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Marktheidenfeld
145-jährige Unternehmenstradition: Wie schläft Main-Spessart, Familie Emmerich?
Als Johann Emmerich 1878 in Marktheidenfeld sein Geschäft eröffnete, verkaufte er Stoffe, Schirme und Hüte. Mittlerweile existiert das Familienunternehmen in der fünften Generation.
Mittlerweile in der fünften Generation: Das Familienunternehmen des Marktheidenfelder Bettenhaus Emmerich mit (von links) Theodor, Karl Ludwig, Ulrich und Dominik Stahl. 
Foto: Daniel Schwarz | Mittlerweile in der fünften Generation: Das Familienunternehmen des Marktheidenfelder Bettenhaus Emmerich mit (von links) Theodor, Karl Ludwig, Ulrich und Dominik Stahl. 
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:35 Uhr

Als Johann Emmerich 1878 in Marktheidenfeld sein Geschäft eröffnete, verkaufte er Stoffe, Schirme und Hüte. Mittlerweile existiert das Familienunternehmen in der fünften Generation.

Mittwochmorgen in der Marktheidenfelder Brückenstraße: Im Familienbetrieb Emmerich geht es um das Thema 145 Jahre Bettenhaus. Mit dabei sind die Brüder Ulrich (61 Jahre) und Theodor Stahl (59) sowie dessen Sohn Dominik (26), der seit vier Jahren mitarbeitet. Es gibt Kaffee und ergonomische Stühle, eine Liebhaberei von Theodor Stahl, der gelernter Schreiner ist.

Frage: Ein Vormittags-Interview im Bettenhaus. Da kann man sich die Frage "Alle gut geschlafen?" eigentlich nicht verkneifen.

Theodor Stahl: (lacht) Ja, tatsächlich. Aber auch, wenn man viel über guten Schlaf weiß, kann es sein, dass man mal nicht so gut schläft. Deswegen bin ich Fan von einem kurzen Mittagsschlaf. Dadurch, dass wir mittags eine Stunde geschlossen haben und wir direkt oben drüber wohnen, ist das möglich. 

Firmensitz und gleichzeitig Wohnhaus: Seit 1878 gibt es das Gebäude der Johann Emmerich GmbH in der Brückenstraße. Hier eine Aufnahme aus den 30er Jahren. 
Foto: Ludwig Stahl | Firmensitz und gleichzeitig Wohnhaus: Seit 1878 gibt es das Gebäude der Johann Emmerich GmbH in der Brückenstraße. Hier eine Aufnahme aus den 30er Jahren. 
Wie schläft Main-Spessart? 

Dominik Stahl: Auf der Seite, so wie die meisten Menschen.

Ulrich Stahl: Und in eher großen Betten. Der Standard beim Doppelbett sind bei uns zwei Meter auf zwei Meter. Das liegt daran, dass die Menschen im ländlichen Bereich auch den Platz dazu haben. In den Städten sieht das schon ganz anders aus, da sind auch die Betten meist kleiner. 

Theodor Stahl: Was wir auch in Main-Spessart merken, ist der Trend zum "Cocooning", also das vermehrte Bedürfnis der Menschen sich zurückzuziehen, das Schlafzimmer als Rückzugsort zu betrachten. Das gibt es schon seit rund zehn Jahren, Corona hat das noch verstärkt. 

Die Firma Emmerich gibt es seit 145 Jahren. Betten haben dabei lange keine Rolle gespielt, richtig? 

Ulrich Stahl: Richtig. Als unser Ururgroßvater Johann Emmerich das Geschäft eröffnete, gab es dort als erstes Stoffe, Schirme und Hüte. 

Dominik Stahl: Und Zylinder. Wir kriegen immer wieder Fotos von Kunden, die alte Hutschachteln mit unserem früheren Firmenschriftzug auf ihren Dachböden finden. 

Ulrich Stahl: Wir haben noch die alten Werbetexte von damals, darin heißt es: "Bei uns finden Sie Unterröcke, Jäckchen, Beinkleider, Tischtücher, Servietten, Taschentücher, elegante Regen- und Sonnenschirme – und all das zu möglichst niedrigen, aber streng festen Preisen". Wir waren ein richtiger Gemischtwarenladen und das mit den festen Preisen war Johann Emmerichs Credo. 

Ihr Großvater, Ludwig Stahl, hat 1921 in die Familie eingeheiratet. Wie kam das? Er kam ja ursprünglich aus Markt Einersheim? 

Theodor Stahl: Das war quasi eine Vermittlungsaktion der beiden Väter, die sich auf einer Kur kennengelernt haben. Der Ludwig Stahl sollte nach Marktheidenfeld fahren und Stoff für einen Anzug bei Emmerich kaufen. Eigentlich sollte er aber Eleonore Emmerich, die Zweitgeborene,  kennenlernen. Das hat dann auch geklappt. Sie ist meine Großmutter. 

Ulrich Stahl: Später dann 1956 hat mein Vater, Karl Ludwig Stahl, das Geschäft nach dem Tod des Großvaters übernommen. In den 80ern änderte sich das Sortiment und es wurde die Herren- und Damenoberbekleidung aufgegeben.  

Der Gründer und seine Familie: Johann Emmerich (Mitte) mit seinem Schwiegersohn Ludwig Stahl (links) und dessen Sohn Karl-Ludwig. 
Foto: Lore Stahl | Der Gründer und seine Familie: Johann Emmerich (Mitte) mit seinem Schwiegersohn Ludwig Stahl (links) und dessen Sohn Karl-Ludwig. 
Wie sind Sie auf das Bett gekommen?

Theodor Stahl: Das war eigentlich lange Zeit ein Nebenprodukt. Bettwäsche hatten wir schon immer. Mit Bettgestellen, Lattenrosten und Matratzen haben wir erst 1972 angefangen. Das kam auch durch den Verband "Bettenring", dem wir beigetreten sind. Da gab es einen sehr offenen Umgang miteinander, auch über Preise und Angebote wurde sich ausgetauscht. Seit den 90ern hat es sich dann sehr auf das Bettengeschäft konzentriert. 

Dominik Stahl: In den 60er Jahren hat mein Großvater auch unsere erste Bettenreinigungs-Anlage angeschafft. Damit konnten erstmals auch in Marktheidenfeld Daunenfedern aufgedämpft und sortiert werden. Das war ein echter Gewinn, für uns und die Region. Die nächste Möglichkeit gab es erst wieder in Würzburg, Aschaffenburg oder bei der Firma Spessarttraum in Rengersbrunn.

Trägt sich die Bettenreinigung immer noch?

Dominik Stahl: Absolut. Mittlerweile kommen auch viele junge Leute mit geerbten Daunendecken und lassen sie reinigen, weil es die Oma auch schon immer so gemacht hat. 

Theodor Stahl: Daunen sind ein extrem nachhaltiges Produkt. Regelmäßig aufbereitet halten sie 20 bis 30 Jahre. Wir machen manchmal 25 Jahre alte Daunendecken auf und freuen uns einfach nur über die Qualität. Die alten Daunen sind oft noch fülliger und flauschiger, weil sie von reifen Tieren stammten. Heute muss alles schneller gehen. Leider hat die Daune durch die missbräuchlichen Fälle von Lebendrupf einen Imageschaden bekommen. Der Lebendrupf ist aber EU-weit verboten. Das, was bei uns angeboten wird, stammt aus dem Rupf bereits geschlachteter Tiere, die in den Fleischmarkt gehen.  

In den 60ern schaffte das Familienunternehmen Emmerich die erste Bettenreinigungs-Anlage an. Gereinigt wird bis heute. Die Mitarbeiterinnen (von links)  Michaela Fertig und Ilse Benning bei der Arbeit.  
Foto: Daniel Schwarz | In den 60ern schaffte das Familienunternehmen Emmerich die erste Bettenreinigungs-Anlage an. Gereinigt wird bis heute. Die Mitarbeiterinnen (von links)  Michaela Fertig und Ilse Benning bei der Arbeit.  
Welchen Einfluss haben Ketten wie Ikea, Jysk oder Matratzen Concord? Wer kauft dort? Wer bei Betten Emmerich?

Theodor Stahl: Der Schläfer, der überall zurecht kommt, egal, ob auf der Isomatte oder im Hotel, der geht nicht in den Bettenhandel. Aber der, der wissen will, was er an seinem Bett ändern könnte, damit ihm morgens nicht immer die linke Schulter weh tut, der kommt zu uns. 

Welchen fachlichen Hintergrund brauchen Sie, um das beurteilen zu können? 

Theodor Stahl: Wir benötigen orthopädisches Grundverständnis, müssen zum Beispiel wissen, was eine Kyphose, was eine Lordose ist. Deshalb besuchen wir immer wieder Fortbildungen.

Dominik Stahl: Das ist auch wichtig, weil die Kunden immer besser informiert sind, wenn sie zu uns kommen.

Welche Rolle spielt das Thema Digitalisierung im Bettenfachgeschäft? 

Dominik Stahl: Es gibt mittlerweile Messgeräte, die während der Nacht Pulsfrequenz und Atmung messen und somit anzeigen, wann ich mich in welcher Schlafphase befunden habe. Ich finde aber, man sollte diese Art der Schlafoptimierung mit Vorsicht genießen. Wir versuchen da eher ganzheitlich zu schauen, an welchen Stellschrauben wir noch drehen können.  

Dominik Stahl, Sie haben eigentlich Zimmermann gelernt. Warum sind Sie dann doch im Familienbetrieb eingestiegen? 

Dominik Stahl: Weil mir das familiäre Umfeld viel bedeutet. Ich bin im Bettenhaus groß geworden, mit all unseren Mitarbeitern. Zudem ist es schön, für den eigenen Betrieb zu arbeiten und sein Ding machen zu können. 

Sie sind mittlerweile das einzige Bettenhaus in MSP. Wie macht sich das bemerkbar? 

Theodor Stahl: Wir profitieren von dem, was wegfällt. Gleichzeitig hat sich unser Einzugsgebiet vergrößert. Das bringt wieder neue Herausforderungen mit sich. Schließlich umfasst unser Angebot auch die Auslieferung und der Aufbau der Artikel. Wir ziehen die Schrauben nach, schauen, wie es steht. Insofern sind es bei uns die Themen Personal und Logistik, die unsere Zukunft mitbestimmen. 

 
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  • Christine Jannek-Fertig
    Individuelle Kundenberatung vor dem Hintergrund von Erfahrung und Tradition. So kann Fachhandel im besten Sinne des Wortes auch gegen das Internet bestehen.
    Ich wünsche weiterhin viel Erfolg!
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