Wobei sich die meisten Mädels noch immer für frauenspezifische Berufe entscheiden. Das muss anders werden, findet die Arbeitsgemeinschaft Würzburger Frauen und Frauenorganisationen (AWF).
Bei ihrem Neujahrsempfang am Samstag rückte sie „Powerfrauen“ in den Mittelpunkt.Sechs Frauen aus Männerberufen berichteten von ihrem Werdegang und ihren Erfahrungen im Beruf. Die sind durchweg positiv, wenn auch oft zu hören war, dass Frauen in der Männerwelt mit guter Leistung punkten müssen. Gerade auf dem Bau sollten Frauen außerdem nicht allzu zart besaitet sein.
Kaum Teilzeitstellen im Handwerk
„Schwierig bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so AWF-Vorstandsfrau Barbara Lehrieder: „In typisches Handwerksberufen gibt es kaum Teilzeitstellen.“ Mehr als die Hälfte aller Frauen möchten allerdings gern Teilzeit arbeiten. Weil es so schwierig ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, streben auch nur wenige Frauen Führungspositionen im Handwerk an: „Lediglich 17 Prozent aller Junghandwerkerinnen legen ihre Meisterprüfung ab.“ Die meisten sind Friseurinnen, Schneiderinnen, Kosmetikerinnen und Fotografinnen.
Liselotte Jeske, Augenoptikerin
Ursprünglich überlegte ich, Sport zu studieren. Aber das war schwierig, denn Lehrerin wollte ich nicht werden. Als ich hörte, dass es möglich ist, als Augenoptikerin an der Fachhochschule ein Diplomstudium zu absolvieren, gab das für mich den Ausschlag, diesen Beruf zu ergreifen. Ich selbst bin in einem Geschäftshaushalt groß geworden und war immer gern im Laden.
Ich unterbrach meinen Beruf für meine drei Kinder. Als die Jüngste zehn Jahre alt war, ging ich daran, mir meinen Traum von der Selbstständigkeit zu erfüllen. Über eine Teilzeitstelle gelang mir der Neueinstieg in die Augenoptik. Später gründete ich in Veitshöchheim ein eigenes, kleines Geschäft.
Der Beruf der Augenoptikerin ist sehr vielseitig. Man hat Umgang mit Menschen, hat mit Mode und Technik zu tun. Wir schleifen zum Beispiel noch selbst Rohgläser in die Brillen ein und bohren Löcher für randlose Brillen.
Sieglinde Bösl, Keramikerin
Vor 40 Jahren entschied ich mich für den Beruf der Keramikerin, weil ich gerne etwas mit den Händen machen wollte. Seit 36 Jahren arbeite ich nun selbständig mit dem Material Ton. Es ist das Formen und das Brennen, diese beiden elementaren Arbeitskomponenten, die mich an der Keramik faszinieren.
Doch die Liebe zum Beruf allein würde nicht ausreichen für eine Existenz. Es braucht einen hohen Anspruch an Ästhetik, Qualität und Perfektion.
Meine Arbeit ist traditionelles Handwerk und Kunst gleichermaßen. Gebrauchsgeschirr fertige ich in meiner Werkstatt genauso an wie Ikebana-Gefäße, Skulpturen, Kachelöfen und baukeramische Arbeiten. Die Harmonie und Spannung einer Form entspringt ihren Linien, ihren Flächen, ihrer Silhouette. Solche Formen zu suchen und finden, darin besteht mein künstlerischer Anspruch.
Ann-Kathrin Wolf, Feuerwehrfrau
In Ulm war ich bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Das hat mich früh geprägt. Ich wusste auch schon immer, dass ich ungern in einem Büro arbeiten möchte.
Die Arbeit als Brandmeisterin gefällt mir sehr, denn es gibt bei der Feuerwehr immer etwa Neues. Kein Einsatz ist wie der andere, oft muss improvisiert werden, man lernt nie aus. Zum Beispiel müssen wir immer auf dem neusten Stand der Automobiltechnik sein, um bei Unfällen kompetent helfen zu können.
In meiner Ausbildung in Stuttgart war ich die einzige Frau. Als ich später zur Berufsfeuerwehr nach Würzburg kam, gab es ein paar Männer, die zunächst erstaunt waren über mich als Feuerwehrfrau. Aber nach einem halben Jahr hieß es: „Du passt hier super gut rein!“
Ich muss zugeben, dass ich es nicht mag, als Frau in der Feuerwehr als etwas Besonderes hervorgehoben zu werden. In vielen Städten sind Frauen bei der Berufsfeuerwehr heute nichts Besonderes mehr. 2016 werden hier in Würzburg zwei weitere Frauen anfangen. Ich hoffe, sie werden sich genauso wohl fühlen und einen genauso guten Start haben wie ich ihn damals hatte!
Jutta Körner, Fahrradspezialistin
Für meinen Beruf habe ich mich gar nicht bewusst entschieden. Mein Vater musste einen Mitarbeiter von heute auf morgen entlassen und ich sollte eigentlich nur vorübergehend bis zum Ende der Semesterferien in unserem Fahrradgeschäft einspringen. Ich hatte damals Geschichte studiert. Leider fand sich nicht so schnell Ersatz für die vakante Stelle und so blieb ich - für ein Urlaubssemester, wie ich dachte. Da mir der Beruf aber doch sehr viel Freude bereitete und ich mich klein auf für Technik interessiert hatte, beschloss ich, zu bleiben.
Mitte der 90er Jahre übernahm ich den Betrieb. Seither hatten wir zwei weitere Frauen in unserer Werkstatt: Ohne Probleme und mit großem Erfolg. Aktuell bräuchte ich dringend Verstärkung im Team, doch leider gibt es im Moment viel zu wenige junge Menschen, die sich für einen Beruf im Handwerk entscheiden. Das hängt nach meiner Ansicht mit einer verfehlten Bildungspolitik zusammen. Ich wäre froh, wenn sich hier endlich etwas ändern würde, denn wir brauchen dringend tüchtige Leute in Handwerk und Dienstleistung.
Katharina Scheffauer, Kaminkehrerin
Ich hatte mich zunächst entschieden, Informatikkauffrau zu werden. Aber das war gar nicht meins. Als es zu Ende ging mit der Ausbildung, fiel mir mein Großvater ein. Der war immer begeistert gewesen vom Beruf des Kaminkehrers. Ich schrieb daraufhin eine Bewerbung an die Innung. Ein Kaminkehrer nahm mich für einen Tag mit. Am Ende des Tages meinte er: „Ich wollte eigentlich niemanden mehr ausbilden, aber dich nehme ich!“
Kaminkehrerin zu sein, ist sehr abwechslungsreich. Man steht täglich in Kontakt mit verschiedenen Menschen, ist eigenverantwortlich unterwegs und nicht den ganzen Tag an den Bürostuhl gefesselt. Mit Themen wie „Heizungstechnik“ und „Energie“ hat man auch ein interessantes Betätigungsfeld.
Manche Kunden sind zunächst verwundert, wenn ich als Frau vor der Tür stehe. Neulich hatte ich diesbezüglich etwas Lustiges erlebt. Ich hatte einen Termin zum Kachelofenputzen. Die Konstruktion des Ofens war allerdings so veraltet, dass es gar nicht möglich war, den Ofen zu reinigen. Daraufhin meinte die Hausfrau zu mir: „Was machen wir denn nun? Kann da vielleicht der richtige Kaminkehrer mal ran?“
Linda Burkholz, Zimmerin
Mir war kurz vor dem Realschulabschluss klar, dass ich Zimmerin werden möchte. Damals hatte ich allerdings noch keine Ahnung, was man da so macht. Ich wusste nur, Zimmerleute sind irgendwie „oben“. Eine Lehrstelle zu finden, war überhaupt nicht einfach. Ich schrieb einen ganzen Stapel an Bewerbungen und rief auch Betriebe an. Meist hieß es, dass eine Stelle schon besetzt wäre. Ich wusste nicht, ob da stimmte. Einmal hörte ich auch: „Nee, Frauen bilden wir nicht aus!“
Zum Glück fand ich eine Firma, die einen Helfer gesuchte hatte. Dort machte ich ein Praktikum. Der Chef stellte fest, dass ich fleißig bin. So kam ich zu einem Ausbildungsvertrag.
Mit Bauherren habe ich kaum schlechte Erfahrungen gemacht, manchmal aber ist es auf der Baustelle mit Handwerkern von anderen Gewerken etwas schwierig. Meine Erfahrung ist die, dass man als Frau in so einem Job besser sein sollte als die Männer, um für voll genommen zu werden. Charme bringt mich bei Konflikten meist weiter. Wenn dass nicht hilft, muss ich manchmal aber auch deutlich werden.