
Wenn auf der Open-Air-Theaterbühne Hagel, Schnee und Regen die Abläufe durcheinanderbringen, ist das der Lauf der Natur. Wenn aber im emotional richtigen Moment, auf die Sekunde genau passend, Regen einsetzt, spielt Wasser eine tragende Rolle – so wie etwa auf der Freilichtbühne im niederländischen Tegelen.
In dem Musical "Het was zondag in het zuiden" (Es war Sonntag im Süden) werden die herzerwärmenden Geschichten verschiedener Limburger nachgespielt, die vom Zusammenhalt der Städter während des Jahrhundert-Hochwassers 1993 zeugen sollen. Die Technik für den 280.000 Liter andauernden Regen, die während der sechswöchigen Spielzeit in diesem Sommer Abend für Abend den nachgestellten Fluss Maas zum Überlaufen brachten, kam aus Lengfurt.
Idee ist aus dem traditionellen Handwerk geboren
In einer unscheinbaren Werkstatt- und Lagerhalle im Gewerbegebiet "Oberes Eck" hat das Unternehmen Watershow.de seinen Sitz. Inhaber Christian Eid (47 Jahre) ist Spenglermeister, Sanitärinstallateur, Meister für Veranstaltungstechnik und seit 28 Jahren Fachmann für besondere Wassertechnik. Mit seinen vielfältigen Wasserwänden ist er nach eigenen Angaben Weltmarktführer. Sein größter Stolz sind seine digitalen Wasserfälle, in denen aus einer Vielzahl von Magnetventilen besondere Effekte und sogar Schriftzüge entstehen.

Das traditionelle Handwerk hat Eid schon als Kind kennengelernt. Sein Vater, der in Würzburg einen Spenglerbetrieb hatte, habe unter anderem an den Türmen des dortigen Doms und der Marienkapelle gearbeitet, erzählt Eid stolz. Heute seien seiner Ansicht nach die meisten Handwerksbetriebe nur noch "Erfüllungsgehilfen" für die Industrie. "So will ich nicht arbeiten", sagt Eid. Und ganz wie der Vater früher, der in den 1970er Jahren als einer der ersten seine Blechbearbeitungsmaschinen selbstständig vollautomatisiert habe, suchte auch Christian Eid nach einer Nische.
Von der Lasertechnik zur Wasserwand
Schon früh interessierte er sich für Lasershowtechnik. Die entwickelte er weiter und seit mehr als 20 Jahren bietet er seinen Kunden, vorwiegend aus den Bereichen Theater, Event und Messebau, spezielle Wasserwände. Unterstützt wird er von seiner Lebensgefährtin Mareike Nagel, Quereinsteigerin in Messebau und Veranstaltungstechnik, und einem Team aus fünf Angestellten mit verschiedenen Expertisen.
In Tegelen ließen Eid und sein Team es vor insgesamt 67.000 Zuschauern regnen und die Bühne überfluten. "In Kombination mit Wind-Effekten, Pyrotechnik, Licht und Dekoration setzen wir die Vorstellungen des Kunden so realistisch wie möglich um", sagt der 47-Jährige. "Wir tragen maßgeblich dazu bei, das Ziel des Regisseurs und die Erwartungen der Zuschauer zu erfüllen, nämlich Emotionen zu wecken."

Das habe auch bei einem ungewöhnlichen Schiff geklappt, das Ende Juni in Hamburg in der Nähe der Elbphilharmonie auf der Elbe auf und ab fuhr, sagt Eid. Es warb für den neuen Disney-Film "Elemental". Von Deck aus wurden immer wieder Wasserfontänen in verschiedenen Figuren in den Himmel geschossen.
Physikalische Gesetze setzen Grenzen
Eids Kundenaufträge sind immer individuell, sagt er. "Oft erscheinen die Wünsche erst einmal unmöglich umzusetzen. Doch wir finden immer einen Weg", so Eid. Diese gestalterische Herausforderung ist für ihn "echtes Handwerk". Grenzen setzen ihm nur physikalische Gesetze: Die Tropfen aus den Wasserwänden fallen immer nach unten. Und in Abhängigkeit von der Gravitationskraft auf der Erde beschleunigen die fallenden Wassertropfen mit 9,81 Meter pro Quadratsekunde. Das heißt, sie werden in jeder Sekunde um 9,81 Meter schneller.
Egal, wo Eids Wasserwände zum Einsatz kommen, sie ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Und sie würden den Blick und das Ohr der Betrachtenden auch auf die präsentierten Produktinformationen lenken. Im Bereich Messebau ist es Eids Auftrag, Produkte in Szene zu setzen, die mit Wasser zu tun haben. Auf der Hannover-Messe, der weltweit wichtigsten Industriemesse, hat sich Brasilien mit Technik von Watershow.de in einem nachgestellten Regenwald präsentiert.
Was wasserabweisende Membrane und Toiletten gemeinsam haben
Auch der Hersteller der wind- und wasserdichten Membran Gore-Tex, die in Regenkleidung eingesetzt wird, nutzt Eids Technik – um zu beweisen, dass der Stoff hält, was der Hersteller verspricht. Sanitärhersteller aus der Schweiz oder Japan zeigen mit den unternehmenseigenen digitalen Wasserwänden die Vorzüge ihrer Produkte.

Sind Messen und Spielzeiten zu Ende, holen Eid und sein Team ihre Technik wieder ab, um sie einzulagern oder für ein neues Kundenprojekt wieder umzubauen. Das Unternehmen ist in aller Welt unterwegs. Doch manchmal kommen auch prominente Gäste nach Lengfurt, etwa der deutsche Pop-Musiker Adel Tawil an einem Sonntagnachmittag für einen Videodreh zu seinem Song "Tränenpalast", in dem er – wie sollte es anders sein – im künstlichen Regen steht und singt.