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Schollbrunn
Kartause Grünau: Ein Gasthaus mit viel Potenzial, doch ab April fehlt der Wirt
Stefanie Merker und Karl Englert verlassen im April 2024 die Kartause Grünau. Ein Nachfolgepächter wird dringend gesucht.
Die Kartause Grünau im Spessart zwischen Schollbrunn und Hasloch ist idyllisch gelegen.
Foto: Matthias Schätte | Die Kartause Grünau im Spessart zwischen Schollbrunn und Hasloch ist idyllisch gelegen.
Bearbeitet von Matthias Schätte
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:15 Uhr

Beliebt bei Wanderern, Mountainbikern und Wochenendausflüglern, begehrt bei Brautpaaren: Die Kartause Grünau bietet in historischem Ambiente das gewisse Extra. Noch. Denn eine Fortführung der Gastronomie ist ungewiss. Endet damit im kommenden Jahr eine mehr als hundertjährige Gasthaus-Tradition?

In diesem Jahr haben Stefanie Merker und Karl Englert besonders viele Fragen ihrer Gäste zu beantworten. Denn seit die beiden Betreiber der Karthause Grünau angekündigt haben, ihren Pachtvertrag nach zwölf Jahren 2024 auslaufen zu lassen, fragen die Stammgäste nach, wie es weitergeht. "Es gab sehr viele Reaktionen, fast jeden Tag", sagt Merker. Eigentlich läuft der Vertrag mit dem Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Freudenberg bis Ende März 2024. "Viele meinen, am 31. Dezember wäre Schluss. Stimmt aber nicht", sagt Karl Englert. Mittlerweile habe man den Leuten klarmachen können, dass der Betrieb bis zum 7. April weitergehe. "Das Problem ist ja: An Ostern kann man schlecht aufhören", sagt er und lacht. Gutscheine sollen möglichst bis Ende Dezember eingelöst werden.

Wirtsleute wollen sich neu orientieren

Während die Wirtsleute zurück in ihr Haus nach Bischbrunn ziehen und sich laut Merker "neu orientieren" wollen, ist die Zukunft des Gasthauses in der Kartause noch unklar. Mehrere potenzielle Nachfolger sagten ab, teils in letzte Minute und mit bereits ausgearbeiteten Konzepten. Zuletzt senkte Ende Oktober eine Interessentin aus gesundheitlichen Gründen den Daumen. "Wir hätten nicht erwartet, dass das nicht klappt", sagt Englert.

Nehmen nächstes Jahr Abschied von der Kartause Grünau: Stefanie Merker (links) und Karl Englert betreiben die Gastronomie seit 2012.
Foto: Matthias Schätte | Nehmen nächstes Jahr Abschied von der Kartause Grünau: Stefanie Merker (links) und Karl Englert betreiben die Gastronomie seit 2012.

Dabei wäre nicht nur den Pächtern, sondern auch dem Fürstenhaus als Eigentümer ein fließender Übergang am liebsten. Ein potenzieller Nachfolger könnte beispielsweise die gut zehn Jahre alte und speziell eingepasste Küche übernehmen und nahtlos weiterarbeiten. "In den jetzigen Zeiten ist es durchaus sinnvoll, nicht alles neu einbauen zu müssen", sagt Karl Englert, der in den vergangenen Monaten das Werben des Fürstenhauses um mögliche Nachfolger beobachtet hat. Er ist sicher: "Erst, wenn der Pächter in der Tür steht und mit seinen Sachen hier rein marschiert, dann klappt es. Vorher ist alles möglich."

Paar wäre bereit in den ersten Wochen zu helfen - wenn die Chemie stimmt

Ein potenzieller Interessent hätte noch gut vier Monate für eine nahtlose Übernahme. "Es geht, aber es ist sportlich", sagt Englert. Einer der Übernahmekandidaten hatte vorgeschlagen, dass Englert und Merker die Übernahme in den ersten Wochen begleiten, musste aber später selbst absagen. Auch bei anderen Pächtern wäre das Paar bereit, in den ersten Wochen zu helfen, wenn die Chemie stimmt.

Auch einige langjährige Aushilfen würden gern in der Karthause weiterarbeiten. Doch die Uhr tickt, sagt der Koch. Was sie einem Nachfolger als Erfolgsrezept empfehlen? "Keins", sagt Karl Englert. "Das ist eine offene Frage, die jeder mit sich selbst ausmachen muss." Lust auf den besonderen Ort und das Ambiente sollte schon da sein. "Man sollte voll dabei sein und dranbleiben", sagt Merker. Das Angebot lasse sich mit eigenem Personal oder Leihpersonal weiter ausbauen. Englert: "Die Möglichkeiten hier sind unendlich."

Hochzeiten oder Familienfeiern sind eine Einnahmequelle 

Neben dem Betrieb des Gasthauses – an einem Sonntagmittag im Sommer gehen durchaus 200 Essen raus – seien Events wie Hochzeiten oder Familienfeiern eine feste Einnahmequelle. "Man kann, wenn man die Power hat, jedes Wochenende eine Feier ausrichten. Oder in den Sommermonaten auch zwei parallel", sagt Merker. Teils gebe es Anfragen schon zwei Jahre im Voraus. "Wir waren auf ein Jahr im Voraus ausgebucht." Für ihr Team sei das insbesondere nach Corona zu viel geworden, Veranstaltungen in dieser Schlagzahl zu stemmen.

Für Englert und Merker beginnt ein neuer Lebensabschnitt. "Man muss sich dran gewöhnen, dass man nicht 24 Stunden und 7 Tage die Woche Gedanken ans Geschäft hat", sagt sie. Zuvor heißt es, zum Jahresende bei Weihnachtsfeiern und anderen Terminen Vollgas zu geben. Auch eine Silvesterparty mit Drei-Gänge-Menü ist geplant. "Wir haben sehr, sehr, sehr, sehr viele Stammgäste", sagt sie. "Und die wollen mit uns das letzte Silvester in der Kartause feiern."

Erbprinz: Unbewirtschaftete Kartause ohne Gastronomie ist keine Lösung

Auch Ludwig Erbprinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg hätte gern Sicherheit, wie es weitergeht. Eine unbewirtschaftete Kartause ohne Gastronomie ist für ihn keine Lösung, macht er klar. Denn sollte die Kartause schließen müssen, hätte der Spessart nach der Schließung der Karlshöhe und des Forsthauses am Echterspfahl bei Weibersbrunn eine weitere gastronomische Attraktion weniger. Man habe in diesem Jahr mit verschiedenen namhaften Gastronomen aus der Region und Brauereien Gespräche geführt, Interesse sei durchaus da gewesen, sagt er. Doch immer hätten Personalmangel oder gesundheitliche Gründe die Pläne zunichte gemacht, sagen der Erbprinz und sein Liegenschaftsverwalter Artur Stang.

Auf der Suche nach Wirten für die Kartause: Artur Stang (links) und Ludwig Erbprinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.
Foto: Matthias Schätte | Auf der Suche nach Wirten für die Kartause: Artur Stang (links) und Ludwig Erbprinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.

Man hänge auch emotional an dem alten Kloster, das für die Familie ein "Aushängeschild" sei: "Ich kenne den Ort schon mein ganzes Leben. Seit ich klein bin, hat mich mein Vater immer mitgenommen. Man sieht, was sich mit den Jahren ändert, zum Beispiel die ausgebauten Scheunen." 400 Hektar Wald im Familienbesitz umschließen die Kartause, die geografisch zu Schollbrunn, postalisch aber zu Hasloch gehört. Durch die isolierte Lage gibt es auch keine Probleme mit den Nachbarn, wenn eine Hochzeit mal etwas länger dauert oder lautstärker ausfällt.

Traum wäre, eine Familie als Pächter zu gewinnen

"Es gibt nichts Schlimmeres, wenn das Personal, das noch gehalten werden könnte und eine Perspektive haben könnte, sich umorientiert", sagt der Erbprinz, für den die Kartause auch eine Art "Haus-und-Hof-Gastronomie" ist. "Der absolute Traum wäre, eine Familie als Pächter zu gewinnen. Aber da muss man realistisch bleiben." Wünschenswert wäre, wenn der auch in der 130-Quadratmeter-Wohnung über der Gaststätte mit ihren 90 Plätzen wohnen würde. Aber das ist nicht in Stein gemeißelt, macht er klar. "Wir wissen: Wenn wir zu viele Vorgaben machen, haben wir keine Anreize mehr."

In den vergangenen fünf Jahren habe man viele Investitionen getätigt und habe weitere vor, sagt der Erbprinz. 1,2 Kilometer neue Stromleitungen sind gelegt worden, damit die Leistung für den Küchenbetrieb ausreicht, ein Anschluss ans Kanalnetz soll erfolgen, zählt Stang auf. Die kürzlich installierte Hackschnitzelheizung hat Potenzial für einen Ausbau.

"Wir haben hier viel vor, brauchen aber einen Kooperationspartner", sagt der Erbprinz. Denkbar sei beispielsweise, an der Klostermauer etwa zehn Tiny-Houses zu errichten, um Gästen nach Hochzeiten oder Feiern auch Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten. Ob so ein Vorhaben genehmigungsfähig wäre, ist unklar. Unter einer der ausgebauten Scheunen biete sich ein riesiger Gewölbekeller für eine mögliche Nutzung an. Hochzeitsbuchungen kämen aus einem 200-Kilometer-Umkreis. Die Reservierungen für 2024 habe man aber wegen der unklaren Lage vorerst absagen müssen. Die Hoffnung aufgegeben hat der Erbprinz indes noch nicht: "Wir haben große Lust, weiterhin hier anzupacken. Aber dafür brauchen wir jemanden, der das fleißig und dynamisch gemeinsam mit uns machen möchte."

 
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