Die Frösche wollen gar nicht weg. Obwohl es kalt ist und sie im Freien stehen. Obwohl sie gerade getadelt worden sind, sie sollen nicht so schnell durchs Zimmer rennen und ihre Spielsachen aufräumen. Die Frösche wollen dem Nikolaus noch länger zuhören! Und sie hätten ihm auch noch so viel zu erzählen.
Der Nikolaus! Im kleinen Birkenfeld im Landkreis Main-Spessart ist das seit mehr als einem halben Jahrhundert Josef Hörning. Seit stolzen 52 Jahren tritt er verkleidet im örtlichen Kindergarten auf. Für drei Generationen spielte Hörning mittlerweile die historische Figur: "Ich wär' nicht böse, wenn ein Jüngerer kommt. Sonst mach' ich das halt noch 28 Jahre", sagt der 72-Jährige. Für den es selbstverständlich war, dass er auch in diesem Jahr in die Rolle des Bischofs von Myra schlüpft.
Elternbeirat und Kindergartenträger unterstützen den Nikolausbesuch
Für Claudia Schwöbel, die Leiterin des katholischen Kindergartens St. Josef in Birkenfeld, war es wichtig, die Tradition des Nikolausbesuchs trotz Corona beizubehalten. "Die Kinder kennen die Geschichte vom Nikolaus, aber wenn sie ihn hier sehen, denken sie, dass er wirklich vor ihnen steht", sagt Schwöbel. Das Erlebnis wollte sie ihren Schützlingen nicht nehmen.
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Elternbeirat und Kindergartenträger, der Josefsverein, hätten die Entscheidung unterstützt, bestätigt die Vorsitzende Marita Rentz. Man kenne sich seit langem und vertraue sich, sagt Kindergartenleiterin Claudia Schwöbel: "Sie wissen, dass wir sorgsam mit unserer Verantwortung umgehen." Aber sie könne verstehen, wenn sich andere Einrichtungen gegen einen Besuch des Nikolaus' entschieden hätten.
Freitagvormittag, Josef Hörning zieht sich im Raum neben dem Pfarrsaal um: weißes Gewand, roter Mantel und rote Mitra, Bischofsstab, Jutesack und goldenes Buch. Und natürlich darf der rauschende weiße Bart nicht fehlen, den ihm so mancher Dreikäsehoch schon herunterziehen wollte. In diesem Jahr neu: der Mund-Nasen-Schutz. Hörning könnte die Maske sogar unter dem dichten Bart verstecken. Doch die Kinder sind den Mundschutz gewohnt, sagt Schwöbel. Schließlich würden auch die Erzieherinnen Masken tragen.
Geschenke verteilt der Nikolaus nicht selbst, sondern jede Gruppe für sich
Im Pfarrsaal steht die breite Terrassentür zum Innenhof offen. Der Nikolaus wartet. Nacheinander kommen sechs Gruppen. Die Mäusegruppe ist die erste. Die Kleinsten tapsen mit Pudelmütze, Anorak, Winterstiefel und Handschuhen heran. Sie nähern sich zögerlich dem großen bärtigen Mann, der sie empfängt – mit sonorer Stimme und einem langen "Halloooo".
Mit großen Augen schauen die Kinder ihn an, als er sich als "Vertreter des heiligen Nikolaus" vorstellt. Und irgendwie scheinen sie fast ein wenig froh zu sein, dass zwischen ihnen und dem bärtigen Mann ein Abstand bleibt. Wäre alles wie immer, würde Josef Hörning auf sie zugehen und versuchen, ihnen durch ein großväterliches Lächeln die Schüchternheit zu nehmen. Aber in diesem Jahr stimmt er nur aus der Distanz mit kräftiger Stimme ins Lied ein: "Lässt uns froh und munter sein".
Die größeren Kinder wissen es schon: In dem Sack sind kleine Geschenke! Doch dieses Mal ist es ein wenig anders: Der Nikolaus ruft nicht jedes Kind einzeln auf, um ihm das Präsent zu überreichen und die Gelegenheit zu geben, mal am langen Bart zu zupfen. Stattdessen gibt er einer Erzieherin den ganzen Sack mit. "Dann müssen sie nicht so lange draußen stehen", sagt Hörning. "Und naja, der Abstand halt." Da klingt seine Stimme kaum mehr sonorig, sondern fast ein wenig traurig.
Fröschegruppe stimmt zu, dass auch der Nikolaus Mundschutz tragen müsse
Nach den Mäusen wuselt die Käfergruppe in den Hof. Dazwischen lobt Hörning, wie gut sein Besuch unter Beachtung der Regeln organisiert sei. Selbst dass er nicht im Warmen sitzt, sondern im durchlüfteten Pfarrsaal steht, gewinnt der 72-Jährige Positives ab: "Unter dem Kostüm wird mir schnell warm, etwas frische Luft ist da ganz angenehm." Bitterkalt? Egal, Hörning lässt sich seine Freude an der Rolle nicht nehmen.
Die Kinder der Fröschegruppe sind schon größer - und aufgeweckt. Ausnahmslos alle meinen, brav gewesen zu sein. Ob ihre Erzieherinnen Anja und Jenny es auch waren, will der Nikolaus von ihnen wissen: "Neeeiiin", ruft es ihm entgegen, "die schimpfen manchmal!" Geschenke gibt's trotzdem für alle. Hörning erklärt ihnen, dass auch der Nikolaus in diesem Jahr Mundschutz tragen muss. Die Frösche nicken verständnisvoll, als schätzten sie sein Pflichtbewusstsein.
Irgendwann drängen die beiden Erzieherinnen die Frösche, zurück in die Gruppenraum zu gehen. Denn Igel, Pinguine und Häschen sind ja auch noch dran. An die Geschenke denken die Kinder in diesem Moment nicht, vielmehr wollen sie ihrem Nikolaus noch einmal winken. Josef Hörning winkt zurück. Dass die Maske sein halbes Gesicht verdeckt, macht nichts: Seine Augen lachen.