Gemächlich schiebt sich die "Bussard" flussabwärts durch das hochsommerliche Maintal im südlichen Landkreis Main-Spessart. Einige Schiffstypen beim Wasser- und Schifffahrtsamt wurden nach Greifvogel-Arten benannt – so auch das Streckenkontrollboot "Bussard", das vor wenigen Minuten aus dem Schutzhafen westlich von Hasloch ausgelaufen ist.
Der Schutzhafen gehört zu einem mehrere Hektar großen Areal, auf dem der Außenbezirk Hasloch des Wasser- und Schifffahrtsamtes Aschaffenburg seinen Sitz hat. Er ist der Zufluchtsort für Frachtschiffe, wenn der Main extremes Hochwasser führt oder wegen starken Eisgangs nicht mehr befahren werden kann.
Sie beobachten den Main zwischen Rothenfels und Freudenberg
Der Haslocher Außenbezirk muss sich mit seiner 30-köpfigen Mannschaft unter dem Technischen Amtmann Andreas Dötsch (51) vorrangig um die "Sicherheit und Leichtigkeit" des Schiffsverkehrs auf dem Main zwischen den Schleusen Freudenberg (Landkreis Miltenberg) und Rothenfels (Landkreis Main-Spessart) kümmern. Im Klartext heißt dies: Niemand darf auf der Bundeswasserstraße Main gefährdet, belästigt oder behindert werden.
Das in Hasloch ansässige Team ist rund um die Uhr präsent. Zu ihm gehören unter anderem handwerklich ausgebildete Fachleute aus den Bereichen Wasserbau und Nautik sowie Berufstaucherinnen und -taucher, Verwaltungsleute und weitere Spezialistinnen und Spezialisten. Amtmann Dötsch erklärt die Aufgabe seiner Dienststelle mit einfachen Worten: "Wir machen Schifffahrt möglich!" Dem Außenbezirk steht für seine Aufgaben eine Flotte von Land- und Wasserfahrzeugen zur Verfügung, deren Wert in die Millionen geht.
Ist die Fahrrinne tief genug, alle Bojen richtig positioniert?
Mittlerweile haben die 350 Pferdestärken das Kontrollschiff "Bussard" ein gutes Stück flussabwärts gebracht. Die Crew passiert steuerbord das Bestenheider Gewerbegebiet, durchfährt die Haslocher Eisenbahnbrücke, blickt linker Hand auf die Hänge, wo noch in den Nachkriegsjahren mit dem Haslocher Stockmeister ein guter Rotwein gelesen wurde. Wenig später ist das Wertheimer Schloss zu sehen, bevor Schiffsführer Michael Rudi die Wende zurück Richtung Schutzhafen einleitet.
Rudi ist nach seinem Chef der zweite Mann an Bord. Er blickt auf ein halbes Dutzend Bildschirme, auf denen das Echolot und wachsame Radaraugen zeigen, ob die Fahrrinne des Flusses noch in Ordnung und tief genug ist und ob sich die Bojen noch an Ort und Stelle befinden. Kontrollierende Blicke auf den Uferbereich zeigen ihm zudem, ob abgebrochene Äste oder umgestürzte Bäume den Schiffverkehr behindern könnten. Der dritte Mann an Bord ist Matrose Dirk Nebauer. Er kümmert sich um die Sauberkeit des Schiffes, das mit einer kleinen Küche und Toilette schon fast einen wohnlichen Charakter hat.
Schleusen werden ferngesteuert aus Aschaffenburg bedient
Die Bundeswasserstraße Main, die auf einer Strecke von 384 Kilometern schiffbar ist, ist seit der Öffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals im Jahr 1992 Teil einer Großschifffahrts-Wasserstraße zwischen Nordsee und Schwarzes Meer. Rund fünfzig Kilometer gehören zum Haslocher Aufsichtsbezirk. Dass mittlerweile auch Frachtschiffe aus dem Ostblock unterwegs sind, ist ein Stück Normalität geworden.
Der Fluss wird längst rund um die Uhr befahren – das Radar machts möglich. Sechs Millionen Tonnen beträgt pro Jahr das auf dem Fluss transportierte Frachtaufkommen. Gebühren müssen die Frachter nicht mehr entrichten, auch die Schleusen können zum Nulltarif durchfahren werden. So gibt es längst auch keinen Schleusenmeister mehr, der an den dreihundert Meter langen Hebewerken jahrzehntelang für freie Fahrt sorgte. Die Schleusen werden mittlerweile von der Leitzentrale des Wasser- und Schifffahrtsamtes Aschaffenburg bedient, wo per Mausklick die Kammern geöffnet und geschlossen werden.
Unter dem Strich kostet die Wasserstraße Main eine Menge Geld – Geld, das auch für die im Außenbezirks Hasloch liegenden Schleusen Rothenfels, Lengfurt, Eichel, Faulbach und Freudenberg ausgegeben werden muss. Wenn Schiffe materielle Schäden verursachen, dann sind die Leute des Außenbezirks oder die Task-Force des Wasser- und Schiffahrtsamts so schnell wie möglich vor Ort, um zu reparieren oder notfalls ein Schleusentor auszutauschen. Dafür gibt es eine 24-Stunden-Rufbereitschaft.
Als die "Bussard" wieder in den Schutzhafen einläuft, haben sie gefiederte Begleiter bekommen. Am Ufer folgen kleine Stockenten ihrer Mutter, ein Steinwurf weiter machen sich Nilgäse über ihr Frühstück her.