Bisher standen sie in ödem Grau herum. Inzwischen zeigen sich die Verteilerkästen in der Gegend um Karlstadt mehr und mehr in farbigem Kleid. Farbig ist vielleicht zu viel gesagt. Rot ist ihr neues Outfit. Los ging der Tapetenwechsel ungefähr im Herbst, also in der Zeit, als sich die Damenwelt in Mäntel hüllte, die aus ehemaligen Steppdecken gefertigt sind und so ähnlich aussehen wie ausgemusterte Bundeswehr-Schlafsäcke.
Warum sind die Kästen nun plötzlich rot? Diese Frage treibt die Menschheit um. Stadtrat Edgar Ehrenfels stellte sogar eine offizielle Anfrage im Karschter Bauausschuss. Hat das was mit Glasfaser zu tun? So lautete eine seiner Vermutungen. Eine Antwort blieb in der Sitzung – wie so oft – aus. Es bekannte sich auch niemand zu einem Wiederaufleben der Aktion "Rot und erotisch".
Telekom und Polizei wissen auch nicht mehr
Als im Herbst Presseanfragen an die Telekom und die Polizei rausgingen, kam von dort ebenfalls nur Schulterzucken. Rot war die Fahne der Sowjetunion. Sollte es ein politisches Motiv geben? Wahrscheinlich kommen solche schlechten Gedanken wirklich von den Schlafsack-Mänteln, die ja obendrein noch am liebsten mit Schuhen – sagte ich Schuhe? – garniert werden, die offenbar aus alten Autoreifen hergestellt sind. Der in jüngster Zeit häufiger strapazierte Begriff der Kriegswirtschaft drängt sich da auf. Auf welche Abwege die Kästen die Gedanken nur führen …
Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die grauen Hälften der Kästen nicht ganz grau geblieben sind. Offenbar hat man versucht, sie weiß zu färben. Herausgekommen ist ein Grauweiß, nennen wir es Möchtegern-Weiß. Rot-Weiß, das sind immerhin die Farben Frankens. Ist da eine Gegenbewegung zu den Kreuzwertheimer Königstreuen im Spiel? Es fehlen allerdings weitere Anhaltspunkte, also Sprüche wie "King Söder" oder so.
Wer in Karlstadt die Arnsteiner Straße runterfährt, sieht jenseits der Bahngleise sogar einen Kasten in Rot-Weiß-Rot. Ganz klar die Flagge unseres alpinen Nachbarlandes. Kein Wunder, wird doch das Zementwerk seit vielen Jahren mit österreichischer Faust regiert.
Von Würzburg bis Karscht
Das mit den Kästen zieht sich über Zellingen und Margetshöchheim bis zum Kreisel am Würzburger Bürgerbräu. Dass das Phänomen der Polizei noch nicht aufgefallen ist, mutet höchst merkwürdig an. Unsereinem nimmt das grelle Rot fast das Augenlicht, dass man am liebsten nur noch mit Sonnenbrille vor die Tür gehen möchte.
Auch die Energieversorgung rätselt schon seit Herbst und lässt wissen: "Nach wie vor sind uns die Hintergründe der beschmutzen Kabelverteiler unbekannt." Bei einem Kasten allerdings haben sich die Urheber verraten, machen es uns fast schon zu leicht. "Happy X-mas allen Kickers-Fans" steht da in der Gemündener Straße zu lesen. Und die roten Buchstaben von FWK tragen allesamt Schneehäubchen und sogar eine Nikolausmütze. Hallo, allmählich wird's Zeit für den nächsten Tapetenwechsel. Ostern steht vor der Tür!