Rückblick in den September 2019: In Unterfranken gehen rund 10 000 Menschen bei Fridays for Future auf die Straße. Auch in Main-Spessart wird für besseren Klimaschutz demonstriert, rund 600 Menschen, darunter viele junge Leute, ziehen durch Lohr. Ein halbes Jahr später befindet sich auch der Landkreis im Lockdown. Seitdem hat Corona das öffentliche Leben im Griff. Demonstrationen wie vor gut anderthalb Jahren sind derzeit undenkbar. Wir wollen wissen: Was ist aus der Fridays-for-Future-Bewegung und den Menschen, die sie im Landkreis angeschoben haben geworden?
Charlotte Lauter aus Lohr: Wie kann man den "Ungehorsam" anders zeigen?
Eine davon ist Charlotte Lauter. Die 18-Jährige hat die FfF-Demo in Lohr damals mit organisiert. 2020 hat sie in Lohr Abitur gemacht und die Region verlassen. Mittlerweile studiert sie in Augsburg Geographie. Beim Telefonat kommt sie gerade aus dem "Danni" – dem Dannröder Wald in Hessen – der seit 2020 im Widerstand gegen eine Rodung für Straßenbau besetzt wird.
Wie sie die veränderte Situation der FfF-Bewegung erlebt hat? Erstmal schwierig, denn: Das größte Mittel von FfF sind die Massendemonstrationen gewesen. Das war vor allem für die kleinen Ortsgruppen schwierig. "Wir mussten also irgendeinen Weg finden, den 'Ungehorsam' anders zu zeigen", erklärt sie. Komplett ausgesetzt habe die Bewegung nicht. In verschiedenen Städten entstanden Kreide-Aktionen, bei denen Aktivisten ihre Forderungen plakativ auf Straßen, Plätze oder Brücken malten. Auch die Vernetzung online habe zugenommen, man habe sich zu Online-Streiks getroffen, Workshops und Vorträge angeboten.
Zudem entstanden vielerorts Klimacamps unter dem Motto "Wir campen bis ihr handelt!". "Die Idee war: Wir gehen coronakonform auf die Straße – mit weniger Leuten, dafür aber für längere Zeit", erklärt Charlotte Lauter. In Augsburg entstand ein solches Camp – direkt neben dem Rathaus. Seit Herbst ist sie selbst dort gewesen, hat viele Stunden dort verbracht. "Der Vorteil ist: Du kommst mit den Menschen ins Gespräch, mit den Politikern und Politikerinnen und das Camp ist ein Ausgangspunkt vieler Aktionen." Sie glaubt, dass auch in der Region Main-Spessart das Potenzial bestehe, Aktionen zu starten. Allerdings koste Aktionismus auch Energie "und die hat man zwischendurch einfach auch mal nicht."
Frustriert, dass durch die Pandemie bei einigen Aktionen die Pausetaste gedrückt wurde, ist sie nicht unbedingt. "Ich habe durch die plötzliche Pause vielmehr inhaltlich gelernt, warum ich das mache, was ich genau kritisiere und was sich ändern muss", erzählt sie. Zudem habe die Pandemie auch gezeigt, was alles möglich sei, wenn die Bundesregierung eine Krise als Krise annehme. "Für mich hat das sichtbar gemacht, welches Potenzial da ist, wenn der Klimawandel so bekämpft würde wie eine Pandemie", sagt sie.
Jana Schönfeld aus Wüstenzell: Klimaschutz auf anderen Wegen thematisieren
Auch Jana Schönfeld aus Wüstenzell hatte sich der Fridays-for-Future-Bewegung in Main-Spessart angeschlossen. Aus dem Fokus gerückt ist das Thema Klimaschutz bei der 18-Jährigen Abiturientin durch das Coronajahr nicht. Schon immer war sie auch bei den FfF-lern aus Würzburg mit angedockt. "Hier gibt es eigentlich wöchentlich eine Info oder einen Austausch über die sozialen Plattformen", erzählt sie. Auch kleinere Demos und eine Kundgebung auf den Mainweisen habe es gegeben. Aber: Auf dem Präsentierteller sei das Thema nicht mehr. FfF mobilisiere sich schließlich durch die Masse.
Das alleine findet die Abiturientin nicht so schlimm. Schließlich könne man auch privat den Stein ins Rollen bringen, in dem man es einfach anders macht. "Wenn ich zum Beispiel auf eine Feier eine vegane Quiche mitbringe, die allen super gut schmeckt, bewirkt das manchmal mehr, als wenn ich stundenlang über Klimaschutz rede", sagt sie. Was sie ärgert und frustriert ist, dass "alle jetzt das Loblied singen, wie klimafreundlich das Coronajahr war". Dabei sei es mit "ein bisschen Homeoffice" alleine nicht getan. Sie befürchtet sogar, dass der aufmerksame und kritische Blick auf die Global Player, die maßgeblich an der Klimaerwärmung beteiligt seien, durch Corona verloren gegangen ist.
Wie es für sie weiter geht? Aktuell steht das Abitur an. Danach kann sie sich vorstellen, sich wieder mehr zu engagieren. Am ehesten würde sie das parteipolitisch tun. "Weil man da am ehesten eine Mischung zwischen Sozial- und Klimapolitik findet", erklärt sie. Allerdings hat ihr die Zwangspause in gewisser Weise auch gut getan. "Je mehr Interesse ich an der Sache entwickelt habe, umso mehr habe ich auch zu dem Thema konsumiert und gesehen in Dokus, in den Nachrichten, überall", erzählt sie. Irgendwann habe sie dann das Gefühl gehabt, die ganze Last liege auf ihren Schultern beziehungsweise auf ihrer Generation.
Lysander Pleier aus Neustadt: "Sobald wieder was geht, sind wir am Start"
Lysander Pleier aus Neustadt ist von Anfang an bei den Fridays-for-Future-Organisatoren aus Lohr mit dabei. Im letzten Jahr durch Corona so ausgebremst zu werden, habe sich "mehr als blöd" angefühlt. Klassische Demos waren nicht mehr möglich. Und auch im Lohrer Jugendbeirat, dem er angehört, hätten sie oft geredet und Aktionen starten wollen, aber nichts sei möglich gewesen. "Das war ganz schön frustrierend", sagt er. Hatten sie sich vor Corona immer im Juze in Lohr getroffen, läuft derzeit alles über WhatsApp. Auch so manche Idee wurde hier diskutiert: Über Banner aufhängen bis zu Sitzblockaden mit Abstand. Letztlich ist es zu keiner dieser Aktionen gekommen. Was auch daran liegt, dass alle ganz gut mit anderen Dingen beschäftigt sind: Er zum Beispiel mit seinen Abiturprüfungen, die aktuell anstehen.
Das Bedürfnis, etwas gegen den Klimawandel und für die Umwelt tun zu wollen, hat der 17-Jährige schon lange. "Das zieht sich eigentlich schon durch mein Leben", sagt er. So sei er beispielsweise schon lange Vegetarier. Was ihn auf die Palme bringt? Zum Beispiel das Thema Kohlekraft. Dass die Politik sich hier nicht schärfer positioniert und agiert kann er nicht verstehen. Momentan aber konsumiert er Klimanachrichten nur in Maßen - "das hält man sonst manchmal nicht aus", sagt er.
Lieber möchte er sich nach dem Abitur wieder aktiv in die Bewegung einbringen, zum Beispiel während des Studiums. "Ich möchte Informatik studieren, ich denke, solche Dinge werden in der Klimapolitik auch gebraucht", erläutert der Neustadter. Und der Fridays-for-Future-Bewegung aus Lohr bleibt er treu: "Sobald wieder was geht, sind wir am Start."
Den Glaubwürdigkeitsverlust sehe ich auch wie der Kommentator "steve67", dass im größten zusammenhängenden Waldgebiet Süddeutschlands, im Ebersberger Forst, fünf Windräder aufgestellt werden sollen. Eine knappe Mehrheit stimmte dafür.
Durch die 10H Regel in Bayern sind aber leider die wenigen in Frage kommenden Stellflächen eben genau dort. 10H trägt in Konsequenz nur zu weiterer Zerstörung bei. Das war möglicherweise nicht im Sinne des Erfinders, man besitzt aber auch nicht die Größe, diesen konzeptionellen Mangel ein zu gestehen und nach zu bessern. Das wurde ja bereits an entscheidender Stelle so kommuniziert. Würde man jedes Projekt individuell bewerten, könnte das vermieden werden. Ich glaube kaum, dass das das Genehmigungsverfahren noch weiter verzögern würde.
Soll doch lieber die CSU/FW Landesregierung gleich sagen, dass sie keine WKAs mehr wollen. Das wäre wenigstens ehrlich. So wird nach außen rumgeeiert, dass man den Umweltschutz erfunden hätte, während man real alles schön weiter zerstört. Wie Glaubwürdig ist das?
#Neuland
Nämlich mit einer „Bewegung der Bessergestellten“. Über 80 % der 18 bis 29-jährigen haben nie an einer FFF-Demo teilgenommen. Lediglich 4,5 % waren fünfmal und öfter dabei. Akademikerkinder blieben dabei weitestgehend unter sich. Der Löwenanteil der Teilnehmer kam aus Gymnasien und Universitäten. 2/3 der Teilnehmer rechneten sich bei Befragungen der oberen Mittelschicht zu.
Auch insoweit gilt: Grün sein muss man sich leisten können. Gepaart ist dies von einem Mangel an Mitgefühl: Der kleinliche Kampf um den Arbeitsplatz und einen gewissen Lebensstandard derer, die in der Verteilung der Einkommen nicht so gut dabei sind, muss eben zurückstehen.
Den Kampf gegen den Klimawandel können wir nur zusammen mit einer starken Wirtschaft, von der alle profitieren, gewinnen.
Nach Ihrem Namen zu urteilen, Sie ja auch
Trotzdem, oder gerade deswegen, ist das Anliegen der FFF Bewegung nicht schlecht und nicht verkehrt. Wenn sich nicht mal die Zugehörigen der oberen Pyramidenstufen um die Erhaltung des Planeten kümmern, wird es keiner tun.
Diesen Leuten aus Neid oder Minderwertigkeitskomplexen die Richtigkeit ihrer Sache ab zu sprechen, ist deshalb falsch.
Nicht jede Idee der "Bessergestellten" ist per se schlecht, genauso wie nicht jede Idee der Leute, die sich nicht dazu zählen, automatisch gut ist.
L.G. Martin Dobat