
Betriebe, die um eine Tarifbindung kämpfen: Solche Unternehmen bilden die Haltepunkte auf der Sommertour von Stefan Körzell, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Oder solche, die gerade in die Tarifbindung gegangen sind, wie etwa der Backmaschinenhersteller MIWE in Arnstein. Nicht einmal einen Monat ist es her, dass sich Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaft einig wurden.
"Hier werden super Produkte gefertigt, die weltweit unterwegs sind. Da kann das Unternehmen stolz drauf sein", sagt Körzell nach einem Besuch im Werk. Die Grundlage dafür seien die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die folglich am Erfolg des Unternehmens auch beteiligt sein müssten.
Vor Ort bei MIWE informierte er sich, wie der Betriebsrat und die IG Metall die Tarifbindung erreicht haben. Die Geschäftsführung sei weder im Werk dazugekommen, als Körzell sich mit Betriebsratsvorsitzenden Gürcan Erdinc unterhielt, noch erschien sie zum Pressetermin im Nachgang. Erdinc habe den Termin an die Führungsebene weitergegeben: "Die haben sich auch heute früh geäußert und leider möchten sie keinen Kommentar abgeben. Ich finde es schade, aber es ist so, das haben wir zu akzeptieren."
Er hoffe, in Zukunft professionell und gut zusammenarbeiten zu können. Erdinc hält dem Unternehmen aber zugute, dass es inmitten einer Restrukturierung mit einem Interimsmanager eine schwierige Ausgangslage für den Tarifabschluss hatte und sich trotzdem auf den Betriebsrat zubewegt hätte. Auch auf Nachfrage der Redaktion nahm die Pressestelle des Unternehmens nicht Stellung zum Besuch des Gewerkschaftsvorstands.
Tarifabschluss blieb hinter anfänglichen Forderungen zurück
In den Konditionen des Tarifabschlusses blieb der Betriebsrat hinter den anfangs gestellten Forderungen zurück. Doch Erdinc betont, dass das anfängliche Ziel gewesen sei, überhaupt einen Tarifvertrag abzuschließen, um später darauf aufzubauen. "Das ist ein laufender Prozess, das muss immer gepflegt werden, und das war der Beginn", sagt er – auch mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen im Herbst 2025, da der Vertrag zum 31. Dezember 2025 ausläuft. Er glaubt daran, dass der Tarifvertrag dem Betrieb bei der Personalsuche Vorteile bieten wird.
Dass Unternehmen mit Tarifbindung mehr Chancen haben, Fachkräfte zu gewinnen, sei Körzell bei seiner Sommertour bereits in zwei Betrieben aufgefallen. "Das ist jetzt die Grundlage hier für die Zukunft, um Löhne, Arbeitszeit, all das, was dazu gehört, weiterzuentwickeln, aber auf der Grundlage eines Tarifvertrages, der für alle gilt", sagt Körzell. Rechtsanspruch auf den Tarif haben zwar nur Gewerkschaftsmitglieder, so der Vorstand. MIWE nahm jedoch freiwillig alle Beschäftigten auf, erklärt Erdinc.
IG Metall und DGB loben Abschluss als "riesigen Erfolg"
In Bayern betrage die Tarifbindung ungefähr nur noch 50 Prozent, etwa 2300 Euro weniger Nettoverdienst erhalten die Beschäftigten der nicht-tarifgebundenen Betriebe Körzell zufolge jährlich – und arbeiten in der Regel auch mehr. Auch auf das Bundestariftreuegesetz ging er ein, mit dem sich der Bundestag derzeit beschäftige. Der Bund würde sich damit verpflichten, eigene Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen zu vergeben.
Als regionale Vertreterin der IG Metall und regionaler Vertreter des DGB begleiteten Ulrike Eifler und Jonas Schneider den Termin. Beide lobten den Tarifabschluss als "riesigen Erfolg", in einer Zeit, in der die Tarifbindung eher zurückgehe. Im Landkreis Main-Spessart gebe es bereits viele tarifgebundene Betriebe, so Schneider. Erdinc und MIWE will er in Zukunft als "glühendes Beispiel" für Betriebe verwenden, die in ähnlichen Situationen stecken.