Landrätin Sabine Sitter sagt: "Wenn ich bei einer Veranstaltung mit den Leuten ins Gespräch komme, geht es früher oder später immer um Bauanträge." Sehr oft höre sie dann, das dauere zu lange "im Landratsamt". Nun führt Main-Spessart ab 1. Oktober die Möglichkeit ein, Bauanträge in digitaler Form beim Landratsamt einzureichen. "Das wird die Transparenz und Effizienz erhöhen" – davon sind Sabine Sitter und Tanja Reder, Sachgebietsleiterin für Baurecht, überzeugt.
Grundsätzlich ist den bayerischen Landkreisen seit 1. Februar freigestellt, "das digitale Baugenehmigungsverfahren" zu ermöglichen. Weniger als ein Dutzend der 71 bayerischen Landkreise macht schon davon Gebrauch; in Unterfranken wird Main-Spessart der erste sein. Grundsätzlich soll dies laut EU-Vorgabe und Bundesgesetz bis Ende 2022 überall möglich sein. Tanja Reder glaubt nicht, dass alle bayerischen Landkreise dies rechtzeitig umsetzen werden – zumindest nicht so wie Main-Spessart. "Wir haben unseren Workflow komplett digitalisiert", erklärt sie. "Bisher war die Akte mit der Papierversion eines Bauantrags maßgeblich. Ab 1. Oktober wird es die digitale Version sein. Wir wollen künftig möglichst ohne Ausdrucke auskommen."
Die Kommunen bleiben weiterhin Teil des Verfahrens
Ganz grundsätzlich wurden Bauanträge bisher bei den Kommunen eingereicht. Aber die für die Digitalisierung nötigen Investitionen sollen nicht sämtlichen Städten, Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften aufgebürdet werden. "Wir haben im Landratsamt bereits Scanner und Großformatdrucker, sogenannte Plotter, angeschafft und erhalten demnächst noch neue 30-Zoll-Bildschirme", so Reder. Die Mitarbeiter wurden auf den digitalen Workflow geschult.
Allerdings sollen die Kompetenzen der Kommunen nicht beschnitten werden: "Sobald bei uns ein Bauantrag eingeht, wird die betroffene Stadt oder Gemeinde per Email benachrichtigt", so Reder. Bisher ging der Antrag an die Kommune, die dann zwei Monate Zeit hatte zur Stellungnahme. Von dort ging der Antrag an das Landratsamt, das in weiteren drei Monaten weitere Stellungnahmen einholen musste – beispielsweise, falls betroffen, vom Wasserwirtschaftsamt, der Unteren Naturschutzbehörde oder vom Denkmalschutz – und die Sache zu bewerten hatte. "Künftig haben wir insgesamt fünf Monate Zeit, um die nötigen Stellungnahmen einzuholen. Die betroffene Kommune wird in das Verfahren ebenso eingebunden wie andere Behörden", sagt Tanja Reder.
Es besteht also die berechtigte Hoffnung, dass es künftig insgesamt schneller vorangeht. Und: Sowohl die Antragsteller wie auch deren Architekten und die anderen Verfahrensteilnehmer können jederzeit den Ablauf des Verfahrens online verfolgen. Dort ist erkennbar, welche Beteiligten bereits Stellung bezogen haben und welche nicht. "Dann heißt es nicht mehr pauschal: Es hängt am Landratsamt", hofft Sabine Sitter. Der geschäftsführende Beamte Otto Streitenberger erklärt bildhaft: "Sie können den Fortgang wie bei einer Online-Bestellung nachvollziehen."
Anträge können weiterhin in Papierform gestellt werden
Der Clou daran: Anträge können auch wie bisher in Papierform eingereicht werden – jetzt aber beim Landratsamt. Und auch für diese Anträge gilt dann das neue Verfahren. "Die werden beim Eingang gescannt und kommen schon digital zu den Sachbearbeitern", so Reder. Ab dann läuft alles weiter auf dem bereits beschriebenen digitalen Weg.
Am Anfang rechnet die Sachgebietsleiterin damit, dass die Mehrzahl der Anträge wie bisher in Papierform eingeht. "Wir wollen erstmal sehen, wie es anrollt", sagt sie. Private Bauherren hätten womöglich einen stärkeren emotionalen Bezug zu Plänen auf Papier. Von den Unternehmen im Landkreis erwartet sie dagegen eine problemlose Umstellung aufs digitale Verfahren. Wenn die Mitarbeiter der Baubehörde sich an die neuen Abläufe gewöhnt haben, ist denkbar, dass das Landratsamt bei Architekten für die Eingabe in digitaler Form über das "Bayernportal" wirbt.
Die Karlstadter Architektin Silja Wiener zeigt sich aufgeschlossen: "Wir arbeiten sowieso digital. Derzeit sind immer fünf Ausdrucke nötig: Drei für die Gemeinde, einer für den Kunden und einer für unsere Akten. Das Papier könnte man auch sparen."
Sonderfall: Wenn ein Bebauungsplan gilt
Eine Einschränkung gibt es allerdings: Wenn in einem Gebiet gebaut werden soll, für das ein Bebauungsplan gilt, bleibt die Kommune die erste Anlaufstelle. Ein digitaler Antrag wird vom Landratsamt unverzüglich an die Kommune weitergeleitet, die Papierform ist weiterhin bei der Gemeinde einzureichen. Dies gilt sowohl für den Fall eines Bauantrags, der dem Bebauungsplan entspricht, wie auch für Pläne, die Ausnahmen oder Befreiungen benötigen.
Anfang Oktober wird auf der Webseite des Landratsamts eine Seite freigeschaltet, die das digitale Baugenehmigungsverfahren im Landkreis ("DigiBauMSP"), genauer erläutert und alle Fragen beantworten soll. Bayernweit ist der Landkreis Traunstein ein Vorreiter, in Unterfranken wird es Main-Spessart. "Bei uns wird's anders laufen als in einem oberfränkischen Landkreis, der zwar die digitale Eingabe ermöglicht, aber weiterhin mit Ausdrucken und Akten arbeitet", verspricht Landrätin Sabine Sitter.
Eins versteh ich nicht so ganz:
... Eine Einschränkung gibt es allerdings: Wenn in einem Gebiet gebaut werden soll, für das ein Bebauungsplan gilt, bleibt die Kommune die erste Anlaufstelle. Ein digitaler Antrag wird vom Landratsamt unverzüglich an die Kommune weitergeleitet, die Papierform ist weiterhin bei der Gemeinde einzureichen. ...
Im Normalfall gibt es doch immer einen Bebauungsplan.
Wo soll dann hier noch ein Vorteil gegenüber dem bisherigen Verfahren sein?
Zumal dann doch wieder mit Papier handiert werden soll.