
Bürgermeister Thomas Stamm hatte mit seiner Rede zum Haushalt einige Tage zuvor schon den Ton vorgegeben. Die Finanzlage der Stadt Marktheidenfeld sei nicht schlecht, aber unvorhersehbar. Corona, Wonnemar, marode Wasserleitungen und Kanäle, sanierungsbedürftige Kitas – viele teure Pflichtaufgaben stehen an. Vorsichtig und umsichtig müsse die Stadt deshalb sein, sagte er.
Die einzige Überraschung bei den Haushaltsreden der Fraktionen am Donnerstagabend war Heinz Richter (proMar), der in seiner Rede zu diesem Haushalt minutenlang die Haushalte und Entscheidungen der früheren Stadträte kritisierte und die Altlasten daraus mit "einem Elefanten im Porzellanladen" verglich. Stadträte riefen empört dazwischen: "Muss man sich das anhören?".
Ansonsten verliefen die Reden auf ähnlicher Linie wie die von Thomas Stamm. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren forderten die fünf Fraktionen kaum Neuinvestitionen, die über die Pflichtaufgaben der Stadt hinaus gehen würden. Konkrete Streichungen forderten jedoch nur die CSU und proMar. Die SPD lehnte Gebührenerhöhungen strikt ab. Ein Radwegekonzept forderten alle in der ein oder anderen Form. Dasselbe gilt für die Sicherung des Trinkwassers.
Interessant wurde es beim Thema "Wohnraum": Die Fraktionen wollen zwar das gleiche Ergebnis erzielen, sind sich aber uneins über den besten Weg zum gewünschten Ziel. So gibt die CSU das Wohngebiet "Strickberg" auf (Haushaltsansatz: drei Millionen Euro). Die Erschließung sei zu aufwendig, so Fraktionssprecher Richard Oswald. Dafür solle aber der Blick auf die andere Mainseite gerichtet werden. Der Bebauungsplan "Marienbrunn" und die Erschließung des "Märzfeld" seien "zu forcieren". Auch die Planung "Lutzenpfad" solle wieder angegangen werden.
ProMar will den Ansatz für "Strickberg" ebenfalls streichen, aber auch den für "Marienbrunn". Generell seien neue, großflächige Baugebiete ökologisch und wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen, da es viel zu viele Baulücken gebe. Diese solle die Verwaltung vielmehr "mit Nachdruck" eruieren.
Die Grünen wären wiederum für Neubau zu haben, solange er nachhaltig und gleichzeitig innovativ sei. Das Gebiet "Lutzenpfad" sei jedoch "keine Option", so Fraktionssprecherin Ruth Haag. Die Grünen wollen lieber am Mainberg bauen. Die SPD und die Freien Wähler setzen den Schwerpunkt auf "Innen- vor Außenentwicklung" – ähnlich wie proMar. Die SPD setzt dabei auf das fortgeschriebene Förderprogramm für wohnbauliche Investitionen, so Fraktionssprecher Hermann Menig. Die Freien Wähler wollen den Ansatz für städtische Grundstückskäufe sogar erhöhen. Den will proMar jedoch streichen. Der Diskussionsschwerpunkt lag auf Privathäusern, über die Schaffung von Mietwohnungen sprach niemand.
Was forderten die Fraktionen sonst?
Insgesamt sprachen die Fraktionen grob 20 unterschiedliche Themen an. Ein Ausschnitt:
Wonnemar: Die CSU will das städtische Schwimmbad ab jetzt unter der alten Marke "Maradies" fortführen. Oswald forderte, zusätzlich 500 000 Euro in den Haushalt einzustellen, um sich Gestaltungsraum zu schaffen.
Verkehr: Die SPD will ein fordert ein umfassendes Mobilitätskonzept für Stadt und Stadtteile - ÖPNV, Fußgänger- und Fahrradwege und E-Mobilität inklusive. Freie Wähler und CSU hatten mehr Ladesäulen für E-Autos gefordert. ProMar will eine bessere Taktung auch für entfernt liegende Stadtteile. Die Grünen verwiesen auf das Klimaschutzkonzept der Stadt, aus dem endlich Maßnahmen umgesetzt werden sollten.
Digitalisierung: Hier tat sich die Fraktion der Freien Wähler hervor. Fraktionssprecher Burkhard Wagner forderte eine "Digitalisierungsoffensive Marktheidenfeld". So solle die Verwaltung transparenter, effizienter und kostensparender arbeiten. Die Grünen wollen eine "Marktheidenfeld-App", über die die Stadt Infos zu Corona, Öffnungszeiten, Veranstaltungen oder Baustellen geben könne.
Jugend: ProMar und die CSU forderten, einen Ausgleich zwischen Anwohnern und Behörden im Zuge des Skaterplatzes und des Jugendraums in Altfeld zu finden. Nach Wunsch der CSU soll der Skaterplatz an das Jugendzentrum umziehen. Die Freien Wähler wollen vor allem in Zimmern etwas für die Jugend tun. Was genau, das soll gemeinsam erarbeitet werden.
Was soll gestrichen und wo soll gespart werden?
Den Buswendeplatz am Wonnemar (Haushaltsansatz 80 000 Euro) sieht die CSU als streichbar an. Das Leerstandsförderprogramm, die Parkplatzerweiterung Lohgraben, die Sanierung der Unterführung Maradiesseen ebenfalls. Das städtische Musikinstitut soll auch geschlossen werden, um Konkurrenz zu den privaten Anbietern auszuschließen. ProMar würde den Ansatz für die Anschaffung von Ortsbegrüßungsschildern streichen (Ansatz 10 000 Euro), für IT im Wert von 150 000 Euro, für ein Datenschutzkonzept (100 000 Euro) oder die Dachbeschattung der Stadtbibliothek in Höhe (15 000 Euro).
Die Freien Wähler forderten eine Überprüfung aller Gebühren, eine automatische jährliche Erhöhung sei denkbar. Die Grünen opferten ihren Wunsch für einen Raum- und Umweltplaner. Die SPD sprach sich gegen die Erhöhung von Gebühren in der Pandemie aus.
In den kommenden Wochen wird Kämmerin Christina Herrmann die Forderungen der Fraktionen in Anträge umschreiben. Über die stimmen die Gemeinderäte dann ab. Wie der Haushalt am Ende aussieht, wird spannend.