zurück
Trennfeld
Hochwasser-Betroffene aus dem Ahrtal machen Urlaub in Triefenstein
Wie geht es den Menschen ein halbes Jahr nach der Flut? Eine junge Familie aus Rheinland-Pfalz ist zu Besuch in MSP – bei Freunden, die sie ohne die Katastrophe nie kennengelernt hätten.
Eine ungewöhnliche Freundschaft verbindet Jonas und Marina Sebastian (Mitte, mit Tochter Elli vor der Brust) mit Marita Kuhn, Claudia Schäfer und Sonja Huth (von links) aus Triefenstein.
Foto: Carolin Schulte | Eine ungewöhnliche Freundschaft verbindet Jonas und Marina Sebastian (Mitte, mit Tochter Elli vor der Brust) mit Marita Kuhn, Claudia Schäfer und Sonja Huth (von links) aus Triefenstein.
Carolin Schulte
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:55 Uhr

Ein bisschen Hochwasser an der Ahr haben Marina und Jonas Sebastian schon häufiger erlebt. "Dass das Wasser zehn Zentimeter in der Stunde steigt, das kennen wir", sagt Marina Sebastian. Doch als im Juli das Wasser stiegt, von Knöchel- auf Brusthöhe innerhalb einer Viertelstunde, da war den beiden klar, dass dieses Hochwasser ein ganz anderes Ausmaß annimmt.

Die Sebastians kommen aus Dernau in Rheinland-Pfalz, ihre ganze Familie lebt dort. Ihr Neubau unweit der Ahr war gerade bezugsfertig, als das Hochwasser kam - danach mussten sie wieder kernsanieren. Jetzt, ein halbes Jahr später, sind gerade wieder die Fenster eingesetzt worden. Die Familie lebt noch in einer Ausweichwohnung, nur wenige Kilometer entfernt von Dernau auf einem Hügel. Marina Sebastians Familie lebt mit ihnen dort – auch ihr Haus war nach dem Hochwasser unbewohnbar.

Hilfe beim Wiederaufbau haben die Sebastians aus Triefenstein und den umliegenden Orten bekommen: Claudia Schäfer organisierte direkt nach der Katastrophe eine private Spendenaktion und sammelte schnell mehrere Zehntausend Euro. Mit Hilfe der Dernauer Weinkönigin hat sie einen Kreis von 13 Familien aufgebaut, die regelmäßig Überweisungen aus Triefenstein bekommen - insgesamt 73 000 Euro bisher. Schäfer und ihr Helferkreis, Marita Kuhn, Sonja Huth und Melanie Schulz, luden die Dernauer längst ein, für einen Urlaub nach Main-Spessart zu kommen. Dieses Angebot nahmen die Sebastians nun dankend an.

Spenden aus der Region erleichtern Wiederaufbau

"Die Hilfe, die wir von hier bekommen haben, ist der Hammer", sagt Marina Sebastian. Sie ist begeistert von dem Vertrauen, das die Triefensteiner ihnen entgegenbrächten. Die Spenden hätten vieles erleichtert. Ihr Urlaub hier wollen sie nun ganz entspannt verbringen und ein bisschen Abstand gewinnen von der Baustelle zu Hause. Und vor allem: Zeit zu dritt genießen mit Tochter Elli, die vier Wochen nach dem Hochwasser zur Welt kam.

In Triefenstein begrüßte sie der ehemalige Bürgermeister Norbert Endres: Weil er seinen Ausstand im Rathaus nie feiern konnte, beschloss er, stattdessen 500 Euro nach Dernau zu spenden. "Ich bin mir sicher, dass das Geld in gute Hände kommt", sagte Endres bei der Übergabe. Bauamtsleiter Volker Kuhn überbrachte Grüße von Endres' Nachfolgerin Kerstin Deckenbrock und betonte, das Personal im Rathaus habe keine Sekunde gezögert, als Endres die Spende vorgeschlagen hatte. 

Triefensteins ehemaliger Bürgermeister Norbert Endres übergab 500 Euro, die er eigentlich für seinen Ausstand im Rathaus ausgeben wollte, an Jonas und Marina Sebastian aus Dernau. Zur Übergabe kam auch Endres' Enkel Emil.
Foto: Carolin Schulte | Triefensteins ehemaliger Bürgermeister Norbert Endres übergab 500 Euro, die er eigentlich für seinen Ausstand im Rathaus ausgeben wollte, an Jonas und Marina Sebastian aus Dernau.

Ihren Neubau mussten die Sebastians nun kernsanieren, im kommenden Sommer können sie hoffentlich einziehen. Bisher bewohnten sie eine zweistöckige Wohnung in Dernau und hatten Glück, dass hier nur die untere Etage überschwemmt wurde – das Büro mit allen wichtigen Dokumenten blieb trocken. Und auch glückliche Zufälle gab es: Ein Karton mit Erinnerungen an ihre Hochzeit hatte im gefluteten Wohnzimmer auf der Couch gestanden. Weil die Couch auf dem Wasser schwamm, blieb der Karton trocken.

Auch die Sebastians sind der Meinung, dass Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn man von offizieller Seite früher gewarnt hätte. "Am Nachmittag wurden noch fünf Sandsäcke an jedes Haus verteilt – das hätte man sich sparen können", sagt Jonas Sebastian. Als im Ort Schuld, das etwa 30 Kilometer flussaufwärts liegt, Häuser weggespült wurden, spätestens da hätte man den Ernst der Lage ahnen müssen, meint er. "Es hätte den ganzen Abend die Sirene laufen müssen – das Sirenen-Netz im Ahrtal ist intakt", sagt Marina Sebastian.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Die Stimmung in ihrem Heimatort bessere sich jetzt so langsam, viele kämen jetzt zurück aus den Notunterkünften. Nur wenige hätten die Zelte in Dernau komplett abgebrochen und woanders neu angefangen. Für die Sebastians kam das auch nicht in Frage. Einfach ist die Situation trotzdem nicht: "Jeder im Ort kennt jemanden, der bei dem Hochwasser auf der Strecke geblieben ist", sagt Jonas Sebastian. Sie hatten Glück, alles, was sie verloren haben, lässt sich wieder aufbauen. 

Wie kann ich spenden?

Wer Geld spenden möchte, erreicht Claudia Schäfer per E-Mail an claudi.fuer.dernau@gmail.com
Auch wer gern selbst mit anpacken möchte in Dernau, kann sich bei Schäfer melden. Sachspenden können zurzeit nicht gelagert werden. 
Quelle:ins
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Trennfeld
Carolin Schulte
Freunde
Hochwasser und Überschwemmung
Norbert Endres
Spendenaktionen
Töchter
Wiederaufbau
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top