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Marktheidenfeld
Finanzlage "langfristig schwierig": Wohin soll sich Marktheidenfeld entwickeln?
In ihren Reden zum Haushalt 2022 besinnen sich Bürgermeister und Fraktionen auf die Pflichtaufgaben einer Stadt: Kitas, Straßen, Wohnen und anscheinend auch schimpfen.
Trotz oder gerade wegen des 100-Millionen-Euro-Haushalts wollen viele Fraktionen im Marktheidenfelder Stadtrat in den kommenden Jahren sparen. 
Foto: Benedict Rottmann | Trotz oder gerade wegen des 100-Millionen-Euro-Haushalts wollen viele Fraktionen im Marktheidenfelder Stadtrat in den kommenden Jahren sparen. 
Martin Hogger
Martin Hogger
 |  aktualisiert: 15.02.2024 12:25 Uhr

Dafür, dass der Haushalt kommendes Jahr fast hundert Millionen Euro groß sein wird, dass der Bürgermeister und die fünf Fraktionen über ihre Vorstellungen, Wünsche und die Richtung, in die sich die Stadt in die kommenden Jahre entwickeln soll, reden konnten – angesichts dieser seltenen Möglichkeit waren sie überraschend schnell rum, die Reden zum Haushalt 2022. 

Konzentrieren wird sich der kommende Haushalt – aufgebläht durch 20 Millionen Euro an unrealisierten Baumaßnahmen im vergangenen Jahr und eine Kreisumlage von 23 Millionen Euro –auf die Pflichtaufgaben der Stadt: Wasserversorgung, Kindertagesstätten und Schulen, Straßen, Kanäle und das Wohnen in der Stadt und den Stadtteilen. Dem zum Opfer fielen viele andere Punkte der Stadtpolitik. Die Mainufergestaltung etwa ignorierten Bürgermeister und Fraktionen zum größten Teil. 

Zeit zu schimpfen hatten die Fraktionen aber doch: über den Rechtsstreit um das Wonnemar, über die Politik auf Landkreisebene und höher, auch übereinander und die wenige Zeit zur Haushaltsberatung. Die SPD überlegt sogar, aus diesem Grund dem Haushalt nicht zuzustimmen.

Die Rede von Bürgermeister Thomas Stamm

Zuerst sprach Bürgermeister Thomas Stamm über das Wonnemar: Klares Ansinnen sei die Rückführung in kommunale Hand und ein "Weiterbetrieb mit deutlicher Einflussnahme der Stadt". Eventuelle finanzielle Auswirkungen würden in einem Nachtragshaushalt geregelt.

Die Finanzlage der Stadt bezeichnete er als "langfristig schwierig", mahnte wie vergangenes Jahr zu einem sorgsamen Umgang mit Geld. Investiere werde man überwiegend in Pflichtaufgaben. Augenmerk erfordere außerdem die Wohnraumentwicklung. Hierzu auch die einzige mehr oder weniger konkrete Forderung in seiner Rede: ein Konzept, das "möglichst vielen Interessen Rechnung trägt".

Ein paar Worte zu den Personalkosten hatte Stamm auch noch. Ja, die würden steigen, teils unvermeidbar durch Tarif-verbindliche Erhöhungen und die beschlossene Übernahme der Volkshochschule. Zudem werde die Stadt einen hauptamtlichen Umweltbeauftragten bekommen und eine zusätzliche Stabsstelle, eine von Stamms wenigen Forderungen vergangenes Jahr, werde ab Mitte 2022 besetzt. Auch die EDV sei verstärkt worden. "Die Digitalisierung des Rathaus schreitet voran", so Stamm. Dafür werde man aber die Verwaltungen von Grund- und Mittelschule zusammenführen. 

Die Rede von Wolfgang Hörnig (CSU)

Mehr als 119 Millionen Euro an anteiliger Gewerbesteuer habe Marktheidenfeld dem Landkreis seit dem Jahr 2011 überwiesen, sagte Wolfgang Hörnig, der für die CSU sprach. "Wo bleibt die Solidarität des Landkreises unserer Stadt und dem Umland gegenüber?", fragte er und nannte danach ein paar der Millioneninvestitionen der kommenden Jahre. Bei zukünftigen Projekten sollen aufgrund der hohen Kosten Überlegungen zur "privaten Realisierung" angestellt werden. 

Mit Blick auf die zu erwartenden Schulden solle die Stadt Mehreinnahmen generieren und auch Einsparungen beschließen. Die meisten Synergieeffekte sehe man beim Personal. Gemeinsam verwaltet werden sollen VHS und Musikschule, inklusive Gebührenerhöhung für auswärtige Schüler. Es soll auch "intensive Überwachung" von Baumaßnahmen geben und eine "nahezu kostendeckende" Überwachung des Verkehrs. Der 2,7 Millionen Euro hohe Zuschuss für Kindergärten gebe "Grund zum Nachdenken". 

CSU und Hörnig forderten eine "offensive Veräußerung" der Grundstücke im Gewerbegebiet Söllersöhe. Zudem sollen Fahrradparkplätze erweitert und beschildert werden, die beiden Kreisel in Altfeld gestaltet und ein öffentliches WC an der Alten Mainbrücke errichtet werden. 

Bürgermeister Thomas Stamm warnte zum sorgsamen Umgang mit Geld. 
Foto: Martin Hogger | Bürgermeister Thomas Stamm warnte zum sorgsamen Umgang mit Geld. 

Die Rede von Heinz Richter (proMar)

Heinz Richter kritisierte zum Anfang, dass fast alle Positionen aus den Haushaltsberatungen vergangenes Jahr nicht umgesetzt wurden. In dem Hinblick werde man auch keine weiteren neuen Positionen fordern, so Richter, nur um wenig später Mittel für einen inklusiven Spielplatz zu beantragen. Die Grünen forderten ähnliches. 

Ein "Weiter so" bei den Finanzen der Stadt könne es nicht geben, so Richter. Die Gewerbesteuern stagnierten, die Fixkosten stiegen. Bürgermeister und Stadtverwaltung sollten prüfen, ob neue Stellen tatsächlich notwendig seien. ProMar hatte sogar einen konkreten Vorschlag: ein "Bildungs- und Kulturamt" zur Bündelung sämtlicher Aktivitäten in diesen Bereichen.

Damit zum Wonnemar: Richter erwartet, dass das Bad noch 2022 in die Hand der Stadt zurückfallen werde. Dafür solle die Stadt 500 000 Euro vorsehen, damit zumindest erste Handlungsfähigkeit entstehe. Ähnliches forderte die SPD.

Förderprogramme will proMar wenn möglich vermeiden, weil Bedingungen den Plänen des Stadtrates oft widersprächen. Bürgerbeteiligungen wie bei ISEK oder INSEK weckten außerdem falsche Hoffnungen. Es müsse den Bürgern besser kommuniziert werden, dass sich viele Vorschläge aus genehmigungs- und haushalterischen Gründen nicht verwirklichen ließen. Am Ende der Rede bat Richter um Nachsicht für enttäuschte Erwartungen durch Fraktion und Stadtrat. 

Die Rede von Burkhard Wagner (Freie Wähler)

Von den Freien Wähler kam keine Sparmahnung, im Gegenteil: Burkhard Wagner schlug dutzende kleinere und größere Investitionen vor. Für das Ziel "Innen- vor Außenentwicklung" müsse man zum Beispiel endlich Instrumente schaffen und 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um ungenutzte Flächen und Gebäude kaufen und eine Förderkulisse schaffen zu können.

Die Freien Wähler forderten außerdem 2,5 Millionen Euro für neue Veranstaltungsräumlichkeiten, nachdem die Stadt bald die Spessart-Halle dafür verlieren wird. Einen Standort sehe man an der ehemaligen Landwirtschaftsschule oder im Quartier "Am Sportzentrum". 

Wagner forderte eine grundsätzliche Berücksichtigung von Fahrradstreifen bei Straßenbaumaßnahmen sowie eine Verlegung des Mainradweges auf die darunter liegende Mainlände. Förderungen seien hier möglich und zwingend zu prüfen. Die Fraktion will außerdem einen "innovativen Zukunftspreis" mit Schwerpunkt auf Klima- und Umweltschutz für Bürger und Vereine gründen. Die Verwaltung solle zudem das Parkraumproblem am Nordring lösen. 

Die Rede von Xena Hospes (Die Grünen)

Die Grünen forderten, Marktheidenfeld zum umweltfreundlichen Wirtschaftsstandort umzuwandeln und sprachen sich aus für nachhaltige Stadtplanung und kreative Eigenheimlösungen. Zum Beispiel solle hier  die Lebenszykluskostenberechnung (vom Rohstoffabbau bis hin zum Abbruch und der Entsorgung) in den Fokus rücken. Tools dafür könnten dabei auch privaten Bauherren zur Verfügung gestellt werden. "Wir als Stadt müssen hier ein motivierendes und begeisterndes Zukunftsbild entwerfen", so Xena Hospes. Das würde nichts anderes bedeuten als eine Änderung der Bebauungspläne. 

Die Grünen forderten außerdem, sowohl für Windkraftanlagen als auch für Photovoltaikanlagen geeignete Flächen zu finden und dann proaktiv auf passende Anbieter zu gehen. Die "teuerste" Forderung war ein Platz für Outdoor-Sport für 50 000 Euro, der sukzessive erweitert werden soll. Die SPD forderte ähnliches. Die Grünen wollen überdies den Lohgraben-Parkplatz in Altstadt-Parkplatz umbenennen.

Grundsätzlich solle "weniger projektweise" gearbeitet werden, so Hospes. Der Stadtrat solle sich mehr am Leitbild der Stadt orientieren, sodass sich eine rote Linie durch die Arbeit ziehe. 

Die Rede von Hermann Menig (SPD)

Als "durchgepeitscht" bezeichnete Hermann Menig für die SPD den Haushalt für 2022. Einer General- und Grundsatzdebatte sei dies nicht gerecht geworden. Er kritisierte außerdem, dass Anträge und Aufträge der SPD unerledigt blieben oder schlicht vergessen würden. Er nannte als Beispiel ein Förderprogramm für Innenstadtverdichtung, für das noch nicht mal eine Diskussionsgrundlage vorgelegt worden sei. 

Nichtsdestotrotz forderte die SPD Suchbohrungen im Bereich der Heubrunnenquelle, um den Wasserzufluss zu den Maradiesseen zu sichern. Den dortigen Streetball-Platz sähe man gern saniert oder sogar erweitert, die Sicherheitsanlage im Franck-Haus auf aktuellen Stand gebracht, die Initiative "Seniorensparzierwege" weitergeführt. Zudem solle mehr für den Wald und die Natur gemacht werden, zum Beispiel durch klimagerechte Aufforstung von geeigneten Flächen. 

Menig und die SPD befürchten zum Schluss, dass durch die Sicherung und Sanierung des neu festzulegenden Trinkwasserschutzgebietes "Am Obereichholz" Kosten in noch "völlig unbekannter Höhe" auf die Stadt zukommen würden. Dies solle bei künftigen Haushalten unbedingt berücksichtigt werden. 

 
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  • B. L.
    Bei allen Problemen, das Wonnemar ist das wichtigste, das ihr zu lösen habt.
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  • T. D.
    Auch die Stadt Marktheidenfeld wird umdenken müssen :
    Mehr an sich denken und nicht nur alle Kreisumlagen einfach abnicken und durchwinken !
    Dies wird nicht einfach werden nur muß man sich alles immer gefallen lassen ?
    Den Parteien kann man nur den Rat geben , endlich mal über ihren Schatten zu springen
    und gemeinsam zum Wohle der Stadt zu agieren . Diese vielen Reden bringen nichts
    und auch die vielen nicht zu verwirklichen Äußerungen nur das man etwas
    geredet und der Bevölkerung mitgeteilt hat.
    Endlich aufeinander zugehen , Projekte miteinander gestalten und auch diese
    gemeinsam umsetzen .
    Endlich mal eine vernünftige ToDo - Liste gemeinsam erstellen , veröffentlichen und
    die Mitbürger immer auf den laufenden halten.
    Kann doch gar nicht so schwer sein und man hebt sich von allen anderen Städten und
    Verwaltungen ab ! Hätte übrigens eine Signalwirkung auf die verkrusteten Parteienlandschaft und würde zur Nachahmung animieren grinsen
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  • M. P.
    Ein Schmarrn dieses „Partei-Gelaber“ wie die großen - schauen Zuviel Scholz und Schröder etc zu. Politik für Bürger muss das werden - ein Miteinander und nicht lfd gegeneinander. Für ein Ziel: für unsere Heimat Marktheidenfeld und Umkreis!!!

    Gute Nacht - wenn ihr den Mist den ihr da zum besten gegeben habt - umsetzen wollt!!!!!!
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  • R. B.
    Verwundert muss der Betrachter über den aktuellen Zustand der städtischen Finanzen sein. War noch vor kurzer Zeit von Rücklagen in Höhe von 50 Mio. € die Rede, muss man jetzt von klammen Finanzen hören. Der Einmaleffekt von Steuereinnahmen in Höhe von ca. 30 Mio. € war klar , dass dieser zum großen Anteil als Kreisumlage zeitversetzt wieder abgeführt werden muss.
    Der aktuelle Stadtrat inkl. Bürgermeister verwaltet die aktuellen Probleme anstatt Lösungsvorschläge zu entwickeln. Alle Projekte sind einfach auf reset gestellt und werden nicht weiterverfolgt. Die geleistete Mitarbeit der Bevölkerung werden einfach über Bord geworfen, das mit Sicherheit zur Politikverdrossenheit beiträgt.
    Mit konsequenter Umsetzung der Digitalisierung muss sich dies auch auf die Personalkosten auswirken. Aber das Gegenteil ist hier in Marktheidenfeld der Fall. Prioritäten sind dringend zu definieren und kein „ weiter so“.
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  • G. D.
    Die Kollegen:innen von den Grünen sollen bitte Ihr Sitzungsgeld für gemeinnützige Einrichtungen der Stadt MAR spenden, damit Ihre Fraktion wenigsten ein kleines bisschen zum Allgemeinwohl beisteuert.
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  • B. S.
    Ja, vielleicht reicht das Geld für die neuen Parkplatz Namen?
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