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Marktheidenfeld
Handarbeits-Boom: Profitieren Geschäfte von Corona?
In Marktheidenfeld haben im vergangenen Jahr drei neue Handarbeitsgeschäfte aufgemacht. Eine Corona-Folge? Ladeninhaberinnen von alteingesessenen und neuen Geschäften berichten.
Handarbeiten im Fokus: Nähen, Stricken oder Sticken sind beliebt. In Marktheidenfeld gibt es mittlerweile mehrere Geschäfte in diesem Segment. 
Foto: Christin Klose/dpa | Handarbeiten im Fokus: Nähen, Stricken oder Sticken sind beliebt. In Marktheidenfeld gibt es mittlerweile mehrere Geschäfte in diesem Segment. 
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

Was tun an langen Abenden und Tagen, gebunden an die eigenen vier Wände? Selten gab es mehr Zeit für Beschäftigung im eigenen Haus als während der Corona-Pandemie! Neben Kochen, Basteln oder Dekorieren rückten so auch die Handarbeiten wieder in den Fokus: Nähen, Stricken, Sticken.

Den Trend zum Selbermachen, oder neudeutsch "DIY – Do it yourself" gibt es schon seit einigen Jahren. Der Corona-Slogan "Wir bleiben zuhause" hat der Bewegung aber zusätzlichen Schub gegeben. Zufall, dass sich genau in dieser Zeit gleich mehrere Fachgeschäfte rund um das Thema "Nähen und Stricken" in Marktheidenfeld angesiedelt haben?  Und das, obwohl es bereits Läden in der Branche gab? Anlass für einen Besuch bei den Ladenbetreiberinnen. 

1. Anja Schmidt und die "Stoff-Träume" 

Der Trend zum "Selber nähen" sei definitiv nach Marktheidenfeld geschwappt, beschreibt es die Inhaberin des Stoff-Geschäftes in der Bronnbacher Straße. Im April 2021 hat sie ihren Laden in der guten Lauflage Marktheidenfelds eröffnet. Eine Corona-Entscheidung: Denn eigentlich betreibt die 52-Jährige die Buchhandlung auf der Burg Rothenfels. "Hätte Corona unser Leben und das Leben auf der Burg nicht völlig durcheinander gebracht, hätte ich gar keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken", erzählt sie. 

'Konkurrenz belebt das Geschäft', sagt Anja Schmidt, Inhaberin der Stoff-Träume.
Foto: Lucia Lenzen | "Konkurrenz belebt das Geschäft", sagt Anja Schmidt, Inhaberin der Stoff-Träume.

Dass sie dabei in Marktheidenfeld mit ihrem Geschäft nicht alleine da steht, beunruhigt sie nicht. "Konkurrenz belebt das Geschäft", sagt sie. Zudem habe jedes Geschäft seine Nische. "Beim Nähen ist das Individuelle das Besondere. Da wollen die Leute nichts von der Stange", erläutert sie.

Wichtig sei ihr dabei, immer die angesagten Stoffe zu haben, wie derzeit zum Beispiel Ripp-Jersey, Musselin-Stoffe oder Waffelpiqué. Allerdings: Allein der Stoffverkauf würde nicht reichen, damit das Geschäft sich trägt. Ihre zwei weiteren Standbeine sind Auftragsarbeiten und Näh-Workshops und Kurse, die sie in dem weiträumigen Laden anbieten kann. 

2. Hiltrud Spiegel und das "Nähkästchen"

"Sie sind meine letzte Hoffnung!" Den Spruch hört Hiltrud Spiegel öfters, wenn Kundinnen ihr Geschäft in der Oberländerstraße betreten. Seit 30 Jahren ist sie sozusagen in der Branche und betreibt ihr Geschäft "Nähkästchen" mit Strick- und Nähgarnen sowie einem breiten Sortiment an Kurzwaren. "Wolle und Nähgarne gibt es mittlerweile überall in Drogerien und Discountern", erzählt Hiltrud Spiegel.

"Welche Nähmaschinen-Nadel aber für welche Arbeiten verwendet werden kann, das weiß dort keiner." Ihr Geschäft profitiert von der Beratung – davon leben könne man aber nicht, so die Inhaberin. So sei der Verdienst mehr ein Zubrot. Daran habe auch die Corona-Pandemie und das gestiegene Interesse an Handarbeitsutensilien nicht viel geändert.

Ihr Geschäft profitiere von der Beratung, sagt Hiltrud Spiegel, Inhaberin des Nähkästchens.  
Foto: Lucia Lenzen | Ihr Geschäft profitiere von der Beratung, sagt Hiltrud Spiegel, Inhaberin des Nähkästchens.  

Was sich geändert habe, seien die Kunden: Neben den Stammkunden, die ihr teilweise seit 30 Jahren treu sind, finden Jüngere sie mittlerweile über das Internet. Welche Trends sie beobachtet? "Es kommt alles wieder", sagt sie und lacht. Zum Beispiel Makramee, die derzeit angesagte Knüpftechnik zur Herstellung von Ornamenten, Textilien oder Schmuck. "Das haben wir vor 50 Jahren schon gemacht", erinnert sich Hiltrud Spiegel.

Dazwischen kamen der Boschi-Mützen-Boom, Loop-Schals oder zur Stadtverschönerung eingehäkelte Laternenmasten und Fahrräder. "Momentan dürfen die Omas wieder für die Babys stricken, das war zwischendrin etwas verpönt", erzählt Spiegel. Allerdings ist ihre Kundschaft nach wie vor überwiegend weiblich – bis auf eine Ausnahme:  So habe sie einen Mann als Kunden, der tolle Sachen für seine Enkel strickt.

3. Helga Altdorf mit "Stoffkunst" am Markt

Auch Helga Altdorf, Inhaberin des kleinen Geschäfts "StoffKunst am Markt" merkt, dass die Leute wieder mehr Interesse an Selbstgenähtem haben. Eigentlich wollte sie in ihrem Laden nur Selbstgenähtes aus der eigenen Produktion anbieten, überwiegend Patchwork-Stücke. Doch es sind auch einige Stoffbahnen oder auch Stoffstücke, wie man sie zum patchworken eben so braucht, dazu gekommen. Viele guckten auch einfach nur ins Schaufenster, um sich Anregung zu holen. Anleitungen zum Nachnähen ihrer Stücke gibt sie aber nicht heraus.

'Kinder nähen wie die Teufel', sagt Helga Altdorf, Inhaberin StoffKunst am Markt.
Foto: Lucia Lenzen | "Kinder nähen wie die Teufel", sagt Helga Altdorf, Inhaberin StoffKunst am Markt.

Was Helga Altfeld feststellt: Mittlerweile sind es nicht nur Mütter oder Großmütter, die für Kinder und Enkel nähen, sondern auch die Kinder selbst, für die sie mittlerweile Nähkurse gibt. "Die nähen wie der Teufel", erzählt sie. Angefragt hatten die Mütter, die zu ihr ins Geschäft gekommen sind. "Viele haben dann schon eine Kindernähmaschine und machen sich ganze einfache Sachen, wie zum Beispiel Kissenhüllen." Gut gelaufen sei im Sommer auch das Geschäft mit den Touristen. Da sei vor allem ihr Selbstgenähtes gekauft worden.

Einer Dame aus Neuss gefielen ihre Patchwork-Stücke so gut, dass sie jetzt zu Weihnachten noch einmal einiges nachbestellt habe. Der Kundschaft aus der Region geht es eher ums Selbermachen. Da sie sich bei ihrer Stoffauswahl allerdings nur auf Baumwoll-Stoffe beschränkt und auch keine Kurzwaren im Sortiment hat, muss sie die Kunden oft weiter schicken. Da sei es gut, dass es in Marktheidenfeld mehrere Geschäfte mit unterschiedlicher Orientierung gebe. Wie lange sie den Laden am Marktplatz halten will? Je nachdem, wie es läuft. "Ich habe ihn erstmal für ein Jahr angemietet", erzählt sie. 

 
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