Normalerweise ist jeder Verein froh, wenn sich Menschen finden, die ein Ehrenamt übernehmen. Sie engagieren sich in ihrer Freizeit für andere. Doch immer weniger wollen das tun. Im Deutschen Alpenverein (DAV), Sektion Main-Spessart, war einer bereit dazu. Walter Appel hätte den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden übernommen. Doch von den 62 Anwesenden bei der Mitgliederversammlung in der Karbacher Halle erhielt er nur sieben Stimmen. Wie kann das sein?
In dem Bericht, den der Schriftführer des Alpenvereins verfasst hat, heißt es sachlich und knapp, alle Vorstands- und Beiratskollegen seien von der Kandidatur "überrascht" worden. Und weiter: "Die anschließende geheime Wahl wurde allerdings negativ beschieden, somit bleibt die Funktion des zweiten Vorsitzenden weiterhin unbesetzt. Appel trat von seinem Amt als Hüttenreferent zurück."
Walter Appel begründet diesen Rücktritt auf Nachfrage so: "Wenn ich für den zweiten Vorsitzenden nicht gut genug bin, dann muss ich auch nicht den Hüttenreferenten machen." Dieser hat die Aufgabe, die Sylvanhütte im Spessart und die Gaudeamushütte in den Alpen – beide gehören der Sektion Main-Spessart – zu managen. Das reicht von der Betreuung der Hüttenwarte bis zu baulichen Dingen beziehungsweise der Instandhaltung.
Es hätte Rücktritte gegeben
Appel berichtet, die Vorsitzende Katja Manger habe in der Versammlung angekündigt zurückzutreten, sollte er gewählt werden. Der Ex-Hüttenreferent: "Das ist Erpressung." Wohl deshalb habe er nur so wenige Stimmen bekommen. Was sagt die Vorsitzende selbst dazu? Sie umgeht die direkte Antwort, in dem sie sagt: "Meine gesammelten Kollegen wären zurückgetreten."
Sie spricht davon, Appel habe eine "Meuterei" angezettelt, ohne näher zu erläutern, wie sie diesen Begriff meint. Rückblickend bedauert sie aber zugleich, dass Appel nun hingeschmissen hat: "Es tut mir im Herzen weh, dass er zurückgetreten ist. Er war ein toller Hüttenwart." Mehr noch: Er sei der beste Hüttenreferent gewesen, den die Gaudeamushütte je hatte. "In der Versammlung aber hat er sich selbst demontiert."
Was gegen ihn als zweiten Vorsitzenden spreche, könne sie in der Öffentlichkeit nicht darlegen. Nur so viel: Wer diesen Posten besetzen wolle, müsse auch EDV-Kompetenz mitbringen. Auch denke sie nicht, dass Appel der richtige Mann sei, wenn es darum geht, sich um die Kletterhalle in Birkenfeld zu kümmern.
Amt schon lange unbesetzt
Walter Appel sieht die Führung des DAV in der Krise. Seit zweieinhalb Jahren sei der Posten des zweiten Vorsitzenden unbesetzt. Das Schatzmeisteramt werde kommissarisch ausgeübt. Es fehle ein Ausbildungsreferent – und seit seinem Rücktritt nun auch der Hüttenreferent. Der Schwund sei größer als der Zuwachs derer, die ein Amt übernehmen.
Zu diesem Thema führt Katja Manger aus, sie habe jemanden, der die Arbeit eines zweiten Vorsitzenden macht. "Aber der lässt sich nicht wählen." Die Schatzmeisterin habe sieben Tage vor der Versammlung kundgetan, dass sie sich nicht wählen lässt, werde aber glücklicherweise kommissarisch weitermachen. Das Amt erfordere besonders viel Arbeit. Die Vorsitzende kündigt an, sie werde bis zur Hauptversammlung im März Gespräche führen, um den Schatzmeisterposten zu besetzen. Beim Ausbildungsreferenten sei es so, dass jungen Leuten "Lifetime" wertvoller sei. Mangers Fazit zur momentanen Situation: "Aber die Arbeit wird geschafft, es läuft."
Das Gespräch mit ihr war eine gute Gelegenheit, mal zu fragen, was eigentlich das geplante "Alpinzentrum" macht. Das sei wegen Corona gestoppt worden, erklärt die Vorsitzende. Es sei nach wie vor Ziel, dieses zu bauen. Bei den auf 1,5 Millionen Euro geschätzten Investitionskosten sei die Finanzierung noch nicht gesichert. "Es fehlen noch 300 000 Euro, gleichzeitig explodieren die Baukosten", beklagt Katja Manger.