Im Landkreis Main-Spessart boomen die Elektroautos. Die Autohändler könnten sogar noch mehr verkaufen, wenn die Hersteller schneller liefern würden. Zwei Karlstadter Autohändler plaudern aus dem Nähkästchen: Verkaufsleiter Andreas Schubert vom Renault-Autohaus Echterstraße und Alexander Köhler vom BMW-Autohaus Köhler.
Ende 2015 waren in Main-Spessart lediglich 32 Elektrofahrzeuge zugelassen, bis Ende 2017 waren's 125, vor rund einem Jahr immerhin 326. Doch dann nahm der Zuwachs mächtig Fahrt auf. Jetzt fahren 851 Fahrzeuge elektrisch durch den Landkreis. Deren Zahl hat sich also in einem Jahr mehr als verdoppelt. Allerdings fährt dennoch erst knapp ein Prozent in MSP inzwischen elektrisch. Denn laut Zulassungsstelle sind insgesamt fast 87 000 Fahrzeuge zugelassen.
Endspurt wegen geringerer Mehrwertsteuer
Verkaufsleiter Andreas Schubert ist begeistert von den Zahlen im Autohaus Echterstraße. Im vergangenen Jahr wurden dort 105 Elektroautos verkauft – und damit in nur einem Jahr mehr als in den Jahren 2012 bis 2019 zusammen. Für diesen Boom macht er zwei Hauptgründe aus: Im vergangenen Jahr wurde Anfang Juli die staatliche Förderung für reine Elektrofahrzeuge von 3000 auf bis zu 6000 Euro angehoben. Aufgrund dieses Zuschusses sei der Stromer nicht erheblich teurer als der Verbrenner, rechnet er vor. Beim Renault-Twingo beispielsweise kommt noch eine Förderung des Herstellers von 3570 Euro hinzu. Dann sind für das E-Auto nur noch 1500 Euro mehr hinzublättern als für den Benziner.
Außerdem war im Coronajahr die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent reduziert. Seit Januar liegt sie wieder bei 19 Prozent. Deshalb hatten sich etliche Kunden, die normalerweise erst heuer gekauft hätten, beeilt und noch vor Jahreswechsel zugeschlagen. Damit setzt sich dieses exponentielle Wachstum im Autohaus Echterstraße heuer nicht fort. Aber immerhin könnten es geringfügig mehr Elektroautos werden als im vergangenen Jahr, sofern alle vertraglich verkauften Fahrzeuge noch bis Jahresende geliefert werden.
Lieferengpässe führen zu längeren Wartezeiten
"Denn es gibt Lieferengpässe", sagt Andreas Schubert. "Grund ist die Halbleiterproblematik." Es fehlen Computerchips, ohne die ein heutiges Auto nicht mehr auskommt. Auch Geschäftsführer Alexander Köhler vom BMW-Autohaus Köhler berichtet von solchen Engpässen, beispielsweise wenn jemand Hifi-Lautsprecher wünscht. Generell haben sich die Wartezeiten verlängert. Nur beim Zoe, dem Renner unter den Renault-Elektroautos, beträgt die Lieferzeit lediglich drei bis sechs Monate. Bei anderen Elektroautos ist länger zu warten. Und bei den Verbrennern nennt Renault gar keinen Termin. Schubert vermutet, dass die französischen Autobauer mit der schnelleren Lieferung der E-Fahrzeuge den CO2-Flottenverbrauch verringern will.
Beim BMW-Autohaus Köhler in Karlstadt ist der i3 das rein elektrische Auto, das schon seit 2013 auf dem Markt ist – und auch noch bis 2024 sein wird. "Davon haben wir in den ersten Jahren nur einzelne verkauft", sagt Geschäftsführer Alexander Köhler. Zwischen September 2020 und heute waren es hingegen 24 elektrische BMWs. Bei insgesamt 218 verkauften Fahrzeugen sind das mehr als zehn Prozent. Hinzu kommen zwölf elektrische Minis. Und seit März ist mit dem iX3 der erste Elektro-SUV von BMW auf dem Markt.
Elektrisch fahren bis zur Autobahn
Besonders gefragt seien Hybridautos, berichtet Köhler. Da lag der Absatz bei 54 Stück und somit deutlich höher als bei den rein elektrischen. "Wer zum Beispiel nach Stuttgart will, fährt die Strecke bis zur Autobahn mit Strom, dann auf der Autobahn mit dem Verbrenner und in der Stadt wieder mit Strom", schildert Köhler das Prinzip dieser Fahrzeuge. Dafür ist ein Plug-in-Hybrid nötig, also ein Auto, das über ein Ladekabel Strom beziehen kann. Bei Hybrid-Fahrzeugen ohne diese Plug-in-Lademöglichkeit reicht der Strom hingegen nur zur Überbrückung kürzerer Strecken aus. Diese geringere Kapazität laden sie selbst durch ihren Verbrennungsmotor.
Alexander Köhler sagt, im Beratungsgespräch weise er die Kunden darauf hin, dass die allermeisten Fahrten durchaus mit einem reinen Elektrofahrzeug bestritten werden können. "Man muss mal überlegen, wie oft im Jahr jemand an den Gardasee oder nach Hamburg fährt." Im Winter freilich seien die Reichweiten bei E-Autos kürzer. "Dann aber kann ich meinem Auto sagen, dass ich morgen um 7 Uhr losfahren will, wenn ich es abends ans Ladekabel hänge. Dann wird die Batterie vorgeheizt."
Strom ist günstiger als Benzin
Häufig sei das Elektroauto der Zweitwagen, stellt Andreas Schubert fest. Es dient zum Pendeln auf die Arbeit, zum Einkaufen und um die Kinder zu chauffieren. Die Reichweiten liegen bei rund 400 Kilometern beim Zoe. Die Kunden würden sich aus ökologischen und ökonomischen Gründen für den Kauf entscheiden.
Neben der Anschaffung spielt der Unterhalt eine Rolle. Und der ist bei Stromern günstiger als bei Verbrennern. Bis 2030 sind Elektrofahrzeuge steuerbefreit. Ein Blick auf den Verbrauch zeigt: Bei einem Strompreis von 30 Cent pro Kilowattstunde fährt der Zoe 100 Kilometer für 4,50 Euro. Der Benziner hingegen verursacht rund 11 Euro Treibstoffkosten. Außerdem gibt es Strom teilweise kostenlos. Manche Arbeitgeber lassen tagsüber kostenlos Strom tanken. Und ehe jemand den Strom seiner Photovoltaikanlage für wenig Entgelt ins Netz einspeist, lässt sich damit billig das Auto aufladen. Das ist ohnehin die ökologisch sinnvollste Variante. Der Strom aus dem Netz enthält schließlich nach wie vor einen beträchtlichen Anteil fossiler Energie. Günstiger ist bei den Elektrischen auch die Versicherung, weil die Kunden weniger rasant fahren, sondern eher dazu neigen, mit der Akkuladung möglichst weit zu kommen.
Köhler und Schubert weisen auch auf die geringeren Wartungskosten bei E-Fahrzeugen hin, weil Dinge wie Ölwechsel, Zündkerzen, Turbolader, Zahnriemen, Wasserpumpe, Luft- und Kraftstofffilter entfallen. Bei der Elektromobilität gibt es stattdessen wenige andere Dinge zu warten, etwa die Systemprogrammierung. Schubert: "Nötig ist es allerdings, die Infrastruktur besser auszubauen. Die muss deutlich großflächiger zur Verfügung stehen, bei Einkaufszentren zum Beispiel. Und es muss möglich sein, mit EC-Karte zu zahlen."