Die frühere Inhaberin eines China-Schnellimbisses in Karlstadt soll einen Mann beschäftigt haben, ohne für ihn Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Vor dem Würzburger Amtsgericht musste sie sich deswegen nun wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt verantworten. Der vorsitzende Richter konnte jedoch keinen belastbaren Hinweis erkennen, dass die 27-jährige Vietnamesin den Mann tatsächlich über längere Zeit ohne Anstellung beschäftigt hat. Der Richter stellte das Verfahren ohne Urteil und gegen eine Zahlung von 400 Euro an den gemeinnützigen Verein Aktive Hilfe ein.
Die Angeklagte wurde von einer eigens aus Frankfurt angereisten Rechtsanwältin vertreten. Zu Beginn der Verhandlung stellte sie einen Antrag auf Unzuständigkeit des Würzburger Amtsgerichts. Als Tatort sei der Hauptsitz der Ersatzkasse anzunehmen. Auch verfüge die Angeklagte nicht über die nötigen Kenntnisse des Wirtschaftslebens. Eine Strafverfolgung sei daher nicht angemessen. Dieser Argumentation konnten weder Richter noch Staatsanwältin folgen. Weitergedacht führe dies dazu, so der Richter, dass im Wirtschaftsrecht kaum noch eine Strafverfolgung möglich sei.
Corona-Kontrollen waren Auslöser
Das Verfahren gegen die Inhaberin des Schnellimbisses war in Gang gekommen, nachdem die Polizei Ende Januar 2022 eine Kontrolle zur Einhaltung der damals geltenden Coronaregeln vorgenommen hatte. Dabei war sie auf einen in der Küche arbeitenden Mann gestoßen, der nur einen vietnamesischen Reisepass mit ungarischem Visum vorzuweisen hatte. Er war weder als Arbeitnehmer angestellt noch hatte er eine Arbeitserlaubnis. In einer ersten Vernehmung hatte der ebenfalls anwesende Koch damals angegeben, dass der Mann seit mindestens Juli 2021 in dem Schnellimbiss als "Aushilfe" beschäftigt sei.
Für das Hauptzollamt stand damit fest, dass für den Mann keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden und setzte rückwirkend eine Beschäftigungsvermutung von drei Monaten an. Da es keinerlei Aufzeichnungen oder Lohnunterlagen gab, blieb der Deutschen Rentenversicherung nichts anderes übrig als den entstandenen Schaden zu schätzen. Hierfür legte sie den gesetzlichen Mindestlohn an und errechnete ausstehende Sozialbeiträge in Höhe von 1935 Euro. Inwiefern der damals angetroffene Mann jedoch tatsächlich als "Aushilfe" beschäftigt war, was er dort genau erledigte und in welchem Umfang, das blieb in der Gerichtsverhandlung offen. Den entstandenen Schaden hat die Angeklagte bereits beglichen.
Koch als Zeuge geladen
Entscheidend war die Aussage des im Januar 2022 angetroffenen Kochs, der als Zeuge geladen war. Der 46-jährige Deutsch-Vietnamese bestätigte vor Gericht zwar seine Aussage, berief sich aber auf die lange Zeit, die inzwischen vergangen ist. Er habe den Mann zudem nur "ein paar mal" gesehen. Dieser habe ein "bisschen geholfen". Wer der Mann genau sei, wisse er jedoch nicht. Beim Arbeiten konzentriere er sich ganz auf das Kochen und achte nicht so sehr auf die Umgebung. Er interessiere sich nicht dafür, was die Kollegen ansonsten tun. Der Kontakt gehe kaum über ein Hallo hinaus: "Man braucht doch nicht unbedingt alles zu wissen über seine Kollegen".
Auch von einem Inhaberwechsel des Imbisses will er nichts mitbekommen haben: Die Angeklagte ist inzwischen als normale Angestellte Kollegin des Zeugen.