem Protokoll und störte sich an dem Verfahren, dass der Rechnungsprüfungsbericht nicht mit all seinen Mitgliedern und nicht in einer separaten Sitzung abgestimmt worden war. "Ist es dadurch nicht rechtmäßig gewesen?", fragte er. Richard Oswald, bis vor kurzem Vorsitzender des Ausschusses, und Christian Menig, sein Vorgänger, wehrten sich dagegen. Jeder Fraktion habe der Bericht vorgelegen, jede Fraktion hätte Anmerkungen machen können. Abgestimmt werde der Bericht per Mail, wie es schon seit Jahren Geschäftsgebaren sei. Martin Harth (SPD) forderte eine Abstimmung über einen ausformulierten Antrag mit allen Mitgliedern, um einen sauberen Geschäftsgang zu haben. Daran kranke es schon seit Jahren. 

Die Diskussionsfreude der Räte zog sich durch die gesamte Sitzung, unter anderem auch bei der Erneuerung der Udo-Lermann-Straße oder der Erhöhung der Beiträge für das Musikinstitut (Bericht dazu folgt). Am kontroversesten diskutiert wurde der letzte Tagesordnungspunkt, ein Antrag der CSU zum Neubaugebiet in Marienbrunn: Das ausführende Ingenieurbüro solle die bereits fertigen Pläne den neuen Stadträten vorstellen, der Stadtrat das Projekt noch 2020 auf den Weg bringen und die notwendigen Gelder bei den Haushaltsberatungen für 2021 einplanen. 

Es gibt drei Möglichkeiten, das Baugebiet in Marienbrunn eventuell zu bebauen.
Foto: Röschert Ingenieure | Es gibt drei Möglichkeiten, das Baugebiet in Marienbrunn eventuell zu bebauen.

Was spricht für ein neues Baugebiet? 

Der Stadtrat lehnte den Antrag der CSU mit 13:11 Stimmen ab, verabschiedete jedoch nur wenige Minuten später eine abgewandelte Version. Heinz Richter (proMAr) hatte beantragt, nur über den ersten Satz des CSU-Antrags abzustimmen, der einstimmig angenommen wurde: Die Pläne für ein Neubaugebiet sollen in Kürze noch einmal vorgestellt werden. Ein Neubaugebiet in Marienbrunn ist somit nicht vom Tisch. 

Einigen konnten sich die Stadträte auf eins: Marktheidenfeld hat zu wenig Wohnraum. Worauf sie sich nicht einigen konnten, war, wie man das Problem lösen soll. Die CSU argumentierte für das Wohnbaugebiet in Marienbrunn mit 18 Grundstücken, da es bereits ausgewiesen sei. Das wäre der schnellste Weg zu Bauland. Fraktionschef Oswald: "Wir bieten Arbeitsplätze, aber keinen Wohnraum." Die Stadt müsse jetzt handeln, da man ja am Beispiel Märzfeld gesehen habe, wie lange es dauern kann, bis mal ein Haus stehe. Biete man nichts, dann drohe, dass immer mehr junge Familien (und damit deren Einkommenssteuer) aus Marktheidenfeld in umliegende Gemeinden abwandern, wie es Mario Riedmann (CSU) in seinem direkten Umfeld beobachte. 

Beistand bekam die CSU von Teilen der Grünen (zwei stimmten dem ursprünglichen CSU-Antrag zu). Dirk Hartwig argumentierte für eine ökologische Bebauung in Marienbrunn. Schnell realisierbarer Wohnraum im Stadtgebiet sei wichtig, damit die Menschen das ebenfalls wenig ökologische Pendeln mit dem Auto in die Stadt vermeiden könnten und der ÖPNV dadurch gestärkt werden würde. 

Was spricht gegen ein neues Baugebiet?

Die Freien Wähler, proMar und SPD verwiesen auf die von der Staatsregierung beschlossene Flächensparoffensive und sprachen sich für eine nachhaltige Lösung des Wohnraum-Problems aus. So meinte etwa Burkhard Wagner (FW): "Wir können Bauflächen nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip verteilen.". Sie wiesen auch darauf hin, dass im eigenen Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) von Experten empfohlen werde, weitere Bauflächenausweisungen in Marienbrunn möglichst zu vermeiden. Holger Seidel (FW) forderte als Alternative, die Reaktivierung von Leerständen "massiv zu forcieren", um die Altorte im Stadtgebiet zu beleben. Dafür müsse man auch keine neuen Anschlüsse mehr bauen, könne also Kosten sparen.

Auch Heinz Richter und Florian Hoh, deren Fraktion proMar eine Bürgerbefragung zu dem Thema möchte, wiesen auf das GEK hin. Was also steht dort drin? 

Die Autoren schreiben, dass in Marienbrunn derzeit keine nennenswerten Flächen zur Nachverdichtung vorhanden seien, was erst einmal für die CSU spricht. Die Autoren schreiben jedoch auch, dass künftig mit einer deutlichen Verschärfung der aktuellen Leerstandssituation im Altort gerechnet werden müsse, was wiederum gegen die CSU spricht. "Die Größenordnung von Wohngebäuden, die lediglich von ein bis zwei Personen über 65 Jahren genutzt werden, hat mit über 20 Prozent des Wohngebäudebestands einen sehr kritischen Wert." 

Die Opposition will also die nachhaltige Lösung, die CSU die schnellste, was Christian Menig (CSU) zur Bemerkung verleitete, die Opposition betreibe "billige Auf-Zeit-Spielerei". Eine Nachverdichtung sei höchstens eine begleitende Maßnahme. Helmut Adam (CSU) fügte an, dass man nicht warten könne, bis die älteren Marienbrunner gestorben seien. 

Am Ende versuchte sich die SPD in einer Kompromissfindung. Man solle die Planung publik machen, das Baugebiet vorstellen und anhand der Nachfrage weitere Entscheidungen treffen. Aktuell gibt es laut Barbara Hartmann vom Liegenschaftsamt für Altfeld 70 Interessierte bei etwa 40 Bauplätzen, für Marienbrunn gibt es nur zwei Interessierte. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktheidenfeld
Martin Hogger
Bauland
CSU
Debatten
Einkommensteuer
Fraktionschefs
Freie Wähler
Heinz Richter
Ingenieurbüros
Liegenschaftsämter
Mitglieder
Pläne
Richard Oswald
SPD
Stadträte und Gemeinderäte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • H. W.
    Selig die Unwissenden....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. S.
    Man fragt sich ,was es da zu überlegen gibt, dass man in Marienbrunn ein Bauland frei gibt. Wenn es ein Intustriegebiet wäre , würde die erste Fabrik oder Lagerhalle schon stehen. Hauptsache die Gewerbesteuer fließt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Die letzten 15 Jahre sind in Marienbrunn keine 15 Häuser gebaut oder verkauft worden. In dieser Zeit sind ca 20 junge (20-35 jährige) weg gezogen, da es keine Bauoptionen gab. Es gibt nunmal keine Anfragen für etwas dass nicht vorhanden ist. Wir sind ja nicht ehemals DDR. Dort musste man bei Geburt seinen Trabant bestellen. Für einen Bauplatz kann man doch nicht jahrelang warten.
    Wenn in Altfeld 30 Interessenten zu viel sind, würde der ein oder andere auch nach Marienbrunn ziehen.
    Evtl macht man nur 9 Bauplätze.
    Man kann natürlich wie immer nichts machen und dann in 20 Jahren eine Zwangs FW einführen, weil keiner mehr da ist.
    Der aktuelle Leerstand sind 3 Häuser. Alle drei Häuser sind nur über einen Gemeinschaftshof zu erreichen. Zum Verkauf steht keines dieser Gebäude. Zwei sind Im Wiesengrund, eins in der Wachengrundstraße.
    Es fehlt jetzt schon eine halbe Generation. Lasst es bitte keine ganze werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. M.
    Von wegen Zeichen setzen. Sogar die Bayerische Staatsregierung hat erkannt, dass wir nicht alles zubauen können und will den Flächenfrass stoppen müssen.Mindestens 18 Plätze für zwei Interessenten ausweisen ist auch keine Lösung. Es geht auch eine
    Nummer kleiner. Zeichen für die Zukunft setzen sieht anders aus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Genau, baut doch lieber ein 18 Parteien Hochhaus in Marktheidenfeld um nicht so viel Fläche zu verbrauchen.
    An den Kaufverträgen aber bitte nicht vergessen die Anhänge für die Beitrittserklärungem der Marienbrunner FW anzuheften. Am besten macht ihr das Haus aber doppelt so hoch, da Zimmern die gleichen Probleme bekommen wird.
    *Sarkasmus off
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. K.
    Bei den Wahlveranstaltungen war ein Baugebiet Thema und wurde von den Bürgern angesprochen. Würden sich die Damen und Herren der einzelnen Gruppierungen daran erinnern und nach dem Wunsch der Marienbrunner handeln, wäre alles in Ordnung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. W.
    Genau das macht proMAR aus. Das eben nicht so mir nichts dir nichts mal schnell schnell dem Bürger was vor den Latz geknallt wird. Es könnte sich doch herausstellen, dass die Marienbrunner gar kein Neubaugebiet wollen. Vielleicht sind ja auch die Leerstände mit entsprechender Förderung zur Sanierung eine Möglichkeit für junge Familien. Erst wenn geklärt ist was Marienbrunn wirklich will, kann der Stadtrat handeln. Genau dafür steht proMAR. Eben nicht ständig alles ohne die Bürger zu entscheiden. Daher ist eine Bürgerbefragung einfach nur genial und äußerst fair.
    Vielleicht versteht es die CSU auch irgendwann, dass es nur MIT den Bürgern geht. Ein Herr Menig möchte ja bestimmt auch nicht, dass der Stadtrat beschließt, dass gegenüber von seinem Domizil eine neue Disco aufmacht. Da würden er und seine Nachbarn bestimmt vorher gefragt werden wollen. Oder..? proMAR setzt schon Akzente. Die Bürger mit ins Boot zu holen ist das A und O. Bravo proMAR! Weiter so!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Die CSU hat hat mit den Marienbrunnern über Bauplätze geredet, ProMar über das KKH und den Parkplatz am Main. Weder Altfelder, Oberwittbacher, Michelriehter, Glasofner, Marienbrunner und Zimmerer parken dort.
    Bei diesen Wahlveranstaltungen wäre Zeit gewesen über Baugebiete zu reden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. M.
    Von wegen Zeichen setzen. Sogar die Bayerische Staatsregierung hat erkannt, dass wir nicht alles zubauen können und will den Flächenfrass stoppen müssen.Mindestens 18 Plätze für zwei Interessenten ausweisen ist auch keine Lösung. Es geht auch eine
    Nummer kleiner. Zeichen für die Zukunft setzen sieht anders aus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. L.
    Als erstes fällt mir in dem Artikel der Teilsatz " die Opposition betreibe "billige Auf-Zeit-Spielerei" auf. Verstehe ich das richtig ? Wer eine andere Meinung zu einem Thema hat ist "Opposition ". Geht es hier zu wie in der Bundesliga ? Wer holt in der Spielzeit ( Stadtratssitzung ) die meisten Punkte ? Alle Variablen betrachten, beraten und Lösungen mit angenehmen Ergebnissen sollen die Arbeit des Stadtrates ausmachen. Schnell mal ein Baugebiet ausweisen und sich damit zu glorifizieren ist das eine. Eine Lösung mitnichten !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. M.
    Armes Marktheidenfeld! Jetzt ist die Euphorie um promar schon nach zwei Monaten verflogen. Sie wollten was anpacken und Zeichen setzen. Nichts von alle dem.
    Die Hoffnung vieler Wähler schnell dahin.
    Ein dringend notwendiges Baugebiet wäre ein Zeichen gewesen!
    Stattdessen schließen sie sich den Freien Waflern an. Warten, reden und mal schauen, gab es schon vorher im Stadtrat! Nix Neues!
    Enttäuschung für alle Seiten, Wähler und Häuslesbauer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten