Was für ein Kontrast: Am grauen Beton-Kirchturm der Heiligen Familie in der Karlstadter Bodelschwinghstraße fallen seit einigen Tagen schon aus der Ferne zwei Plakate mit grellen Farben auf. "Wir sind bunt", verkündet das eine. Das andere zeigt eine Friedenstaube, ein die Erdkugel umspannendes Herz und einen Regenbogen.
Genau an derselben Stelle hatten am 5. Januar Unbekannte einen ausländerfeindlicher Spruch in derbster sexistischer Fäkalsprache an den Turm geschmiert. Auch ein städtischer Schaukasten in der Nähe und ein Mietshaus waren beschmiert worden. Die Täter konnten nicht ermittelt werden.
Beim Schulfest nach dem Prinzip "Malen nach Zahlen" entstanden
"Ich wollte das nicht gleich überstreichen lassen, weil das sonst zur nächsten Schmiererei eingeladen hätte", sagt Pfarrer Simon Mayer. "Außerdem halte ich es für schwierig, so etwas sofort der Vergessenheit hinzugeben." So hing etwa ein halbes Jahr lang eine Plane an der besagten Stelle und erinnerte damit stets daran, "dass da etwas ist, was da nicht hingehört", so Mayer.
Gleichzeitig reifte die Idee, Jugendliche etwas gestalten zu lassen, das an diesem Platz aufgehängt werden kann. Über die Kunstlehrerin Lena Gräwe am Johann-Schöner-Gymnasium kam die Sache ins Rollen. Der Hausmeister des Kinderhauses der Heiligen Familie, Hans Neumeier, baute einen Rahmen, auf den als Malgrund ein Polypropylen-Gewebe aufgespannt wurde. Es stammt von der Kunstaktion, bei der vor zwei Jahren der Kirchturm verpackt wurde.
Jugendliche bereiteten die Plakate so vor, dass beim Schulfest des Gymnasiums alle, die Lust hatten, nach dem Prinzip des "Malens nach Zahlen" den Pinsel schwingen konnten. Im Abschluss-Gottesdienst vor den Sommerferien wurden die Plakate überreicht. "Uns hat besonders gut gefallen, dass wir als Schule angefragt wurden", betont Religionslehrer Jochen Diel. Mt der Aktion sei die Bindung zwischen dem Gymnasium und der Heiligen Familie gestärkt worden.