Bratwurstbrater Otto Bernard ist am Verzweifeln. Sein Wagen ist zu groß für seinen Wunschplatz, den Marktplatz. Zudem wünscht die Stadt dort keinen Bratwurstverkauf mehr. Der Schlachthofparkplatz, den Bernard seit Mai für vier Monate probeweise nutzen darf: ein Debakel, ein Ärgernis, ein Verlustgeschäft. Am Samstag ist er frustriert abgezogen. Er will einen neuen Versuch auf dem zunächst verpönten Schlossplatz starten. Doch jetzt spielt die Stadt nicht mehr mit.
„Ungastlicher Ort“
Abgesehen davon, dass sein Anhänger derzeit in einer Werkstatt in Werneck steht, weil die Klappe auf der Verkaufsseite defekt ist, hat Bernard die Schnauze voll. Ein „ungastlicher Ort“ sei der Schlachthofparkplatz in der Färbergasse. Er komme sich vor wie auf einem Abstellgleis. Der Standort sei unwirtschaftlich. Beim Verkauf von 50 Würsten pro Tag bleibe nichts übrig, zumal die Stadt für seinen acht Quadratmeter großen Wagen dieselbe Pacht verlange wie auf dem Marktplatz – zwei Euro pro Quadratmeter und Tag. Das seien knapp 500 Euro im Monat, klagt der 78-Jährige und verdeutlicht das Dilemma: Nachmittags zwischen zwei und fünf Uhr „hab ich oft mehr Würste verbrannt als verkauft“.
Streit mit einer Anliegerin
Dazu kam ein heftiger Streit mit einer Anliegerin. Öffentlich habe diese zwar erklärt, ihm nichts Böses zu wollen. Ihm gegenüber aber habe sie gesagt, sie gebe nicht eher Ruhe, „bis ich da hinten weg bin“. Zwei Anzeigen habe sie erstattet, sich einen Rechtsanwalt genommen. Dass er seine Notdurft hinter dem Wagen verrichte, habe sie ihm vorgeworfen. Dabei habe er die Hinterlassenschaften andere Menschen und auch von Hunden dort beseitigt, verteidigt er sich.
War Buttersäure im Spiel?
Sogar von einem Anschlag mit stinkender Buttersäure berichtet Bernard. Der herbeigerufen Ordnungshüter habe jedoch abgewunken: Schad sei es um die Schreiberei, weil bei einer Anzeige gegen Unbekannt eh nichts herauskomme. „Die Beamten konnten keinen Buttersäure-typischen Geruch feststellen. Somit lagen uns keine Anhaltspunkte für eine Straftat vor. Wir haben den Sachverhalt dennoch vermerkt.“
Dass sein Wagen in den sechs Wochen, in denen er am Schlachthausparkplatz stand, so weit in den unbefestigten Boden versunken sei, dass er ihn nur mit Hilfe der Feuerwehr flott bekommen habe, spielt in der ganzen Geschichte schon fast keine Rolle mehr.
Stadt sagt „Nein“ zum Schlossplatz
Kurzum: Bernard will weg. Auf dem Schlossplatz will er es nun versuchen. Den habe ihm Bürgermeister Mario Paul anfänglich auch angeboten als Alternative, dann aber wieder einen Rückzieher gemacht – was Rathaussprecher Dieter Daus bestätigt: Der Schlossplatz sei „in einem frühen Stadium der Standortsuche“ im Gespräch gewesen. Da Bernard ihn aber kategorisch abgelehnt habe, habe die Stadt diesen Standort nicht weiter geprüft.
Dies sei inzwischen nachgeholt worden. Das Ergebnis der „eingehenden Prüfung auf die Geeignetheit als Bratwurststandort“ laut Daus: Der Platz ist nicht geeignet.
Was dagegen spricht
Der Wagen würde „das städtebauliche Ensemble“ mit dem Schloss für fotografierende Gäste stören. Kabel, die verlegt werden müssten, stünden der Nutzung das Platzes als Verkehrsweg (etwa zur Kfz-Zulassungsstelle, der Verwaltungsgemeinschaft und zum Spessartmuseum) entgegen. Sie wären „ein Problem für den Verkehr“.
Schließlich habe der der Schlossplatz einen anderen juristischen Status. „Wir müssten die Genehmigung im Rahmen einer Sondernutzung erteilen, was einen Bezugsfall schaffen würde; dann müssten wir auch weitere Bewerber zulassen“, argumentiert Daus. Die Platzierung an der Ostmauer des Schlossplatzes schließlich scheide aus, weil dort drei Ruhebänke fest installiert seien.
Bratwurstverkauft stockt Mini-Rente auf
Am Donnerstag wolle er bei der Stadt vorsprechen, kündigte der gelernte Heizungsbauer und Installateur mit Kapitänspatent an. Sein Anhänger sei nächste Woche schon wieder einsatzbereit, wobei dessen Reparatur laut Kostenvorschlag mehr als 3000 Euro verschlingen wird – viel Geld für einen 78-jährigen Mann mit einer Rente in nicht einmal vierstelliger Euro-Höhe.
Indes zuckt Daus mit den Schultern: Die Genehmigung für den Schlachthausplatz, so deutet er an, sei ja nicht zurückgezogen. Bernard allerdings resigniert: „Wenn die Stadt sich weiter so unflexibel zeigt“, so Bernard, der mit Unterbrechungen gut zwei Dutzend Jahre lang am Marktplatz Würste grillte, „dann seh ich mich gezwungen, einen Platz in einer anderen Stadt zu suchen – so leid es mir um die Kundschaft tut.“
...Aber die pöbelnden Schluckis an der Ecke stören das Stadtbild nicht? Naja, für seine skurrilen Gedankengänge ist der Daus ja bekannt.
den Kupsch in der Innenstadt, die Metzgerei in der Vorstadtstraße mit ihren Theken. Die Wirte nehmen auch Bestellungen zum Mitnehmen an.
Tagein, tagaus, jahrein, jahraus - nur Bratwurst! Dem guten alten Mann bleibt nur der "Wanderzirkus" von einem Fest zum anderen. Aber er hat sich auch mit dem Bau seines Monster-Bratwurst-fahrstand vertan. Er bräuchte ein stärkeres Zugfahrzeug. Das hat er nicht. Muss sich ein solches immer ausleihen. Auch das kostet. "Verbrannte Bratwürste" oder solche die "ewig" auf dem Rost oder daneben liegen. Das sind keine Verkaufsschlager. Vorgauckeln von "Verkaufserfolgen" und "so was brauchen wir unbedingt" ist immer eine "Sache". Es ist auch nicht ganz auszuschließen, dass der Bratwurstbräter insgeheim gehofft hat, einen Nachfolger und Aufkäufer seiner "Investitionen" zu bekommen. Den Bratwurststand zu "versilbern". Unternehmerisches Risiko. Und das Ergebnis ist und wird in Karlstadt auch nicht anders sein. Laufendes Minusgeschäft mit verbrannten Bratwürsten. Und es ist umgekehrt: die Kundschaft leidet nicht, sondern den Vorbeigeher tun er leid. Aber davon kann keiner leben.