In dieser Woche sind die letzten Hilfskräfte des Roten Kreuzes aus Main-Spessart von ihrem Einsatz im Ahrtal zurückgekehrt. Die Fotos, die sie mitbringen, zeigen die Verwüstung, die das Hochwasser in der Nacht zum 15. Juli anrichtete, und wie weit das Aufräumen inzwischen gediehen ist. Von anderen Bildern, die die Helferinnen und Helfer in sich tragen, können sie nur erzählen und manchmal nicht einmal das. "Es ist unvorstellbar", sagt Michael Behringer. "Ich habe mir nicht ausmalen können, dass in Deutschland so etwas passiert".
Behringer ist Bezirksbereitschaftsleiter des BRK Unterfranken und hat schon manchen Einsatz mitgemacht. Logistische Herausforderungen wie die WM 2006 oder den G7-Gipfel, aber auch Fahrten in Kriegsgebiete wie nach Bosnien oder Kroatien. Aber das, was er im Ahrtal zu sehen bekam, hat für den Marktheidenfelder alles in den Schatten gestellt: "In manchen Ortschaften stehen von 100 Häusern vielleicht noch eines oder zwei." Die Flut habe alles mitgerissen. "Manche Menschen haben nichts mehr, einfach gar nichts außer dem, was sie auf dem Leib trugen."
Bei einigen ist alles weg, was das bisherige Leben dokumentierte: Erinnerungen, aber auch Papiere und Urkunden. In manchen Orten können nicht einmal die Behörden helfen, weil das Wasser auch aus den Rathäusern Schränke und Akten mitgerissen hat. Möglicherweise liegt es begraben in den riesigen Müllhalden, die sich in der Region türmen.
In 14 Feldküchen zigtausende Essen zubereitet
Vier Wochen, mit wenigen eintägigen Unterbrechungen, war Behringer im Katastrophengebiet und war im Ort Grafschaft für den Bereich Versorgung in einem Verpflegungszentrum zuständig. Unter anderem wurden von hier aus 14 Feldküchen betrieben, die wiederum 42 Ausgabestellen in der Region belieferten. Ausgelegt war das auf einem Firmenparkplatz von Haribo aufgebaute Zentrum für 10 000 Essen, doch wurden an manchen Tagen bis zu 16 000 Essen ausgeliefert. Den Nachschub sicherstellen, Material besorgen, die Auslieferung koordinieren – oft konnte der Tag für den Marktheidenfelder, der dem DRK-Generalsekretariat zugeordnet war, nicht genug Stunden haben.
Wie herausfordernd die Aufgabe war, zeigen einige Zahlen: Nahrungsmittel für rund eine Viertelmillion Euro wurden am Tag verarbeitet, jeden Tag etwa drei bis vier Tonnen Lebensmittel an die Bevölkerung, an Helfer und Einsatzkräfte wie etwa THW und Polizei verteilt. Es gab morgens und abends Kaltverpflegung und ein warmes Mittagessen. Verarbeitet wurden bis zu 23 000 Brötchen und 600 Kilo Brot am Tag. Frühs um 3 Uhr wurden die Küchen in Betrieb genommen, damit um 10 Uhr die Essen verladen werden konnten. Behringer musste neben der Verpflegung Betriebsstoffe besorgen, Pavillons, Elektromaterial, Tische, Schöpflöffel –um nur einiges zu nennen – und manches war nur noch im Ausland zu bekommen.
Untergebracht waren die Helferinnen und Helfer in der Landesblindenschule Rheinland-Pfalz in Neuwied, die in der Ferienzeit glücklicherweise nicht genutzt wurde. Hier auf dem Höhenzug gab es Wasser, Strom, sanitäre Einrichtungen – Luxus im Vergleich zu den vom Hochwasser heimgesuchten Orten im Tal, wo alles über Aufbereitungsanlagen und Notstromaggregate laufen muss.
Drei Kontingente mit Main-Spessarter Beteiligung
Rund 30 Main-Spessarter waren unter den unterfränkischen Rotkreuzlern, die nach dem Ausrufen des Katastrophenfalls mit dem ersten BRK-Kontingent ins Ahrtal fuhren. Drei Schnelleinsatzgruppen gehörten ihm an: die SEG Verpflegung mit dem Küchenteam aus Kreuzwertheim, die SEG Behandlung aus Karlstadt und Marktheidenfeld, die SEG Technik und Sicherheit aus Lohr mit dem Gerätewagen Logistik sowie die SEG Betreuung aus Gemünden und Arnstein. Jeweils vier Tage blieben die Teams vor Ort.
Bereits einen Tag zuvor war der Wasserrettungszug des BRK Unterfranken in die Region in Marsch gesetzt worden. Sie waren die allerersten BRK-Leute aus unserer Region im Ahrtal. Dem Zug gehört auch der fünf Mann starke Logistiktrupp aus Kreuzwertheim und Marktheidenfeld an.
Zwei weitere Kontingente aus Unterfranken mit starker Beteiligung aus Main-Spessart sollten in den nächsten Wochen folgen, aus dem Bereich Transport unter Leitung von Florian Schüssler und Dominik Brühl, und aus dem Bereich Betreuung unter Leitung von Michaela Dürr und Werner Wawok. Während ihres Einsatzes haben die Main-Spessarter unter anderem den normalen Rettungsdienst ersetzt, sind Notfälle gefahren oder haben Räumungseinsätze begleitet. Auch haben sie Hausärzte unterstützt, deren Praxen beim Hochwasser zerstört worden waren und die nicht mehr genutzt werden konnten.
Insgesamt waren bei den zwei weiteren Einsätzen noch einmal fast 25 Main-Spessarter im Ahrtal. Die insgesamt hohe Zahl erklärt sich durch die Größe des Kreisverbandes, der in Unterfranken der größte ist und mit Fahrzeugen dank der vielen SEG besser ausgestattet als mancher andere ist. Zurückgegriffen habe man vor allem auf erfahrene Leute, die schon öfters im Einsatz waren. Die psychische Belastung sei besonders hoch gewesen, begründet Michael Behringer. Er freut sich, dass es zu keinen Unfällen kam und dass alle gesund wieder nach Hause zurückkehrten.