Dass die Klimakrise auch der Schifffahrt Probleme bereitet, ist spätestens seit dem vergangenen Sommer bekannt. Da gingen die Bilder vom Niedrigwasser auf dem Rhein und nur halb beladenen Schiffen durch die Nachrichten. So katastrophal dies auch war, rückte es immerhin die Bedeutung der Binnenschifffahrt stärker ins Bewusstsein der Menschen. Darin waren sich bei einer Tagung des Schiffervereins Mittelmain Karlstadt im Karlstadter Hotel Mainpromenade alle einig. Etwa 20 Mitglieder des Schiffervereins und ebenso viele Fachleute der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (WSV) sowie der Wasserschutzpolizei nahmen daran teil.
In der Öffentlichkeit würden die Wasserstraßen kaum wahrgenommen, beklagte Jörg Huber, der WSV-Leiter für den Main von Frankfurt bis Bamberg. "In der Politik spielen Autobahnen und die Schiene eine Rolle. Wir aber leiden, weil die Mittel dorthin fließen, worauf der Fokus liegt."
Die Versammelten sahen den Ausbau der Autobahn A 3 kritisch. Das schade der Schifffahrt und letztlich dem Klima. "Denn wir fahren umweltfreundlicher, können aber irgendwann beim Preis nicht mehr mithalten." Die Politik sollte sich ein Beispiel an Holland und Belgien nehmen. Dort komme ein erheblich größerer Anteil der Container aufs Schiff. Und in Deutschland? "Es kann doch nicht sein, dass Kies vom Oberrhein nach Stuttgart auf Lkw transportiert wird", kritisierte Huber. Er prognostiziert, Lastwagen als Transportmittel werden an ihre Grenzen stoßen, weil auf den Straßen die Kapazitäten fehlen. "Was nützt es, wenn die Lkw nur noch im Stau stehen?"
Schiffe sollten heute weniger Tiefgang haben
Dem kurzfristigen Denken der Politik stünden die langen Zeiträume im Wasserstraßenbau entgegen. Neben langen Genehmigungsverfahren brauchen dort auch die Baustellen besonders viel Zeit, der Neubau einer Schleuse rund acht Jahre. Ein solcher Neubau wird bei Erlangen am Rhein-Main-Donau-Kanal nötig. Die dortige Schleuse des erst vor 30 Jahren eröffneten Kanals ist schon marode. Der Stahlbeton ist nicht so dauerhaft wie die massigen Bruchsteine der alten Main-Schleusen, die Mitte der 1930er Jahre gebaut wurden und somit bald 100 Jahre alt werden.
Den Schiffern riet Huber, kreativ zu sein, neue Konzepte zu entwickeln und neue Antriebssysteme zu nutzen. Wichtig werden auch Schiffe mit wenig Tiefgang. Da sind ältere Schiffe oft den neueren überlegen, wurde in der Diskussion deutlich. Die neueren Schiffe haben oft mehr Tiefgang. "Aber eine Mittelrheinvertiefung können wir nicht leisten", sprach Huber für die bundesweite WSV.
Niedrigwasser verlängert Transportzeiten
Was in den Nachrichten des vergangenen Sommers nie zur Sprache kam: Aufgrund der geringen Abflussmenge ging das Schleusen am Main bedeutend langsamer. Wenn ein Schiff aber in jeder Schleuse 50 statt 20 Minuten liegt, ergibt sich bei 34 Staustufen zwischen Mainz und Bamberg schon alleine rechnerisch eine 17 Stunden längere Fahrt. Wenn dann noch jeder Schleusenvorgang mit mehreren Schiffen stattfinden muss, entstehen zusätzliche Verzögerungen.
Warum wird bei Wasserknappheit langsam geschleust? Von den Vertretern der WSV war zu erfahren, dass bei schnellerem Schleusen eine "Welle" entsteht. Auf die aber reagiert das Kraftwerk der nächsten Staustufe und lässt mehr Wasser durch – verheerend bei ohnehin schon zu wenig Wasser. Eventuell sei eine Umprogrammierung der Kraftwerke möglich.
Schleusen-Reparaturen dauerten länger
Marisa Schneider, Fachbereichsleiterin Schifffahrt bei der WSV, ging auf die Schifffahrtssperre ein. Heuer war der Main für die Schiffe länger gesperrt als vorgesehen. Teilweise wegen Streik und teilweise wegen des hohen Wasserstands konnte nicht wie vorgesehen gearbeitet werden. Die Reparaturen an den Schleusen verzögerten sich. Mareike Bodsch, Leiterin des Wasserstraßen-Neubauamts Aschaffenburg-Schweinfurt, kündigte an, bei der für nächstes Jahr geplanten Fahrrinnenvertiefung zwischen Wipfeld und Garstadt sei mit Kampfmitteln zu rechnen.
"Dabei sind es ganz andere Dinge."
Was ist wichtiger?