Zum ersten Präsenztreffen des IHK Gremialausschusses Main-Spessart kamen zwar nicht sehr viele Mitglieder, aber die meisten derjenigen, die den Weg zur Firma Lang Gerätetechnik in Karlburg fanden, nutzen die Gelegenheit, um mal richtig Dampf abzulassen. Zum einen über das Landratsamt, zum anderen über die junge Generation.
Die Ausschussvorsitzende Verena Müller-Drilling von Müller Feinblechbautechnik in Frammersbach begrüßte die Mitglieder, ihr Stellvertreter Dominic Waßmann von der Firma Lang war Gastgeber. Oliver Freitag von der IHK führte durch die Sitzung. Aus Würzburg zugeschaltet war Elena Fürst, die die Resultate der IHK-Unternehmensbefragung 2020 vorstellte. Insgesamt beantworteten 750 mainfränkische Unternehmen den Fragebogen, 81 davon aus Main-Spessart.
Der Landkreis erhält von den Unternehmern eine 3+
Der Wirtschaftsstandort Mainfranken erhielt von ihnen die Note 2,4. Die Main-Spessart-Firmen vergaben im Durchschnitt die Note 2,7. 2016 noch hatte es aus dem Landkreis die Note 2,5 gegeben. Als besondere Schwächen der Region führten die MSP-Unternehmerinnen und -Unternehmer die Punkte "Digitalisierung", "Fachkräfte" und "Verständnis der Politik für die Wirtschaft" an.
"Das ist für uns ein wichtiger Report. Daraus leiten wir einen Arbeitsauftrag ab", sagte Oliver Freitag. Das genügte den Anwesenden jedoch nicht. Dominic Waßmann und Verena Müller-Drilling sagten, ihre jeweiligen Unternehmen hätten sich selbst um den Anschluss ans Glasfasernetz gekümmert. Autohaus-Chef Peter Grampp kommentierte dies mit: "In Main-Spessart gilt: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott." Dies liege auch an den handelnden Personen. In Steinfeld oder Karlstadt gebe es durchaus Bürgermeister, die Willens seien, sich für die Belange der Wirtschaft einzusetzen.
Stephan Schulze vom Baumhaushotel Seemühle in Gräfendorf echauffierte sich über "Innovationsfeindlichkeit" und "provinziellen Muff in den Amtsstuben". Er verspüre "keine konstruktive Kooperation" von Kommune oder Landkreis.
Oliver Freitag betonte, die IHK setze sich bei Themen wie B26n, Ausbau der A7 und Reaktivierung von Schienenstrecken für die Belange der Wirtschaft ein. Aber solche Dinge gingen in Deutschland langsam voran, da müsse man teilweise "in Jahrzehnten" denken. "In China geht's schneller", fiel Verena Müller-Drilling dazu ein.
Fachkräfte und Azubis fehlen
Sebastian Kühl, seit einem Jahr im Landratsamt zuständig für Landkreisentwicklung, sagte, er sei "angetreten, um Wirtschaftsförderung zu betreiben". Er wolle den Unternehmen mit "Verständnis und Verbindlichkeit" begegnen. An der Dauer von Genehmigungsverfahren arbeite er. Die neu eingeführte Möglichkeit, Bauanträge digital einzureichen, sei ein erster Schritt. Oft sei der Immissionsschutz "bei Investitionen ein Nadelöhr". Kühl: "Wir brauchen mehr Umweltingenieure." Außerdem warb er um Unterstützung für die Pläne des Landkreises zum Aufbau eines Technologietransferzentrums und die Ausweisung des Spessarts als Biosphärenreservat.
In seinem Geschäftsbericht sagte Oliver Freitag bei einer Arbeitslosenquote von zwei Prozent herrsche in Main-Spessart "voller als Vollbeschäftigung". Das sei zwar schön, werfe für Unternehmerinnen und Unternehmer aber die Frage auf: "Kann ich hier expandieren? Bekomme ich Arbeitskräfte?" Es sei auch schwierig, Azubis anzuwerben. Im Jahr 2021 wurden in Main-Spessart 337 Ausbildungsverträge abgeschlossen, im Jahr davor waren es fünf mehr gewesen.
"Studienwahn" und Kritik an Erwartungshaltung
Die Ausschussmitglieder bestätigten, dass es äußerst schwierig sei, Azubis zu finden. Das liege zum einen an der demografischen Entwicklung, zum anderen am "Studienwahn", sagte Peter Grampp. Es liege aber auch an der Erwartungshaltung der jungen Menschen. "Statt eine Ausbildung anzutreten und mal zwei Jahre lang 750 Euro zu verdienen, gehen viele lieber gleich in die Industrie und verdienen am Fließband 2200 Euro", meinte Dominic Waßmann. Die Anwesenden kritisierten auch den Willen junger Menschen, sich "die Hände schmutzig zu machen". Die "Work-Life-Balance" habe heutzutage einen hohen Stellenwert.
Die Anwesenden zeigten sich zuversichtlich, die "Corona-Talsohle durchschritten" zu haben. Die Konjunktur habe bereits angezogen. Allerdings drohe eine enorme Preissteigerung und hohe Inflation.
IHK: Oliver Freitag betonte, die IHK setze sich bei Themen wie B26n, Ausbau der A7 und Reaktivierung von Schienenstrecken für die Belange der Wirtschaft ein.
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