Die Jugendarbeit im Markt Zellingen wird sich ändern. Das betrifft vor allem das Jugendzentrum JuTZe. Dieses will die Gemeinde künftig nach Auslaufen des Vertrags mit der Diakonie Würzburg am 31. August in Eigenregie betreiben. Das betrifft auch das im Vertrag enthaltene "Hüttendorf" in den ersten beiden Wochen der Sommerferien. Dieses soll nun in die Ferienbetreuung eingegliedert werden, die im bisherigen Umfang mit einer Mindestteilnehmerzahl von acht Nutzern bis Ende 2025 fortgeführt wird. Zwei vorliegende Angebote sollen die Bieter, darunter das Diakonische Werk, entsprechend ergänzen.
In der Sitzung eine Woche zuvor hatte der Gemeinderat einen Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt, den Vertrag zu verlängern, aber keine Beschlüsse gefasst. Erneut war die Gemeinderatssitzung mit rund 35 Zuschauern gut besucht, darunter waren Sozialpädagogen der Diakonie aus dem JuTZe, der Konrektor der Mittelschule und viele Jugendliche.
SPD und Grüne gegen CSU und Freie Bürger
Jürgen Keller warnte – wie schon in der Vorwoche – vor gravierenden Auswirkungen, da bei der Jugendarbeit alles zusammenhänge. Auch die Ferienbetreuung und die offene Ganztagsschule würden betroffen sein. Im Extremfall würden sechs Fachkräfte wegfallen (zwei beim JuTZe, vier bei der Jugendsozialarbeit an Schulen für zwei Vollzeitstellen) und sich nicht schnell ersetzen lassen. Die Grund- und Mittelschule seien inzwischen Orte, an den Kinder und Jugendliche ihren ganzen Tag verbringen. Das JuTZe sähen die Jugendlichen als wichtigen Treffpunkt, den Rat der Fachkräfte suchten teilweise auch noch ehemalige Schüler, wozu er auch Beispiele nannte.
Darauf antwortete die zweite Bürgermeisterin Andrea Heßdörfer, die Jugendsozialarbeit an Schulen aufzugeben sei kein Thema. Michael Heßdörfer fügte hinzu, es müsse erlaubt sein, etwas zu hinterfragen und zu ändern.
Im Wesentlichen trafen in der Diskussion die Meinungen von Grünen und SPD sowie Freien Bürgern und CSU aufeinander. "Wir möchten an der Jugendarbeit nichts ändern", machte etwa Sonja Rupp (Grüne) klar. Rückblickend bezeichnete sie die Kommunikation als unglücklich. Das fand auch Philipp Kromczynski, aber aus anderen Blickwinkel: Jürgen Keller und Sonja Rupp hätten in sozialen Medien schon fast hollywoodreif agiert.
JuTZe künftig in kommunaler Hand
Hier griff Bürgermeister Wohlfart mit einem erfolgreichen Antrag auf Ende der Debatte und Abstimmung gemäß Geschäftsordnung ein. Darauf folgten insgesamt sieben Beschlüsse. Die ersten beiden waren einstimmig und betreffen wie geschildert die Ferienbetreuung mit eingegliederten Hüttendorf. Die Fortführung ist auf Ende 2025 beschränkt, weil der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung mit nur vier erlaubten Wochen ohne Betreuung im Jahr ab 2026 zu grundlegenden Änderungen führen wird.
Keine Mehrheit fanden Vorschläge, das JuTZe in der bestehenden Form weiterzuführen (sechs Stimmen Pro) und die Reduktion der Öffnungszeiten auf vier Stunden an Samstagen. Der Beschluss, das JuTZe in Eigenregie zu betreiben, erfolgte mit 14 zu vier Stimmen.
Dafür will die Gemeinde eine pädagogische Fachkraft einstellen. Das werde vermutlich zunächst eine Halbtagesstelle sein, die schnellstens ausgeschrieben wird, erklärte Bürgermeister Stefan Wohlfart auf Nachfrage. Die Idee dahinter sei auch eine bessere Abstimmung mit den örtlichen Vereinen, Eltern und Elternbeiräten dank zentraler Stelle. An den Öffnungszeiten von zehn Wochenstunden werde er nichts ändern. Der Vertrag der Diakonie für das JuTZe war über 26 Stunden geschlossen (mit Vor- und Nacharbeit sowie Hüttendorf).
Preiserhöhungen bei JaS liegen allein bei der Gemeinde
Jeweils einstimmig beschlossen die Räte, die Verträge zur Jugendsozialarbeit (JaS) an der Grund- und Mittelschule weiter zu vollziehen, neu ist die Ermächtigung des Bürgermeisters, die Verträge bei weiteren Bedarfs- und Preiserhöhungen nicht zu unterzeichnen. Bei der Mittelschule ist das eigentlich Sache des Schulverbands, dessen Vorsitzender Stefan Wohlfart ist.
Ihn stört generell, dass die Ausgaben der Gemeinde für JaS in den letzten zwei Jahren um 25 Prozent stiegen, ohne dass diese selbst mitreden kann: Den Bedarf beschließt der Jugendhilfeausschuss des Kreises auf Antrag der Schule und nach Prüfung durch das Kreisjugendamt, bei der Finanzierung steuern Landkreis und Freistaat unveränderte Festbeträge bei, Preiserhöhungen treffen allein die Gemeinde. Je eine Stelle erscheine in Anbetracht der Schulgrößen auch viel, deutlich größere Schulen im Landkreis, zum Beispiel in Marktheidenfeld, kämen mit weniger aus.
"Die Kuh ist vom Eis", bemerkte Wohlfart zum Ende des Tagesordnungspunktes.
Warum also gerade bei der Jugendarbeit, die so gut läuft, „mal was ändern“? Die Diakonie ist in christlicher Trägerschaft, kann die CSU damit ein Problem haben? Was, wenn man trotz „schneller Ausschreibung“ nicht sofort qualifiziert besetzen kann? Und kann die Gemeinde mit einer halben Stelle gleichwertige Jugendarbeit gewährleisten?
Alles offene Fragen - um die geht es aber nicht. Es geht der CSU und den Freien Bürgern nicht um noch bessere Jugendarbeit. Es geht einzig um Politik, nur deshalb hat man den Antrag der SPD-Fraktion auf Verlängerung des Vertrags mit der Diakonie abgelehnt. Es geht um Politik auf dem Rücken der Jugendlichen.