Die Menschen in Main-Spessart sprudeln offenbar vor Kreativität. Besonders die schreibende Zunft ist im Landkreis stark vertreten und höchst produktiv. So haben wir in dieser Woche beispielsweise von "Continue", dem Debütroman einer Kreuzwertheimer Jungautorin, berichtet. Der Roman gehört dem Genre "New Adult" an. In dieser Gattung geht es aber nicht ums Entkalken der Badewannen-Armaturen, das Anfertigen der Steuererklärung oder sonstigen Nervkram, mit denen sich Leute im Erwachsenenalter plötzlich herumschlagen müssen.
Nein, hinter dem Begriff "New Adult" verbergen sich Liebesgeschichten, in denen junge Erwachsene im Mittelpunkt stehen. "Also so wie in den Leiden des jungen Werthers von Goethe?", fragen Sie jetzt. Naja, der Anspruch ist wohl eher, dass die jungen Leserinnen und Leser bei der Lektüre nicht so sehr leiden. Wohl aus diesem Grund gibt es in dieser Art von Büchern laut Genrebeschreibung des Piper-Verlags auch reichlich Erotik. Kaufen können Sie diese jedoch in der herkömmlichen Buchhandlung und nicht nur unter der Ladentheke oder bei Beate Uhse.
Das Phänomen Lokalkrimi
Das Erstlingswerk der 20-jährigen Vera Schaub soll hingegen nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch Krimi-Elemente enthalten. Damit hat es sogar Gemeinsamkeiten mit zwei kürzlich erschienenen Romanen von anderen Main-Spessarter Literaten. Da wären nämlich noch "Tod einer Schulrätin", das neueste Buch des Schaippacher Autoren Joachim Braun, und der "Sinngrundripper" des Regionalkrimischreibers Tino Filippi.
Dass Leute gerne davon lesen, dass in ihrer unmittelbaren Umgebung schreckliche Verbrechen geschehen, ist ein echtes Phänomen. Was fasziniert die Leute daran so sehr? Ob sie sich heimlich vorstellen, dass der nervige Nachbar, der am Wochenende immer viel zu früh seinen Rasen mäht, eines Morgens leblos aufgefunden wird, erdrosselt mit dem Gartenschlauch?
Vielleicht. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es um den erhöhten Gruselfaktor geht, den die geografische Nähe erzeugt. Den größten Erfolg hätten die Bücher nach dieser Logik, wenn darin ein Tatort in einem Wohnzimmer beschrieben wird, das der Leser als sein eigenes erkennt. "Dieser grün gestreifte Ikea-Teppich und die Fotos aus dem Korfu-Urlaub kommen mir aber bekannt vor. Ach, das soll ja ich sein, der da vom Kronleuchter erschlagen auf dem Boden liegt! Ich bin begeistert."
Verbrechen, die nicht auszudenken sind
Wichtig ist bei dieser Gattung der Kriminalromane dementsprechend, dass die Titel mit Lokalkolorit angereichert sind. "Der Berserker vom Bayersturm", "In den Schatten von Schönau" oder "Serienmord auf der Scherenburg" könnten solche Bücher heißen. (Bedienen Sie sich, falls Sie die Muse gerade geküsst hat.) Doch selbstverständlich brauchen sie auch eine spannende Handlung. Und wie wir wissen, schreibt die schönsten Geschichten das Leben. Krimi-Autoren, die sich von der Realität inspirieren lassen wollen, hatten in Main-Spessart diese Woche reichlich Gelegenheit dazu.
An Halloween hat eine erwachsene Frau in Frammersbach eine 11-Jährige um ihre gesammelten Süßigkeiten beraubt, am Tag zuvor wurde ein Spaziergänger in derselben Marktgemeinde von einem Hund ins Gesäß gebissen und in Karlstadt hat ein Randalierer nachts 25 Gullydeckel entfernt. Zugegeben, der Spannungsfaktor ist bei diesen Kriminalfällen nicht so hoch, aber ausdenken kann sich die keiner.