Johannes und Melanie Neuner leben am Ortsrand von Gräfendorf. Hier ist es schön. Und ruhig. Ihr Garten hinter dem Haus ragt rund 25 Meter an einem steilen Hang empor. Die beiden 39-Jährigen erzählen, dass sie die Natur auf ihrem Grundstück erhalten wollen. In altem Gemäuer und Gebüsch den Lebensraum von Insekten und Bienen fördern wollen. Ein Stück weit möchten sie sich auch selbst versorgen, mit frischem Streuobst und Eiern. Doch dem Bau ihres Hühnerstalls für sechs Legehennen stehen hartnäckig Bauvorschriften, Behörden-Wirrwarr und offenbar auch Beschwerden entgegen.
Vor rund einem halben Jahr haben sich die beiden schlau gemacht über die Bauvorschriften für einen Hühnerstall. Mit dem Ergebnis: Mit der geplanten Größe von 10,84 mal 1,28 Meter ist keine Baugenehmigung von Nöten. Also legte Johannes Neuner los und fing an, aus einem alten Gehöft neben seinem Wohnhaus Balken, Fenster, Ziegel und anderes brauchbares Material zu entnehmen, es den Hang hochzuhieven und am äußeren Rand des Grundstücks den Hühnerstall zu bauen.
Dort stört er nicht, dachte sich das Ehepaar. Denn in unmittelbarer Nähe liegt neben einer Pferdeweide, dem Wald und ihrem eigenen Wohnhaus nur noch ein weiteres - ebenfalls rund 20 Meter entfernt. Mit den Nachbarn hatten sie ihr Vorhaben abgeklärt, sagen die Neuners.
Etwa eine Woche bevor die Hühner eintreffen sollten, flatterte unverhofft die E-Mail des Bauamts der Verwaltungsgemeinschaft Gemünden – die der Redaktion vorliegt – ins Postfach. Gegen das Bauvorhaben würden mehrere Beschwerden vorliegen und das Grundstück läge im "planungsrechtlichen Außenbereich nach §35 BauGB". Die Bauarbeiten müssten eingestellt und der jetzige Bestand wieder zurückgebaut werden.
Näher am Wohngebiet wäre der Stall erlaubt
Im planungsrechtlichen Außenbereich – also einer Fläche, für die kein qualifizierter Bebauungsplan besteht – darf nur in bestimmten Ausnahmefällen gebaut werden. Etwa dann, wenn landwirtschaftliche Erwerbszwecke verfolgt werden. Der Innenbereich endet an der Häuserkante. Das habe das Ehepaar zu Baubeginn nicht gewusst. Stünde der Stall etwa im angrenzenden Hof und damit näher am Wohngebiet, so wäre er erlaubt. Ihre Hühner haben die Neuners deshalb aktuell näher am Wohnhaus untergebracht – in einem provisorisch gebauten Gehege.
Wer sich beschwert haben soll? Die Neuners wissen es nicht. Um das herauszufinden sei Neuner auf seine Nachbarn einzeln zugegangen, habe sie direkt konfrontiert: "Warum hast du mich angezeigt?" Mit diesem psychologischen Trick wollte er die Personen ertappen, die bei der Gemeinde Beschwerde eingereicht hatten und sie konfrontieren, sagt er. Doch alle hätten ihm versichert, dass sie das selbst nicht verstehen könnten. Glaubhaft, wie Neuner sagt. Wegen seiner Hanglage ist der Stall vom ganzen Ort aus zu sehen. Ob sich jemand am veränderten Ortsbild gestört habe? Auch das weiß er nicht.
In der Folge begann die Kommunikation mit der Gemeinde, dem Landwirtschafts- und dem Landratsamt, das letzten Endes für die Entscheidung zuständig ist. Nach langem hin und her bot schließlich ein Landwirt – dessen Feld von oben an das Grundstück angrenzt – den Eheleuten an, für sie den Bauantrag beim Landratsamt zu stellen, um so eine bessere Chance auf Genehmigung zu erzielen.
Das Amt schickte den Antrag wieder an die Gemeinde zur Prüfung zurück – ein gängiger Prozess. In der Gemeinderatssitzung, in der nun über das Bauvorhaben entschieden werden sollte, stimmten acht der zehn anwesenden Gemeinderäte für den Rückbau und damit gegen den Hühnerstall der Neuners. Jetzt bleibt die endgültige Entscheidung des Landratsamts abzuwarten.
Gemeinde muss nicht genehmigungsfähige Bauvorhaben ablehnen
Bürgermeister Johannes Wagenpfahl erklärt auf Anfrage, dass das Bauvorhaben im Außenbereich nicht zulässig und eine Privilegierung nicht gegeben sei – auch nicht für den Landwirt, den neuen Bauherren, dem für die sechs Hühner ebenfalls lediglich eine Hobbyhaltung vom Landwirtschaftsamt attestiert wurde. Der Gemeinderat sei in der Pflicht, nach bestem Wissen Entscheidungen zu treffen und habe aufgrund der Rechtslage abgelehnt. Hätte das die Gemeinde nicht getan, so Wagenpfahl, hätte das Landratsamt ohnehin abgelehnt.
Der Würzburger Rechtsanwalt Sebastian Ulbrich bestätigt: Sobald ein Bauantrag vorliegt, muss die Gemeinde die Zulässigkeit prüfen und die Zustimmung verweigern, wenn das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Die Möglichkeit der Duldung bestehe nur dann, wenn der Bau gar nicht erst auf dem Tisch der Ämter auftaucht. Einfach gesagt: Wenn alle wegschauen.
Ungewissheit über Beschwerden schafft Misstrauen
Fakt ist: Beim Hühnerstall der Neuners handelt es sich um ein nicht genehmigungsfähiges Bauvorhaben. Die Gemeinde ist im Recht, wenn sie nun den Rückbau fordert. Letzten Endes, sagt Neuner, werde er die endgültige Entscheidung auch akzeptieren. Aber doch ist er frustriert. Denn er engagiert sich viel in der Gemeinde, sagt er. Er ist in der Kirche aktiv, helfe bei Veranstaltungen von Musik- und Sportverein und sei bei der kommenden Landtagswahl als Wahlhelfer dabei.
Es ist ihm wichtig zu betonen, dass er keinen Groll hege und auch in Zukunft kein böses Blut möchte. Doch weil er immer noch nicht weiß, von wem im Ort die angeblichen Beschwerden kommen, sei er seitdem misstrauisch vielen gegenüber. Und das alles, wegen sechs Hühnern am Waldrand von Gräfendorf.
wer sind Sie denn, weil Sie so oft auf das Amt müssen? Dann nennen Sie mir doch einmal das Land, das seine Gesetze, seine Bürokratie mit/auf dem Bierdeckel regelt? Mich persönlich stört es auch, wenn man anruft und von Pontius zu Pilatus verbunden wird. Mich persönlich stört es auch, wenn nach 12 Uhr auf den Ämtern niemand mehr erreichbar ist. Das ist nicht kundenorientiert. Die Frage ist aber, wer in Deutschland überhaupt noch kundenorientier ist? Warteschleifen bei Anrufen habe ich inzwischen auch in der Privatwirtschaft. Bis zu vier Mitarbeiter, die nicht wissen, was sie tun sollen, die sind mir aber in öffentlichen Verwaltungen fern. Diese Verwaltung müssen Sie mir zeigen. Oder besser gesagt: Fragen Sie doch einmal die Mitarbeiter, warum sie gerade nicht überschwenglich bei ihrer Arbeit sind. Zum Bürokratieabbau: Ein beliebtes Wahlkampfthema, es tut sich aber nichts dazu. Zum Bürokratieabbau ist in erster Linie die Legislative und nicht die Exekutive zuständig.
Die von Ihnen genannten 1700€ netto stellen das Anfangsgehalt dar. Dazu kommt eine Jahressonderzahlung, eine gute Altersvorsorge und ein ziemlich sicherer Arbeitsplatz. Auch die Möglichkeit sich weiterzubilden ist gegeben.
Mit einer Anstellung als Verwaltungsfachangestellter im öffentlichen Dienst vergleichbare Stellen in der Privatwirtschaft liefern häufig kein so stimmiges Gesamtpaket.
Zur Klärung: Mir ging es in meinem ersten Beitrag nicht darum, ob der öD finanziell attraktiv ist, sondern darum, dass solche Situationen wie im Artikel geschildert, einem doch die Freude an der Arbeit rauben müssen, wenn man sieht wohin ein Hühnerstall alles führt.
Es ist eben nicht mit einem einfachen VA getan.
Bei allem Verständnis für das Ehepaar Neuner und die Hühner: DAS darf kein Grund sein, dass die Gemeinde ein Auge zudrückt und Nichtgenehmigungsfähiges genehmigt.