Mit großen Augen blicken die knapp Dreijährigen aus der Frösche-Gruppe den Nikolaus an, als er mit rotem Mantel, einer Mitra auf dem Kopf, mit weißem Rauschebart und dem Bischofsstab in der Hand den Raum betritt. Doch schnell ist das Eis gebrochen, nachdem sie der imposante Mann mit seiner sonoren Stimme gelobt und nur ein klein bisschen für das wilde Herumrennen im Gruppenraum getadelt hat.
Bereits zum 50. Mal besuchte Josef Hörning am diesjährigen Nikolaustag den Birkenfelder Kindergarten und überbrachte als Bischof Nikolaus jedem Kind ein kleines Präsent. „Damals haben hier drei Schwestern den Kindergarten geführt. Die Schwester-Oberin hat mich so lange bearbeitet, bis ich eingewilligt habe, den Job zu übernehmen“, erinnert sich Josef Hörning an die Anfänge vor 50 Jahren. Damals war der Birkenfelder gerade einmal 20 Lenze jung, hatte aber durch seine Leidenschaft für die Musik bereits Bühnenerfahrung. „Wie man sich denken kann, war ich mit 20 nicht so ganz entzückt“, gibt er offen zu. Er habe auch keineswegs damit gerechnet, dass er das Amt über einen so langen Zeitraum ausübe. „Ich habe gedacht, das mache ich kurz und dann ist wieder Ruhe.“
Doch aus seinem ursprünglichen Plan wurde nichts. Im Gegenteil, mittlerweile ist der 70-Jährige nicht nur in seinem Heimatort im Einsatz, sondern auch im benachbarten Urspringen. „Als mein Enkel Tristan in Urspringen in den Kindergarten gekommen ist und sie dort keinen Nikolaus hatten, habe ich das auch übernommen“, berichtet Hörning mit einem Schmunzeln. Auch in der örtlichen Grundschule und bei Bekannten ist der Birkenfelder gefragt.
Doch welche Veränderungen hat er in dieser langen Zeit ausgemacht? „Früher waren alle Kindergartenkinder zusammen mit ihren Eltern im Pfarrsaal und es gab eine riesige Nikolausfeier“, erklärt der Familienvater und Opa von vier Enkelkindern. Heutzutage zieht er mit seinem Bollerwagen, in dem die gefüllten Socken für die Kinder verstaut sind, von Gruppe zu Gruppe.
Noch gut kann er sich an zwei fünfjährige Zwillingsbuben erinnern, die im Vorfeld bereits erklärt hatten, dass sie dem Nikolaus den Bart herunterziehen würden. „Als ich dann in den Kindergarten gekommen bin, habe ich mir die beiden gleich hervorgeholt und ihnen mit erhobenem Finger gesagt, dass sie dies doch bitte unterlassen sollen. Ganz kleinlaut und sehr brav waren die beiden daraufhin“, berichtet der Birkenfelder mit einem Schmunzeln von der Begebenheit vor rund 35 Jahren.
Auf die Frage nach seinem schönsten Erlebnis überlegt Hörning eine Weile und gibt zu, dass für ihn jeder Einsatz immer wieder ein besonderes Ereignis ist. „Wenn dich die Kinderaugen anstrahlen, ist das der schönste Lohn“, erklärt der Kaufmann, der seine Einsätze ehrenamtlich ausübt, freudestrahlend.
Hat er auch schon einmal ans Aufhören gedacht? „Nein, schließlich besuchen mich die Kinder bei jedem runden Geburtstag und zuletzt habe ich ein T-Shirt mit sämtlichen Unterschriften bekommen“, gibt er entschieden an. Vor einem halben Jahr allerdings, da hatte er befürchtet, sein Amt doch aufgeben zu müssen. „Ich hatte einen schweren Fahrradunfall und habe mir zehn Rippen und auch das Schlüsselbein gebrochen“, erinnert sich der 70-Jährige nur ungern an seine schweren Verletzungen zurück. „Damals habe ich gedacht, zum 50. Mal werde ich wohl nicht als Nikolaus antreten können.“ Nachdem jedoch die Kindergartenleiterin Claudia Schwöbel vom Sturz ihres langjährigen Nikolaus erfahren hatte, buk sie mit ihren Schützlingen kurzerhand einen Gesundheitskuchen zur Genesung und überbrachte diesen Josef Hörning.
„Der Kuchen war so lecker, da war mir klar, dass ich wieder fit werden und auf alle Fälle als Nikolaus weitermachen muss“, erklärt der Birkenfelder voller Überzeugung und fügt mit einem Augenzwinkern an, dass der Kindergarten auch die nächsten 30 Jahre auf ihn zählen könne.
Bei seinem Jubiläumsbesuch versammelten sich am Donnerstagvormittag zum Abschluss noch einmal alle Kinder im Turnraum und ließen ihn mit einem Lied hochleben. Außerdem wurde diesmal auch der Nikolaus von jedem einzelnen Kind mit einer Süßigkeit beschenkt – um ihm die Wartezeit bis zum nächsten Jahr zu versüßen.