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Lohr
Ex-Rexroth-Chef Werner Dieter starb im Alter von 94 Jahren: "Er war ein großer Macher"
Der einstige Mannesmann-Konzernchef war Ehrenbürger der Stadt Lohr. Er war bekannt als fleißiger Mensch, der auch von anderen Einsatz erwartete.
Im Jahr 2002 blickte Rexroth auf 50 Jahre Hydraulik zurück – Werner Dieter war groß auf der Leinwand zu sehen.
Foto: Dehm Wolfgang | Im Jahr 2002 blickte Rexroth auf 50 Jahre Hydraulik zurück – Werner Dieter war groß auf der Leinwand zu sehen.
Bearbeitet von Monika Büdel Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 20.06.2024 02:51 Uhr

Werner Dieter war Ingenieur, Rexroth-Chef, Vorstandsvorsitzender der Mannesmann AG, Unternehmer, Ehrendoktor und in Lohr Ehrenbürger. Nach kurzer Krankheit ist er im Alter von 94 Jahren am 8. Juni gestorben, heißt es auf Nachfrage aus dem Sekretariat des Familienunternehmens Hydac im Saarland, für das er noch bis vor Kurzem aktiv gewesen sei.

Die Nachricht von Dieters Tod erreichte selbst Weggefährten aus seiner Zeit bei Rexroth erst am Mittwoch dieser Woche, wie sich Gesprächen anlässlich des Todes Dieters zeigte. Für sie ist Dieter auch 40 Jahre nach seinem Ausscheiden bei Rexroth und 30 Jahre nach seinem Wirken beim Mannesmann-Konzern nach wie vor als herausragende, erfolgreiche Persönlichkeit präsent. Fragt man junge Rexröther nach dem Namen Dieter, kommt schon auch mal die Antwort: "Nie gehört". So weit weg ist für viele Junge diese für Lohr, für Rexroth und Mannesmann stark prägende Ära.

Georg Ludwig Rexroth holte den Ingenieur 1960 nach Lohr

Werner Dieter steht für den Aufstieg Rexroths zum Weltmarktführer für Hydraulik und für Tausende Arbeitsplätze in Lohr. Und er entwickelte das frühere Montanunternehmen Mannesmann in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender zwischen 1985 und 1994 zum Technologiekonzern und einem der führenden europäischen Automobilzulieferer. Nach seinem regulären Ausscheiden bei Mannesmann folgten dort die Mobilfunk-Ära, das Ringen mit Vodafone und schließlich das Ende des Mannesmann-Konzerns. 2001 kam Rexroth zu Bosch und nennt sich seither Bosch Rexroth AG.

Werner Dieter ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Das Foto entstand vor vier Jahren anlässlich der Feier zu seinem 90. Geburtstag.
Foto: Lothar Fuchs | Werner Dieter ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Das Foto entstand vor vier Jahren anlässlich der Feier zu seinem 90. Geburtstag.

Geboren wurde Dieter am 23. September 1929 in Stuttgart. Der Eisenbahnersohn besuchte die Oberschule und arbeitete in der Nachkriegszeit im Maschinenbau, bis er ab 1949 an der Fachhochschule Esslingen studieren konnte. 1952 ging er als Entwicklungs- und Projektingenieur zur Robert Bosch GmbH und wurde Entwicklungsleiter der Ölhydraulik.

Georg Ludwig Rexroth holte den Ingenieur Mitte 1960 nach Lohr und übertrug ihm in der neu eingerichteten Hydrauliksparte die Entwicklung und den Verkauf. Kurz darauf erhielt Dieter Handlungsvollmacht und gegen Ende des Jahres Gesamtprokura sowie die Ernennung zum Oberingenieur. Bereits am 1. Januar 1963 wurde er stellvertretendes, drei Jahre später ordentliches Mitglied der Geschäftsführung.

Seine Kraft setzte Dieter auch für den gemeinsamen Weg mit dem Düsseldorfer Mannesmann-Konzern ein. 1968 stieg Mannesmann mit 50 Prozent bei Rexroth ein und übernahm bis 1975 die weiteren Anteile. Von 1973 bis 1985 war Dieter Vorsitzender der Rexroth-Geschäftsführung. 1985 wurde Dieter vom Mannesmann-Aufsichtsrat einstimmig zum Vorstandsvorsitzenden des Konzerns berufen. Durch Unternehmenszukäufe erschloss er das Geschäftsfeld der Fahrzeugtechnik. Dem Konzerngesetz folgend gab er kurz vor seinem 65. Geburtstag 1994 den Vorstandsvorsitz ab.

Ermittlungen überschatteten seine Erfolge

Die Ehrenbürgerwürde der Stadt Lohr erhielt er im November 1985, also zu der Zeit, als er zum Mannesmann-Chef aufgestiegen war. Ein Grund für diese Auszeichnung war Dieters Einsatz für die Ansiedlung der aufstrebenden Rexroth-Tochter Indramat GmbH im Industriegebiet Lohr-Süd. Im selben Jahr bekam Dieter auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Der Ehrendoktor der Ruhr-Universität Bochum folgte 1988. Ab 1973 gehörte er der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt an, war Vizepräsident und später Präsident.

Überschattet wurde sein Erfolg 1994, als das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete, dass die Hydac-Gruppe seit 1963 einträgliche Geschäfte mit Rexroth mache. Die Familie Dieter hielt die Mehrheit von Hydac. Es folgten wegen des Verdachtes der Untreue Ermittlungen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität. Das Verfahren endete mit einem Deal: Dieter zahlte eine Million Mark und das Verfahren wurde eingestellt.

Wirtschaftlicher Fortschritt

Bei der Bewertung von Dieters Verdiensten und der Beschreibung seiner Persönlichkeit hinterlässt das Verfahren bei seinen Weggefährten keine negativen Spuren, geht aus den Gesprächen hervor. Siegfried Selinger, Lohrer Bürgermeister von 1990 bis 2008, sagt, die Geschäftsbeziehungen zwischen Rexroth und Hydac hätten beiden Seiten Vorteile gebracht. Die größeren Vorteile hätten bei Rexroth gelegen.

"Er war ein großer Macher, der in Lohr die Wirtschaft vorangebracht hat", urteilt der Altbürgermeister. Dieter habe ihm in aller Offenheit Einblick in seine Arbeit gegeben. Fortschritte habe der Manager nicht auf sich bezogen, sondern als Gemeinschaftsleistung gesehen. "Er war ein ausgesprochen bescheidener Mann", beschreibt Selinger ihn.

Im Jahr 2006 übergab Werner Dieter (rechts) den Vorstandsvorsitz der Mannesmann AG an Joachim Funk.
Foto: dpa | Im Jahr 2006 übergab Werner Dieter (rechts) den Vorstandsvorsitz der Mannesmann AG an Joachim Funk.

Karl Heinz Ebert, der zu Zeiten Dieters Betriebsratsvorsitzender bei Rexroth war, erinnert sich: "Wir hatten eine gedeihliche Zeit, selbst wenn wir unterschiedliche Auffassungen und unterschiedliche Ziele hatten." Dieter sei sehr authentisch und verlässlich gewesen. Er habe erkannt, wie wichtig Mitbestimmung im Unternehmen ist "Es schmerzt mich", sagt Ebert angesichts der Todesnachricht. "Es war ein ganz Guter, der guten Kontakt zu den Mitarbeitern hatte. Nicht nur zu den Abteilungsleitern, sondern auch zu den Arbeitern an den Maschinen", erzählt der ehemalige Betriebsratsvorsitzende.

Kontakt zu Mitarbeitern und Offenheit

Dass Dieter die Beschäftigten mit Namen kannte und sie auch angesprochen habe, berichten auch Rexroth-Rentner und ältere Mitarbeiter, die Dieter noch als Chef erlebt hatten. Wenn der Boss aus Düsseldorf spät abends zurück nach Lohr gekommen sei, sei er noch durch die Hallen gelaufen. Da sei es von Vorteil gewesen, wenn zu erkennen war, dass man zu tun und ein Werkzeug in der Hand hatte, gehört zu den viel erzählten Anekdoten über Dieter. "Er hat einem gleich die Meinung gesagt. Hintenrum war er nicht", erinnert sich ein Rentner.

Karl-Heinz Widmann, der 35 Jahre mit Dieter zusammengearbeitet hat, als Entwicklungsingenieur bis hin zum Mitglied der Geschäftsführung, resümiert: "Ich kann nur Gutes über ihn sagen. Ich bin sehr traurig." Dieter sei sehr fleißig gewesen. Das habe er auch von anderen erwartet. "Er war ein guter Chef. Wenn jemand gute Argumente hatte, hat er sie auch angenommen." Für Rexroth habe Dieter die richtigen Ideen gehabt.

Der Vater von vier Kindern war Gemäldesammler, Weinfreund und Jäger. Er wohnte zurückgezogen im Lohrer Ortsteil Sackenbach. Einen großen Bahnhof hatte es vor vier Jahren zu seinem 90. Geburtstag gegeben. Seine Beisetzung soll dagegen in aller Stille im kleinen Kreis erfolgen.

 
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