Wie könnte der Bebauungsplan für das neu zu gestaltende Udo-Lermann-Areal aussehen? Davon konnten sich Bürger, aber auch Kommunen und beteiligte Träger in den vergangenen Wochen ein Bild machen. Knapp fünf Wochen lag der Vorentwurf zum „Udo-Lermann-Areal“ im Marktheidenfelder Rathaus aus oder konnte online eingesehen werden. Am vergangenen Freitag endete die Frist.
Sind die meisten Einwände direkt an das Rathaus gegangen, hat kurz vor Ende der Frist eine Bürgerinitiative (BI) öffentlich auf sich aufmerksam gemacht. So hatten Anlieger der Baumhof-, Echter- und Ludwigstraße eine Unterschriftenaktion auf die Beine gestellt. An einem Infostand in der Baumhofstraße wurde ein möglicher Baukörper visualisiert, der nach dem Vorentwurf-Plänen an der Ecke Ludwigstraße/Echterstraße entstehen könnte und nach Ansicht der Anlieger so nicht tragbar sei. Diese befürchten eine massive Blockbebauung, die eine erdrückende und bedrohliche Wirkung hätte. Sie haben Bedenken, dass der Vorentwurf des Bebauungsplans das möglich macht.
Mitinitiatoren der Unterschriftenaktion sind Norbert Redelbach und Günter Geißler. Beide haben Häuser in den betroffenen Straßen. Sie haben auch die Unterschriftenliste am Freitag im Rathaus abgegeben. 82 Unterschriften seien zustande gekommen, so Redelbach. Im Gespräch mit der Redaktion erläutern sie, was sie am Bebauungsplan-Vorentwurf kritisieren. "Wir haben nichts gegen die Bebauung generell", betonen Geißler und Redelbach. Nicht akzeptabel aber finden sie die Rahmenbedingungen, insbesondere in Hinsicht auf die Höhe der Bebauung, der Straßenabstände und der massigen Blockbaukörper. "Das hat schon Großstadtcharakter, wir sind aber nun mal eine Kleinstadt", so Geißler.
Um ihre Meinung zu untermauern, haben sie eine Visualisierung eines Gebäudes anfertigen lassen, das die Möglichkeiten an Fläche, Höhe und Abständen ausreizt. Das Bild ist sowohl am Infostand zu sehen als auch auf einem Handzettel, den die Menschen am Stand mitnehmen konnten. Darauf zu sehen ist ein fünfgeschossiges, dunkelgraues Gebäude an der Ecke Echterstraße/Ludwigstraße. Der Kontrast zur bestehenden Bebauung in der Echterstraße würde aus ihrer Sicht eklatant und nicht akzeptabel werden.
Einordnung aus dem Bauamt: Vorab-Ansichten mit Vorsicht zu behandeln
Sind die Befürchtungen berechtigt? Nicht ganz, sagt Andreas Burk, Technischer Baumamtsleiter im Rathaus Marktheidenfeld. Ihm liegen die Visualisierung und die Kritikpunkte der Anlieger vor.
Er weist aber darauf hin, dass solche Vorab-Ansichten mit Vorsicht zu behandeln seien. So gibt der Vorentwurf des Bebauungsplans zwar gewisse Daten und Fakten wie Höhe und Abstände vor, an die sich Planer zu halten haben. Darüber hinaus gebe es aber Gestaltungsfreiheiten.
Konkret fest macht er das an der Höhe des Gebäudes, das an der Ecke Echter-/Ludwigstraße geplant ist: Sowohl die Bürgerinitiative als auch die Planer haben ein Gebäude mit 15,5 Metern Höhe und fünf Vollgeschossen visualisiert. Bei der Ansicht der BI aber sind die fünf Vollgeschosse ab Straßenniveau Echterstraße gezeichnet. Zusätzlich zeigen sie - auf das letzte Stockwerk aufgesetzt - noch durchgehende Aufbauten in 3,50 Metern Höhe.
Planungen werden vom Stadtrat als auch von der Stadtverwaltung engmaschig begleitet
Im Entwurf des Planers, an dem sich der Bebauungsplan orientiert, sind in der Echterstraße lediglich vier oberirdische Geschosse zu sehen. Da die Ludwigstraße in Richtung Luitpoldstraße abfällt, ist in diesem Bereich teilweise das Untergeschoss zu sehen. Auch Dachaufbauten zeigt die Visualisierung des Projektors nur teilweise.
Sind durchgehende Aufbauten, wie von der BI dargestellt, möglich? "Die Bürgerinitiative geht in ihrem Bild davon aus, dass die mögliche Höhe für Aufbauten komplett ausgenutzt wird", so Burk. Geplant sei das derzeit aber nicht. Laut ihm sei ein im Bebauungsplan einkalkulierter Spielraum durchaus üblich und für Planungen wie zum Beispiel im Technischen Bereich sinnvoll für den Bauherren.
Generell aber, betont der Technische Bauamtsleiter, würden die Planungen sowohl vom Stadtrat als auch von der Stadtverwaltung engmaschig begleitet. Doch auch wenn die Planungen abweichen - wäre nach Ausreizungen aller Grenzen ein Blockbau, wie von der Bürgerinitiative visualisiert, tatsächlich möglich?
Den Vorwurf des massiven Gebäudes habe das Bauamt gesehen und darauf hingewiesen, so Burk. Der Stadtrat hätte abgewogen, sich aber zunächst dafür entschieden. Auch, weil die Bebauung von Seitens der Arbeiterwohlfahrt Unterfranken (AWO) als möglicher Betreiber des Seniorenheims so gewünscht war, um die Pflege zu gewähren. Ob es bei dem vorliegenden Entwurf bleibt, oder ob nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen Änderungen eingearbeitet werden, ist momentan offen. Die Entscheidung trifft ebenfalls der Stadtrat.
Arbeiterwohlfahrt trifft Entscheidung beim Thema "Stationäre Pflege"
Was hat sich mittlerweile bei der Arbeiterwohlfahrt Unterfranken getan? Ende des Jahrs 2022 hatte sie um ein Jahr Bedenkzeit in der Entscheidung gebeten, ob sie künftig Betreiber eines Seniorenzentrums im Udo-Lermann-Areal wird. Nun ist vorzeitig eine Entscheidung gefallen, zumindest was das Thema stationäre Pflege angeht. Aufgrund der nach wie vor extrem schwierigen Personalsituation in diesem Bereich des Arbeitsmarktes möchte die AWO von den Plänen, eine Pflegeeinrichtung mit stationärer Pflege zu eröffnen, absehen, bestätigt Martin Ulses, Bezirksgeschäftsführer der AWO-Unterfranken auf Nachfrage dieser Redaktion.
„Es ist weiterhin extrem schwierig, Personal zu akquirieren, umso mehr, wenn es um den kompletten Neustart einer Einrichtung geht. Dieser Schritt wäre mit einem großen wirtschaftlichen Risiko verbunden“, argumentiert Ulses. Zumal keine Entspannung in der Personalsituation in Sicht sei.
Der Bezirksgeschäftsführer betont aber, dass diese Entscheidung nicht bedeutet, dass sich die AWO generell aus dem Projekt zurückziehe. Im Gegenteil: Jetzt gehe es darum, mit dem Investor Alternativen zu prüfen, wie zum Beispiel Angebote im Bereich Betreutes Wohnen oder der Tagespflege. „Wir sind weiterhin im Austausch, um in dem geplanten Objekt ein attraktives Angebot für Senioren bieten zu können“, so Ulses.
KRE will im Dialog mit der Stadt Lösungen finden
Was sagt der Projektentwickler zur aktuellen Entwicklung bei der AWO? Die Entscheidung, von den Plänen einer Pflegeeinrichtung mit stationärer Pflege abzusehen, sei der KRE-Group bekannt, informiert Jörg Steinhäuser, Pressesprecher bei der KRE-Group. "Wir sind mit der AWO weiterhin im Austausch, die aktuellen Anforderungen und Bedarfe werden geprüft", erläutert er. An der bestehenden Kubatur (geometrisch messbare Volumen eines Baukörpers oder Bauwerks/Anm. d. Red.) werde der Projektentwickler aber festhalten. Zudem wolle man im Dialog mit der Stadt Marktheidenfeld eine Lösung für die Schaffung eines attraktiven Angebotes für Senioren finden.
Über die Aktion der Anlieger zeigt sich der Pressesprecher irritiert. "Die Angaben sowie die verwendeten Visualisierungen sind schlicht falsch und entsprechen in keiner Weise dem im Stadtrat präsentierten Projekt und dem aktuellen Planungsstand", schreibt er auf Nachfrage. Hier werde offensichtlich versucht, mit verkehrten Angaben Stimmen gegen das Vorhaben zu sammeln, so Steinhäuser.