Ein Beruf, der vielen Leuten kaum bekannt ist, ist der des Wasserbauers. Und das, obwohl Wasserbauer vor unserer Haustüre ganze Arbeit leisten. Tobias Kohlhepp, Ausbilder des Außenbezirks Gemünden, erzählt über die Aufgaben des wichtigsten Berufs beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt.
Ohne die Wasserbauerinnen und Wasserbauer des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) würde kein Schiff auf dem Main von A nach B gelangen. Sie befestigen die Ufer, warten die Schleusen und überprüfen, ob alle Abschnitte des Mains in der Fahrrinne tief genug sind, damit die Frachter nicht stecken bleiben. 2,70 Meter tief muss der Fluss dafür sein.
"In unserem Zuständigkeitsgebiet ist das Wasser eigentlich überall sogar 2,90 Meter tief, aber 2,70 Meter garantieren wir", versichert Tobias Kohlhepp. Dafür ist vielseitiges handwerkliches Geschick aus verschiedensten Bereichen gefragt: Zimmern, Mauern, Betonieren, Natursteine beschlagen und Messinstrumente bedienen sind nur einige Fertigkeiten, die ein Wasserbauer können muss und daher in der Ausbildung erlernt.
Wasserbauer sollte schwindelfrei sein
Ein Auszubildender zum Wasserbauer sollte jedoch nicht nur handwerklich geschickt, sondern auch schwindelfrei sein, wie bei der Überquerung der Harrbacher Schleuse auf der Gitterbrücke schnell klar wird. In luftigen Höhen sind die örtlichen Wasserbauer auch unterwegs, wenn sie etwa eine morsche Baumkrone am Mainufer absägen müssen. Wer neben und auf dem Wasser arbeitet, muss natürlich auch die entsprechenden Fahrzeuge bedienen können. So lernt man als Wasserbauer bereits in der Ausbildung, kleine motorbetriebene Boote zu steuern und absolviert die erforderliche Prüfung. Selbst Baggerfahren darf der Wasserbau-Azubi in seiner Ausbildungszeit.
Die Mitarbeiter des WSA-Außenbezirks Gemünden fällen allerdings nicht nur Bäume, sondern pflanzen sie auch entlang des Mains. So spielt Ökologie beim WSA eine immer größere Rolle. "Die Zeiten, in den die Ufer kahl gehalten und nur mit Steinen zugeschüttet wurden, sind schon längst vorbei", stellt der 42-jährige Ausbilder klar.
Nachhaltig effizient und gleichzeitig ökologisch sinnvoll ist etwa die Ufersicherung mit Lebendbäumen wie der Weide. Dazu wird zunächst das vom Main abgetragene Ufer wieder aufgefüllt und gesichert. Dann wird Weidenreisig ausgelegt und befestigt, das schließlich austreibt, nach nur sechs Wochen bereits eine dichte Triebe bildet und so den Boden neu verwurzelt. "Dies bietet wertvollen Lebensraum für zahlreiche heimische Tierarten", ergänzt Kohlhepp, der seit 2008 in Gemünden Lehrlinge ausbildet.
Trotz der Vielseitigkeit dieses Berufs herrscht in der Branche großer Nachwuchsmangel. "Wir merken sichtlich das schwindende Interesse an handwerklichen Berufen", erklärt Tobias Kohlhepp. "Darüber hinaus können sich leider nur wenige Jugendliche etwas unter dem Berufsbild vorstellen." So wurden Lorenz Schneider und Lena Ammersbach;die beiden Auszubildenden in Gemünden, nur durch Bekannte auf den Beruf des Wasserbauers aufmerksam.
Dabei wird dringend Nachwuchs gebraucht, da die Arbeit für das WSA nach wie vor nicht weniger wird. "Der Eindruck täuscht: Es fahren auf dem Main zwar weniger Frachtschiffe als früher. Doch die Frachtmenge hat nicht abgenommen", sagt Kohlhepp. War vor 20 Jahren ein 100 Meter langes Schiff noch etwas Besonderes, so befahren heute bis zu 135 Meter lange Einzelschiffe und bis zu 186 Meter lange Schubverbände regelmäßig den Main. Diese können ein Mehrfaches der Fracht von früheren Schiffen transportieren.
Berufsschule in Koblenz
Viele Bewerber schreckt auch die weite Distanz zur Berufsschule in Koblenz ab. Wer aber gerne etwas Neues abseits der Heimat kennenlernen will, darf sich dort auf ein voll ausgestattetes Internat freuen. Zudem locken während und nach der Ausbildung allerlei Abenteuer. "Da wir eine Bundesbehörde sind, ist der Küstenschutz auch Teil der Ausbildung", erzählt Kohlhepp. Dazu gehört auch ein Ausflug an die Küste. Dadurch ist der Sprung aufs weite Meer selbst für bayerische Wasserbauer einfach möglich.
Nach der dreijährigen Ausbildung stehen den Absolventen, von denen auch immer mehr weiblich sind, mehrere Möglichkeiten zur Weiterbildung offen. Dazu zählen nicht nur die Weiterbildung zum Meister, sondern auch etwa zum Taucher, Matrosen, Schiffsführer und zum Schichtleiter für Schleusenbetriebsstellen. Für Letzteres ist eine halbjährliche Fortbildung nötig.