zurück
Karlstadt
Karlstadt: Schiffer auf dem Main bereiten sich auf kommende Sommer mit Niedrigwasser vor
Bei einer Tagung des Schiffervereins Mittelmain wurde deutlich, welche Sorgen die Transporteure auf dem Wasser haben. Die Wasserstraßen werden stiefmütterlich behandelt, kritisieren sie.
Mainaufwärts schiebt sich ein Frachtschiff durch die Mainschleife bei Wernfeld. Bei Niedrigwasser müssen die Schiffer mehr Zeit für ihre Transportwegen einplanen, weil das schleusen länger dauert. (Archivbild)
Foto: Helmut Hussong | Mainaufwärts schiebt sich ein Frachtschiff durch die Mainschleife bei Wernfeld. Bei Niedrigwasser müssen die Schiffer mehr Zeit für ihre Transportwegen einplanen, weil das schleusen länger dauert. (Archivbild)
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:58 Uhr

Dass die Klimakrise auch der Schifffahrt Probleme bereitet, ist spätestens seit dem vergangenen Sommer bekannt. Da gingen die Bilder vom Niedrigwasser auf dem Rhein und nur halb beladenen Schiffen durch die Nachrichten. So katastrophal dies auch war, rückte es immerhin die Bedeutung der Binnenschifffahrt stärker ins Bewusstsein der Menschen. Darin waren sich bei einer Tagung des Schiffervereins Mittelmain Karlstadt im Karlstadter Hotel Mainpromenade alle einig. Etwa 20 Mitglieder des Schiffervereins und ebenso viele Fachleute der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (WSV) sowie der Wasserschutzpolizei nahmen daran teil.

In der Öffentlichkeit würden die Wasserstraßen kaum wahrgenommen, beklagte Jörg Huber, der WSV-Leiter für den Main von Frankfurt bis Bamberg. "In der Politik spielen Autobahnen und die Schiene eine Rolle. Wir aber leiden, weil die Mittel dorthin fließen, worauf der Fokus liegt."

Die Versammelten sahen den Ausbau der Autobahn A 3 kritisch. Das schade der Schifffahrt und letztlich dem Klima. "Denn wir fahren umweltfreundlicher, können aber irgendwann beim Preis nicht mehr mithalten." Die Politik sollte sich ein Beispiel an Holland und Belgien nehmen. Dort komme ein erheblich größerer Anteil der Container aufs Schiff. Und in Deutschland? "Es kann doch nicht sein, dass Kies vom Oberrhein nach Stuttgart auf Lkw transportiert wird", kritisierte Huber. Er prognostiziert, Lastwagen als Transportmittel werden an ihre Grenzen stoßen, weil auf den Straßen die Kapazitäten fehlen. "Was nützt es, wenn die Lkw nur noch im Stau stehen?"

Schiffe sollten heute weniger Tiefgang haben

Dem kurzfristigen Denken der Politik stünden die langen Zeiträume im Wasserstraßenbau entgegen. Neben langen Genehmigungsverfahren brauchen dort auch die Baustellen besonders viel Zeit, der Neubau einer Schleuse rund acht Jahre. Ein solcher Neubau wird bei Erlangen am Rhein-Main-Donau-Kanal nötig. Die dortige Schleuse des erst vor 30 Jahren eröffneten Kanals ist schon marode. Der Stahlbeton ist nicht so dauerhaft wie die massigen Bruchsteine der alten Main-Schleusen, die Mitte der 1930er Jahre gebaut wurden und somit bald 100 Jahre alt werden.

Den Schiffern riet Huber, kreativ zu sein, neue Konzepte zu entwickeln und neue Antriebssysteme zu nutzen. Wichtig werden auch Schiffe mit wenig Tiefgang. Da sind ältere Schiffe oft den neueren überlegen, wurde in der Diskussion deutlich. Die neueren Schiffe haben oft mehr Tiefgang. "Aber eine Mittelrheinvertiefung können wir nicht leisten", sprach Huber für die bundesweite WSV.

Niedrigwasser verlängert Transportzeiten

Was in den Nachrichten des vergangenen Sommers nie zur Sprache kam: Aufgrund der geringen Abflussmenge ging das Schleusen am Main bedeutend langsamer. Wenn ein Schiff aber in jeder Schleuse 50 statt 20 Minuten liegt, ergibt sich bei 34 Staustufen zwischen Mainz und Bamberg schon alleine rechnerisch eine 17 Stunden längere Fahrt. Wenn dann noch jeder Schleusenvorgang mit mehreren Schiffen stattfinden muss, entstehen zusätzliche Verzögerungen.

Warum wird bei Wasserknappheit langsam geschleust? Von den Vertretern der WSV war zu erfahren, dass bei schnellerem Schleusen eine "Welle" entsteht. Auf die aber reagiert das Kraftwerk der nächsten Staustufe und lässt mehr Wasser durch – verheerend bei ohnehin schon zu wenig Wasser. Eventuell sei eine Umprogrammierung der Kraftwerke möglich.

Schleusen-Reparaturen dauerten länger

Marisa Schneider, Fachbereichsleiterin Schifffahrt bei der WSV, ging auf die Schifffahrtssperre ein. Heuer war der Main für die Schiffe länger gesperrt als vorgesehen. Teilweise wegen Streik und teilweise wegen des hohen Wasserstands konnte nicht wie vorgesehen gearbeitet werden. Die Reparaturen an den Schleusen verzögerten sich. Mareike Bodsch, Leiterin des Wasserstraßen-Neubauamts Aschaffenburg-Schweinfurt, kündigte an, bei der für nächstes Jahr geplanten Fahrrinnenvertiefung zwischen Wipfeld und Garstadt sei mit Kampfmitteln zu rechnen.

Schifferverein Mittelmain

Der Schifferverein Mittelmain Karlstadt wurde 1992 gegründet und hat seinen Sitz in Himmelstadt, wo er das einstige Milchhäusle zum Vereinsheim ausgebaut hat. Ziele sind der Zusammenhalt und die Interessenvertretung der Binnenschiffer. Die Mitgliederzahl liegt derzeit bei 60 bis 70. Momentan führt die zweite Vorsitzende Irmgard Langmeier den Verein.
Quelle: hop
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Karlstadt
Karlheinz Haase
Binnenschiffer
Schiffe
Sorgen
Tagungen
Wasserknappheit
Wasserschutzpolizei
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • steve67
    Wie genau bereiten sich jetzt die Schiffer auf Niedrigwasser vor? Und welche kommenden Sommer? Dieses Jahr, nächstes oder in zehn Jahren? Die Überschrift insinuiert, dass Niedrigwasser das Hauptproblem sei. Dabei sind es ganz andere Dinge.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Warum sollte Niedrigwasser nicht ein Hauptproblem sein? Wenn Niedrigwasser dann geringere Beladung und längere Transportzeiten. Bei Normalwasser ist die Schifffahrt das kostengünstigste und nachhaltigste Transportverfahren.

    "Dabei sind es ganz andere Dinge."
    Was ist wichtiger?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten